Sozialismus der Familie

17 Jan

Menschen, die der Friedrich August von Hayek-Stiftung angehören, gelten dem gewöhnlichen Kämpfer gegen die Globalisierung zweifelsohne als neoliberale Bösewichter, angetreten mit dem Ziel, Familie und jeglichen gesellschaftlichen Zusammenhalt zu zerstören. Gerd Habermann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung und Gründer der Hayek-Gesellschaft, scheint angetreten, dieses Vorurteil so gründlich zu widerlegen, dass man nun seinerseits als neoliberales Subjekt kaum umhinkommt, ihn als eine Art antikapitalistischen Wolf im Schafspelz zu bezeichnen.

So forderte er bei einer Veranstaltung der Freunde der offenen Gesellschaft im Sommer 2006 in Berlin einen „Sozialismus der Familie“. Wahrlich eine Meisterleistung für einen, der den Sozialismus sonst wohl für die größte Gefahr für die Menschheit hält. Eine kurze, nicht eben differenzierte, aber punktgenaue Kritik an dieser Verherrlichung von Familie und den mit ihr verbundenen Zwangsstrukturen findet sich hier. Nun sind wir bei GayWest nicht gerade bekannt dafür, die Familie in klassisch linker, meinetwegen auch liberaler Art zu „dekonstruieren“ und als Gewaltstruktur zu denunzieren. Genauso wenig allerdings gefällt uns die Idealisierung von Familie, zumal wenn sie, wie bei Habermann und Konsorten, ausschließlich heterosexuell gedacht wird. Auch wenn Habermann dies nicht ausdrücklich dazu sagt, wie zum Beispiel in der Ausschreibung des Hayek-Essay-Wettbewerbs 2008:

Die Friedrich August von Hayek-Gesellschaft veranstaltet in Verbindung mit der Friedrich August von Hayek-Stiftung im Jahre 2008 einen Essay-Wettbewerb. Die Frage in diesem Jahr lautet: „Nach Hayek sind Eigentum und Familie Basis einer freien Gesellschaft. Was sagen Sie aus dieser Sicht zu den familienpolitischen Bemühungen in Deutschland (oder in der Schweiz)?“

Wer glaubt, dass hier Freunde der Freiheit eingeladen sind, die weitere rechtliche und moralische Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Familien zu fordern und zu begründen, dürfte gewaltig irren. Nun ist, wer uns regelmäßig liest, informiert, dass wir die Ausweitung des traditionellen Familienbegriffs ins Uferlose keineswegs begrüßen. Wer sich gerne ein Haustier halten möchte, soll dies tun, sollte allerdings ehrlicherweise darauf verzichten, die Mensch-Tier-Verbindung „Familie“ zu nennen. Warum allerdings die sexuelle Orientierung von Eltern definieren soll, ob eine menschliche Gemeinschaft als Familie gilt oder nicht, das ist uns bei GayWest nicht einsichtig.

So richtig einsichtig ist es vermutlich auch dem Herr Habermann nicht. Wer allerdings im Redaktionsbeirat einer eigentümlich homophoben Zeitschrift sitzt, die schon einmal negativ auffiel durch einen Beitrag, der sich antikapitalistischer als die Linkspartei gerierte, ist andererseits grundsätzlich verdächtig, den von ihm kultivierten homophoben Unsinn so lange ideologisch aufzuladen, bis dabei so etwas herauskommt wie ein „Sozialismus der Familie“. Quasi die Kombination von Gulag und kleinfamiliärer Enge. Rette sich wer kann!

5 Antworten zu “Sozialismus der Familie”

  1. DDH 18. Januar 2008 um 20:04 #

    Es bereitet mir allgemein Bauchgrimmen, zu beobachten, wie die von vielen Bürgerlich-Liberalen (von den auf Homo- und Minderheiten-Bashing seit Hans-Hermann Hoppe ja fest abonnierten Paläo-Libertären ganz zu schweigen) gepflegte kulturkonservative Attitüde allmählich in ein spießiges Muckertum hinübergleitet. Die Bigotterie in der „Libersphäre“ hat inzwischen szene*-intern ein ultrarechts-reaktionär-intolerantes, extrem stickiges Meinungsklima geschaffen, das ich als „neue PC-Diktatur“ bezeichne: nicht mehr die altlinke Post-68er-Gutmenschen-Tyrannei „Political Correctness“, sondern ein Pendelschlag, der ein neues, ebenso unangenehmes Phänomen erzeugt hat: die „Paleo-Correctness“, d.h. der Zwang, sich in liberal-libertären Kreisen möglichst betont gegen-gegen-kulturell, anti-anti-klerikal und anti-anti-faschistisch zu geben. Auf den einen Narren von links, der uns die 90er Jahre über fest im Würgegriff hielt wird nun ein anderthalber von rechts gesetzt, der uns wiederum ein gutes Jahrzehnt neuen Konformismus verspricht.

    *)hier ist die liberale Szene gemeint, nicht irgendwas anderes! 😉

  2. DDH 18. Januar 2008 um 23:01 #

    Zitat von Andreas K. Winterberger (http://www.fahayek.net):

    Betrifft Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft e.V.

    Die Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft e.V. ist m.E. eine illibertäre (!!!) Gesellschaft, die primär der Selbstprofilierung von gewissen Vorstandsmitgliedern sowie der Verstärkung einer zuvor bereits bestandenen kartellistisch-illiberalen-illibertären Seilschaft dient – siehe momentane Fussnoten zu “Kontroverse über F.A. von Hayek” auf http://www.fahayek.net.
    Demnächst wird ein Kurzartikel auf http://www.fahayek.net über die Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft e.V. auf http://www.fahayek.net erscheinen.

    Fazit: Sie werden mich daher bis auf weiteres nicht an Tagungen oder an Veranstaltungen der besagten Gesellschaft vorfinden. Der Gesellschaft gehören auch einige Mitglieder der sozial-marktwirtschaftlichen oder ordo-liberalen Richtung an, die ich schätze, die aber kaum einen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Was gewisse Vorstandsmitglieder sowie ihnen zugewandte Mitglieder anbelangt, kann ich nur lautstark folgendes Lied anstimmen:
    “Alle Vögel sind schon da, alle Vögel, alle!”…

  3. DDH 18. Januar 2008 um 23:04 #

    Siehe auch mein Posting vom 18. Juni 2007 zu besagter Gesellschaft: Staatsfrommer Beschwichtigungsliberalismus

  4. DDH 18. Januar 2008 um 23:07 #

    P.S.: Es hat wohl Gründe, daß die Mitbegründer Fritz Goergen (formerly known as Fritz Fliszar) und Roland Baader den Hayek-Tagen schon seit vielen Jahren fernbleiben!

  5. Carsten 19. Januar 2008 um 17:26 #

    Hier steht Habermann auch auf der Liste:

    http://misesadjunct.blogspot.com/

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