Märchen können so grausam sein. Bei „Hänsel und Gretel“ setzt eine Holzfäller-Familie die Kinder im Wald aus, die Hexe will die Kinder im Ofen braten. In einem anderen Klassiker verschlingt der Wolf die Geisslein gleich im Sixpack, und Schneewittchen wird hinterrücks von der Stiefmutter vergiftet – der reinste Horror.
Trotz der in ihr enthaltenen sadistischen Geschichten gehört die Märchensammlung der Grimms zum Standardrepertoire einer jeden Kindererziehung ohne das von Seiten besorgter Eltern von einer „Brutalisierung unschuldiger Kinderseelen“ oder einer „Erziehung zur Gewalt“ die Rede ist. Gefahr für die Kinder droht offenbar allerdings dann, wenn in einem Märchen der Prinz sich nicht, wie sich das gehört, in eine Prinzessin, sondern in einen anderen Jungen verliebt, so wie das in „King & King“ passiert:
Der Thronfolger möchte sich verlieben, findet aber einfach keine Frau. Egal wie viele Bräute ihm die Königin auch vorstellt, keine kann sein Herz erobern. Bis er eines Tages den Prinzen Lee sieht. Der Junge läßt das Herz des Prinzen höher schlagen. Am Ende sind beide glücklich. Sie heiraten und dürfen sich auf der letzten Seite sogar küssen – allerdings sind ihre Lippen hinter einem roten Herz versteckt.
Die Liebesgeschichte um Bertie und Lee sorgt in Großbritannien gerade für Furore. Das Buch steht neuerdings auf dem Lehrplan mehrerer britischer Grundschulen. Im Rahmen des Pilotprojektes „The Outsiders“, das von einer staatlich finanzierten Organisation getragen wird, sollen Kinder schon im Alter zwischen vier und elf Jahren lernen, dass nicht nur Mama und Papa miteinander glücklich sein können, sondern auch Mama und Mama oder Papa und Papa – und dass daran nichts schlimm ist.
Nun kann man gewiss darüber streiten, ob die durchaus berechtigte Forderung nach Aufklärungsunterricht über die Existenz von Homosexualität schon im Kindesalter angebracht ist und auf welche Weise dies von statten gehen soll. Auch liegt es mir fern, allen Opponenten des besagte Buches gleich zu unterstellen, sie seien schwulenfeindlich. Der Einwand einiger Eltern, dass Kinder mit vier, fünf Jahren noch „zu jung seien, um über gleichgeschlechtliche Liebe nachzudenken“ klingt durchaus vernünftig. Andere Argumente dagegen sind weniger einleuchtend. Auf die Sorge einiger Kirchenführer, dass mit Büchern wie „King & King“ gezielt Homosexualität gefördert werden solle, muss hier nicht noch einmal eingegangen werden, es reicht die schlichte Antwort, dass so etwas nicht funktioniert. Ein besorgter Vater dagegen teilt offenbar, wenn auch etwas weniger offensichtlich, die Bedenken der Kirche, wenn er meint:
„Ich habe kein Problem damit, was Erwachsene im gegenseitigen Einverständnis miteinander machen ich glaube aber nicht, dass das Kindern aufgezwungen werden muss.“
Aufgezwungen? Durch das Märchen eines Prinzen, der sich in einen anderen Jungen verliebt, wird den Kindern Homosexualität aufgezwungen? Betrachten wir die Sachlage doch einmal umgekehrt. Hat sich schon jemals irgendeiner darüber aufgeregt, dass in Märchen wie „Aschenputtel“, „Dornröschen“, „Schneewittchen“ usw. die jeweiligen Heldinnen am Ende ihre Prinzen heiraten? Hat schon jemals einer daran Anstoß genommen, dass damit den Kindern ganz offensichtlich und selbstverständlich Heterosexualität „aufgezwungen“ wird? Und was ist mit dem „Aufzwingen“ der Heterosexualität durch Liebeslieder und -filme, durch Plakataktionen und durch unsere Städte fahrende Hochzeitsautos, oder durch küssende und Händchen haltende Heteropärchen?
Gut dass ich nicht so weltfremd, intolerant und fanatisch bin und mich auch nicht solch einer Sprache befleißige wie bspw. Polens Bildungsminister Roman Giertych. Sonst hätte ich nämlich allen Grund dazu auf die Straße zu gehen um gegen die alltägliche „heterosexuelle Propaganda“ zu demonstrieren.
„The Outsiders“. Klingt stigmatisierend. Habe schon bessere Titel gehört für solche Projekte. Inhaltlich finde ich das Ganze völlig in Ordnung. Auch Grundschulkinder haben nämlich schon ein Bewußtsein dafür, „anders“ zu sein. Zumindest geben das Erwachsene in Umfragen an und sagen, dass sie in dieser Zeit, so ab dem Alter von vier, fünf die erste Ahnung hatten, schwul zu sein. Natürlich würde das kein Grundschüler so formulieren, vielleicht liegt das aber auch eben daran, dass die selbstverständlichen Vorbilder fehlen, z.B. in den Schul- und Kinderbüchern, -filmen, etc. Insoweit ist das Projekt aus pädagogischer und entwicklungspsychologischer Sichtweise betrachtet ein Volltreffer.
Umso besser!
Damien sagte: „Inhaltlich finde ich das Ganze völlig in Ordnung.“
Nein, nicht in Ordnung. Ich habe mal meinem 8 1/2-Jährigen in möglichst altersgemäßen Worten erzählt, was Transsexualität ist, weil ich damals mit einer Transsexuellen befreundet war. Dachte, ich müsste mein Kind frühzeitig zur Toleranz erziehen, damals noch völlig überzeugt von bestimmten Ansichten, die ich heute als Ideologien bezeichnen würde, die mit der Realität nichts zu tun haben. Er war sichtlich irritiert und eher schockiert als aufgeklärt und tolerant. Heute denke ich, ich habe mein Kind einfach nur verwirrt damals. Würde ich nie wieder tun. Ich würde auch meinem Kind aus heutiger Sicht nicht das King-und-King-Märchen vorlesen, außer vielleicht, ich hätte den Verdacht, es sei eventuell schwul. Aber nur weil manche wenige Kinder schwul oder sonstwas sind, muss man nicht die große Mehrheit verwirren. Das hat nichts mit „heterosexueller Propaganda“ zu tun. Die armen Grundschulkinder in GB. Und die armen Eltern, die das kritisieren!
Du bist ja echt lustig! Wenn Dein Kind von der Realität schockiert ist, irritiert darauf reagiert und verwirrt, ziehst Du die Konsequenz, in Zukunft eben Deinem Kind die Realität vorzuenthalten. Vielleicht solltest Du eher mal überlegen, was Du in der Erziehung falsch gemacht hast. Oder Deine eigenen Vorstellungen über die Realität überprüfen. Ich verstehe nicht, was das Ganze mit Ideologie zu tun hat. Hälst Du Transsexualität für eine Ideologie? Oder die Ansicht, Transsexuellen tolerant zu begegnen (d.h. sie zu ertragen, mehr nicht!), hälst Du die für ideologisch?
Ich finde Deine Sprache verräterisch: “außer vielleicht, ich hätte den Verdacht, es sei eventuell schwul.” Bestimmt wirst Du mir jetzt aber gleich versichern, Du hättest Dein Kind trotzdem noch lieb, wenn es schwul wäre…
Was Kinder verwirrt, sind Kinder- und Schulbücher, in denen, z.B., Schwule und Lesben nicht vorkommen, während sie in der Realität eben doch vorkommen. In welchem Alter kann man Menschen denn Deiner Meinung diese verwirrende Tatsache zumuten?!
Also, zunächst einmal kann ich zu meiner person sagen, dass ich seit einigen jahren kompromisslos glücklich in einer schwulen beziehung bin.
trotzdem halte ich es nicht für sinnvoll, den kindlichen geist mit einer homosexuellen beziehungsgeschichte zu belasten.
das den kindern durch king & king homosexuelle beziehungen „aufgezwungen“ werden, ist sicherlich nicht die richtige ausdrucksweise. dennoch werden kinder natürlich dadurch beeinflusst, schliesslich sind märchenfiguren in einer instanz „role models“, derer handeln von kindern nachgeeifert wird.
ausserdem sollten sich „kinder“ allgemein nicht grossartig detailiert mit sex beschäftigen – natürlich ist eine grobe erklärung zur entstehung eines menschen ( und zwar den „normalen“ im sinne der evolution) sollte natürlich vorhanden sein, aber im normalfall geht es ins detail, wenn der weg in die pubertät beschritten wird. Hier wird dann heutzutage aber auch das thema homosexualität tolerant und ausreichend behandelt, wie ich finde.
ein kindlicher geist wird natürlich verstört, wenn es da mama & papa gibt, aber papa & papa auch in ordnung sind. wenn du, damien, dir die aufklärung an dieser stelle wünscht, müsste ja hier auch erwähnt werden, dass es ohne heterosexualität keine kinder geben kann, richtig?
und die realität vorenthalten..im alter von 8 1/2 jahren?! also bitte. es gibt schon einen grund warum man kinder nicht mit dem gesamten gräuel der welt (kriege etc) konfrontiert, zumal die realität unter 8-jährigen zu 99% noch keine homosexuellen mitmenschen beeinhaltet.
wenn du ex-blondes text aufmerksam gelesen hättest, weisst du, dass er/sie tolerant genug ist, um mit einer transsexuellen befreundet zu sein, sich aber im laufe der jahre ( =entwicklung) der sichtpunkt von hauptsache anders zum eher konventionellen bild geändert hat. du bist eher derjenige, der hier verletzend und unsachlich wird.
ich sehe mich nicht als „normal“ an, aber das ist ok so, denn es geht darum, das ich glücklich bin und nicht andere mit mir. ich versuche auch nicht ständig andere damit zu beeinflussen. muss doch jeder für sich selbst wissen!
in dem sinne
liebe grüsse
Sehr geehrter herr k.,
wenn sie kompromisslos glücklich in einer schwulen beziehung sind, warum haben sie dann so eine eigentümliche mailadresse („penis@hoden.de“)? Ganz ehrlich, so schreiben trolle. Daher erübrigt sich auch ein eingehen auf den rest von ihrem geschreibsel. Nur soviel: dass sie sich nicht als normal ansehen, scheint mir eine vernünftige entscheidung.