Nackte junge Männer in Liegestühlen

25 Jul

„Das Böse ist immer und überall“ textete in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Erste Allgemeine Verunsicherung. Wer oder was dieses „Böse“ ist, blieb bei den Alpenrockern im Unklaren. Guido Horst hingegen weiss in der Tagespost, katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur, Genaueres. In einem Text, in dem es eigentlich um sexuellen Kindesmissbrauch durch Priester geht, schafft er im letzten Absatz einen thematischen Turn, der es in sich hat:

Von Johannes Paul II. wird berichtet, dass er eines Tags in den achtziger Jahren den Leiter des Amerikanischen Kollegs in Rom für angehende Priester zu sich kommen ließ. Beim Anflug auf den Flughafen Ciampino hatte der Papst aus niedriger Höhe auf dem Dach des Kollegs nur nackte junge Männer in ihren Liegestühlen gesehen. Ob diese Geschichte stimmt, wird man kaum noch überprüfen können.

Andererseits ist sie so putzig, dass man sie einfach gerne glauben möchte. Wie Horst jetzt allerdings in einem Satz von „nackten jungen Männern“ zum Thema „Homosexualität“ kommt, ist atemberaubend:

Aber wer in den achtziger Jahren an der römischen Gregoriana-Universität studiert hat, weiß heute noch, dass das Amerikanische Kolleg ein reines Homosexuellen-Milieu war – wie übrigens auch manche Ordensprovinzen in den Vereinigten Staaten.

Und damit ist auch der Bogen irgendwie da, auf den es dieser Schmuddel-Journalist von Anfang an angelegt hat:

Niemand kann den Nachweis führen, das homosexuelle Freizügigkeit zwangsläufig zu vermehrten pädophilen Straftaten führt.

Aber man wird es ja wohl noch in den Raum stellen dürfen… Zwar hat das eine rein gar nichts mit dem anderen zu tun, im Gegenteil dürfte die hohe Missbrauchsrate im Dunstkreis der katholischen Kirche eher mit dem Zölibat zu tun haben, also dem Verbot, Sexualität zu leben als ausgerechnet mit sexueller Freizügigkeit, aber die Verbindung von Homosexualität und Pädophilie wird doch immer gerne genommen. Horst weiss das vermutlich selbst, verfährt jedoch nach der Devise, wenn man nur oft genug zwei Dinge in einem Satz nennt oder andeutet, werde doch sicher etwas hängen bleiben:

Aber in beiden Fällen steckt dieselbe Blindheit dahinter (…). Unkeuschheit ist das Einfallstor für das Böse. Mangelnde Zucht und Reinheit korrumpieren die Gott geweihte Seele.

Nackte junge Männer auf Dächern scheinen demnach eine Botschaft zu sein, die das personifizierte Böse regelrecht anzieht, obwohl – natürlich! – gerade die amerikanischen Theologen den doch längst aus dem Lehrplan gestrichen hatten:

Aber die Sünde als tolerierter Dauerzustand ruft den Teufel auf den Plan. Den hatten die Theologen abgeschafft – auch und vor allem in den Vereinigten Staaten.

Jetzt kommen wir endlich wieder zum Ausgangsthema des Beitrags von Horst:

Und die Hirten hatten zugesehen, wie der Wolf die Schafe reißt. Die Folgen sind entsetzlich.

Wahrhaft entsetzlich ist der erneute Missbrauch der Opfer, diesmal durch einen reaktionären Journalisten, der sich nicht schämt, das Leid der Kinder zu funktionalisieren für seinen Kreuzzug gegen homosexuelle Männer.

Eine Antwort zu “Nackte junge Männer in Liegestühlen”

  1. godforgivesbigots 25. Juli 2007 um 14:36 #

    These: Ein Priester ist umso anfälliger für Pädophilie je früher er sich für diesen Beruf entschieden hat, denn umso unwahrscheinlicher ist es daß er jemals seine Sexualität bewußt erforscht hat. (Wunibald Müller)

    Daß selbst der (vorherige) Papst seinem Personal nicht zutrauen kann auch auf einem FKK-Strand noch die Nerven beisammenzuhalten… glaubt dieser Autor denn, unverhüllte Schwänze senden ein Reizstrahlung aus, so wie Frauenhaar in den Augen bestimmter Islamisten?

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