Katholischer Verfolgungswahn

3 Aug

Gabriele Kuby ist Soziologin, Publizistin und Mutter von drei Kindern. Außerdem hat sie Verfolgungswahn. Zumindest deutet ein Text von ihr, der zuerst in der Jungen Freiheit erschien und jetzt bei kath.net zweitveröffentlicht wurde, darauf hin. Darin halluziniert Kuby vom Widerstand, der mit dem neuen Schimpfwort und juristischen Tatbestand der Homophobie kriminalisiert werden solle:

Der Begriff unterstellt, daß all jene von krankhafter Angst besessen sind, die daran festhalten, daß die Sexualität nur dann dem Menschen und der Gesellschaft zum Wohl gereicht, wenn sie Ausdruck der Liebesvereinigung von Mann und Frau ist, offen für die Fortpflanzung.

Dabei ist gar nicht einzusehen, warum die Sexualität der Gesellschaft zum Wohl gereichen sollte. Auch, ob und wann sie dem Einzelnen zum Wohl gereicht, liegt selbstverständlich in seiner Entscheidungsverfügung. Die Behauptung jedenfalls, Sexualität sei nur dann akzeptabel, wenn sie offen für Fortpflanzung sei, also keine Verhütungsmittel zum Einsatz kommen, disqualifiziert die Äußerungen m.E. sowieso für jede ernsthafte Diskussion.

Aber Kuby geht es um mehr. Es geht ihr um die Denunziation der Homosexualität wie der Homosexuellen, ebenso wie um die Denunziation der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der kindlichen Lust an der Erforschung des eigenen Körpers, ja, offensichtlich jeder Lust an sexueller Betätigung, die außerhalb eines die Fortpflanzung nicht ausschließenden heterosexuellen Geschlechtsverkehrs stattfindet.

Hierfür greift Kuby tief in die Trickkiste: Unter pathetischem Bezug auf Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ phantasiert sie von der durch Familienministerin von der Leyen geplanten Homosexualisierung der Gesellschaft. Sie beginnt mit ein paar nicht belegten Behauptungen über die Schädlichkeit der Krippenerziehung von Kindern. Dabei hätte ein Blick auf Wikipedia genügt, um einen differenzierten Beitrag zum Thema zu lesen. Im Grunde genommen geht es Kuby jedoch weder um die Kinder noch um den Ort ihrer frühen Erziehung. Vielmehr dient ihr dieser Einstieg in den Text dazu, sich anschließend zu fragen, wieso sich die Bundesregierung den wissenschaftlichen Erkenntnissen verschließe. Die Antwort gibt sie sich gleich selbst:

Schaut man sich auf der Internetseite des Familienministeriums unter den Begriffen „Gleichstellung“, „Gender Mainstreaming“, „Genderkompetenz-Zentrum“ um, so entdeckt man unter scheinbar leeren Phrasen des Rätsels Lösung: „Leitprinzip und Querschnittsaufgabe der Politik“ ist keineswegs die Förderung der Familie und der Kampf gegen die wachsende materielle, physische und psychische Not der Kinder und Jugendlichen, sondern „Gender Mainstreaming“.

Darauf muss man erst mal kommen. Wenn man in einer Suchmaschine den Begriff „gender“ eingibt, bekommt man Treffer zum Thema „gender“ angezeigt – wie überraschend! Dass die Förderung der Familie und der Kampf gegen die wachsende materielle, physische und psychische Not der Kinder und Jugendlichen nicht „Leitprinzip und Querschnittsaufgabe der Politik“ unserer Bundesregierung sei, hat Kuby natürlich erfunden. Und schon holt sie zum nächsten Schlag aus. Ihre Folgerung aus dem letzten Absatz lautet:

Die Geschlechtsdifferenzierung von Mann und Frau und die Heterosexualität als Norm soll aufgehoben werden.

Wo sie das nun wieder her hat? Und das hier erst:

Lesbische, schwule, bisexuelle und transsexuelle Lebensweisen sollen der Sexualität zwischen Mann und Frau gleichwertig sein.

Sie sind es längst, Frau Kuby. Es geht nur noch darum, dass das auch begriffen wird. Und es begreifen immer mehr, ihren ideologischen Rückzugsgefechten zum Trotz.

Im Folgenden gelingt Kuby ein Meisterstück der Verdrehung. Da wird erst noch ein wenig im „Gender“-Trog herumgemanscht, bis auch der letzte Leser sich angewidert abwenden will. Dann geht es Schlag auf Schlag:

Es geht um social engineering, um die Schaffung des neuen, geschlechtsvariablen Menschen.

Behauptet Kuby und weiß auch gleich, womit „der Staat“ das anstellen will:

Um das zu erreichen, muß sich der Staat der Kinder bemächtigen und sie so früh wie möglich sexualisieren.

Die Handlanger stehen auch schon bereit:

Das besorgt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Die von Kuby im Anschluß genannten zum Teil tatsächlich unappetlichen Beispiele einer Broschüre jedoch mit dem von der Bundesregierung angeblich verfolgten Ziel der „Zerstörung der Familie“ in Verbindung zu bringen, ist verschwörungstheroretischer Unfug erster Güte.

Schnell noch ein wenig wohlfeile Empörung mobilisiert:

Neunjährige Kinder üben in der Schule, Kondome über Plastikpenisse zu ziehen, um sich so für den „Kondomführerschein“ zu qualifizieren.

– wer nicht weiß, dass die Pubertät heute tatsächlich deutlich früher als noch vor ein paar Jahrzehnten einsetzt, ist über die Schilderung sicherlich schockiert. Auch dieses bisher meist falsch kritisierte Beispiel wird gerne noch einmal aufgewärmt, obwohl es doch längst fundiertere Vorschläge gibt, die noch auf ihre kritische Würdigung warten:

Für Rollenspiele im Unterricht gibt es folgende Anregungen: „Du sitzt an der Theke einer Schwulenbar und könntest heute eigentlich einen hübschen Mann in deinem Bett gebrauchen. Ein Neuer betritt den Raum, den du eigentlich ganz schnucklig findest. Wie ergreifst du deine Chance?“

Kuby jedenfalls ergreift ihre Chance für einen Sprint zur Zielgeraden:

Die von Staat und Medien betriebene moralische Zerrüttung des Volkes ist die Wurzel des Übels.

Doch wer sind die Opfer, nachdem die Täter jetzt festzustehen scheinen? Sind es die sechzig Prozent Taufscheinchristen? Oder sind es gar die Muslime? Am Ende sogar Atheisten, also die Mehrheit der Eltern ohne religiöse Bindung? Irgendwie sind sie es wohl alle. Doch, so Kuby, keiner wehrt sich, großes Schweigen liegt über dem Land. Dieses Merkmal eines prä-totalitären Zustandes der Gesellschaft kann nur eines bedeuten:

Im Bereich von Politik, Medien und Universität steht auf Gender-Widerstand Verleumdung, Einflußlosigkeit, berufliche Ausgrenzung.

Das soll schon alles gewesen sein? Nein, aber das hier hatten wir ja schon:

Ein neues Schimpfwort wird zu einem juristischen Tatbestand, um den Widerstand zu kriminalisieren: Homophobie.

Ganz vorne in der totalitären Bewegung, die, ginge es nach Kuby, „Faschismus“ zu nennen, sicher verharmlosend wäre, kämpft das Europaparlament:

Das Europaparlament hat mit seiner Entschließung B6-0025/2006 vom 18. Januar 2006 angekündigt, daß es Homophobie „ausmerzen“ will.

Ausmerzen! Und der Terror hat, auch und gerade gegen den heldenhaften und leuchtenden Widerstand unserer polnischen Kameraden, längst begonnen:

In Polen schreitet die EU im Frühjahr 2007 zur Tat. Weil Polen keine „homosexuelle Propaganda in Schulen“ will, soll nach dem Willen der großen Mehrheit des EU-Parlaments (26. April 2007) in Polen eine „fact-finding mission“ wegen „zunehmender Tendenz zu rassistischer, fremdenfeindlicher und homophober Intoleranz“ durchgeführt werden, um das Land beim Europäischen Gerichtshof anklagen zu können.

Da hilft nur eins:

Es ist Zeit aufzuwachen!

Na dann, Deutschland: erwache!

6 Antworten zu “Katholischer Verfolgungswahn”

  1. Sebastian 3. August 2007 um 12:33 #

    So ist es mit den Konvertiten. Sie wollen in ihrer neuen Religion alles 110%-ig richtig machen. So auch die vom Katholizismus und der reinen Lehre besessene, ehemals protestantische Alt-68erin Kuby.

  2. Marco 3. August 2007 um 22:50 #

    Ich finde diesen Beitrag vollkommen am wahren Problem vorbei. Was Kuby da beschreibt, also die Fakten, die stimmen doch. Was ist daran falsch es offen zu sagen. Natürlich geht die Lösung des Problems bei Kuby sicher in die falsche Richtung, aber sie ist halt Etatistin. Das Problem ist also nicht an sich, dass der Staat und die (zu einem großen Teil staatlichen) Medien in der Tat u.a. Homosexualität propagieren, sondern dass es der Staat ist. Ein Privatmann, eine private Organisation u.ä. kann doch mit seinem/ihrem Geld machen was sie will. Jeder kann dann selbst entscheiden, ob er dies unterstütz oder nicht. Das Wesen des Staates aber ist anders. Er nimmt uns unser Geld, er verfügt über unsere Kinder … und wir können dem nur wenig entgegensetzten. Er ist also kein Subjekt, das auf gleicher Stufe mit uns steht. Er befindet sich nicht im freien Wettbewerb, sondern ist Monopolist. Und wie überall, wo’s Monopole gibt, da geht’s den Leuten schlechter, als es ihnen gehen müsste. Der Unterscheid zu einem marktwirtschaftlichen Monopolisten ist halt nur, dass er Konkurrenz auch mit der Waffe aus dem Weg räumt.

  3. Marco 3. August 2007 um 22:51 #

    Nachtrag: Von einem Blogger, der libertären Vorstellungen nahesteht, hätte ich mir wirklich ein Eingehen auf die Staatsproblematik gewünscht, statt dieses zwanghaft angehumorten Zerfledderns des Artikels.

  4. Adrian 4. August 2007 um 09:37 #

    @ Marco

    Nein, Kubys Analyse stimmt nicht! Es ist nichts weiter als vulgärreligiöses kulturpessimistisches Gelaber. Du siehst Probleme offenbar nur im Rahmen „Staat böse – privates gut“. Natürlich kann eine Privatorganisation mit ihrem Geld machen was sie will. Aber wenn bspw. eine private evangelikale Organisation an ihrer Schule Kreationismus lehrt oder die Umerziehung Homosexueller propagiert wird dies nicht automatisch deshalb besser, weil es eben durch Privatinitiative geschieht.

  5. Franklin D. Rosenfeld 5. August 2007 um 01:19 #

    @ Adrian

    Sehr richtig, auch beim letzten Kommentar. Moralisch macht es ueberhaupt keinen Unterschied, wer etwas tut; wichtig ist nur, was dabei herauskommt.

  6. Christoph Rebner 14. Dezember 2008 um 03:26 #

    gut – es gibt Argumente – und das ist der wohl bemerkenswerteste Teil dieses Beitrags. Unterschwellig wird jedoch gehetz: Thema Verfolgungswahn wird gar nicht behandelt. Schade!

    Den guten Weg der Kommunikation in Liebe weitergehen befruchtet sicher beide Auffassungs-Parteien,

    Gruß

    Chris

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