Dennis Prager und seine Fans können schon mal anfangen, vor Verzweiflung mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen. Denn das Abendland hat wieder einen Schritt weiter Richtung Abgrund getan:
Der Bundesstaat New York erkennt fortan Ehen zwischen homosexuellen Partnern an, die in anderen Bundesstaaten oder im Ausland geschlossen worden sind. Die Regierung folgt damit einem Urteil eines Berufungsgerichts vom Februar. New York ist somit der erste Bundesstaat, der auswärtig geschlossene Homo-Ehen akzeptiert.
Und nicht nur im Sündenbabel „Ostküste“, nein, auch im beschaulichen, christlich-orthodox geprägten Griechenland hat ein findiger Bürgermeister einer griechischen Insel eine Lösung gefunden, die es ihm ermöglicht, in seinem Amtsbereich auch zwei Menschen gleichen Geschlechts trauen zu lassen:
Anastasios Aliferis, der Bürgermeister von Tilos, einer Dodekanes-Insel in der Ägäis, will Ende Juni ein homosexuelles Paar standesamtlich trauen – welchen Geschlechts es ist, möchte er noch nicht verraten. Möglich gemacht wird dies, weil das griechische Parlament 1982 ein Gesetz verabschiedete, in dem die Rede davon ist, eine Ehe werde unter „zwei Menschen“ geschlossen. Von deren differenten biologischen Geschlechtern ist keine Rede – und Anastasios Aliferis erkannte darin eine bequeme Gesetzeslücke, um zu ermöglichen, was dem gesunden Menschenverstand ganz nahe liegt: Eine Ehe ist ein Gelübde zweier Liebender – längst nicht mehr eine Konstruktion aus Rekreationserwägungen. Kinder kanns nämlich auch ohne Ehe geben, nötigenfalls auch ohne lebenslange Liebe.
Die Protagonisten der hiesigen orthodoxe Kirche sind naturgemäß mit diesem Entschluss weniger einverstanden, halten sie sich doch, wie so viele religiöse Oberhäupter, für Experten auf den Gebieten der Sexualität, der Liebe und der Moral überhaupt. Was auch ihre ungemein alternativ intelligenten Vergleiche erklärt:
„Das Leben zweier Menschen außerhalb der Ehe ist Prostitution und eine Bombe in den Fundamenten der Gesellschaft,“ hieß es noch in einer Erklärung der Synode der Bischöfe Ende März.
Nun geht es dem Bürgermeister von Tilos aber ja eben gerade darum, die Ehe zwischen Menschen gleichen Geschlechts erst möglich zu machen. Folgt man den Aussagen der Synode, müssten die Bischöfe eigentlich mit dieser Entscheidung hochzufrieden sein. Aber Logik spielt im Dunstkreis moralisch gestählter Kirchenfürsten nur selten eine Rolle. Die Aussage, das Leben zweier Menschen außerhalb der Ehe sei Prostitution ist noch aberwitziger. Denn Prostitution definiert sich im Allgemeinen durch „die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt“ (Wikipedia).
Nun sollte man mich nicht falsch verstehen: Persönlich habe ich überhaupt nichts gegen Prostitution einzuwenden. Das Recht, über sein Eigentum zu verfügen, gehört zu den Grundtopoi liberalen Denkens. Und was könnte einem mehr gehören, als der eigene Körper? Was mich stört, ist die Abwertung von menschlichen Beziehungen und ihre Reduzierung auf, als subjektiv pervers und amoralisch empfundene, sexuelle Handlungen.
Gut übrigens, dass taz-Autor Jan Feddersen abschließend die Mär vom homoerotischen Paradies im Alten Griechenland gerade rückt und darauf hinweist, was die altertümliche „Knabenliebe“ wirklich war. Nämlich sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen:
Das, was als griechische Liebe verstanden wird, ist ein pädosexuelles Verhältnis, ein Lehrer-Schüler-Bund mit einer Hierarchie, die jede zeitgenössische Idee von Partnerschaft verhöhnt. Pädosexuell war aber das Stigma, das allen Homosexuellen anhing, um ihre Sehnsüchte als missbrauchend zu diffamieren.
Aber genug der Geschichte. Genießen wir die Früchte der Liberalität in Griechenland und New York und spendieren wir dem armen Dennis Prager ein wenig Mitgefühl. Als Verlierer kann er das gebrauchen.
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