Antidiskriminierung gilt unter Liberalen als Reizwort, zumindest wenn sich das Wörtchen „Gesetz“ anschließt. Warum das Erste ohne das Zweite durchaus sympathisch ist, versucht dieser Beitrag zu zeigen. Ein Beispiel für die Fragwürdigkeit eines entsprechenden Gesetzes ist ein jetzt in Kalifornien ergangenes Urteil. Wie das Thema die Gemüter bewegt, zeigt schon die falsche Überschrift bei queer.de:
Ärzte müssen Homos behandeln
lesen wir dort und würden angesichts dieser Worte im Traum nicht darauf kommen, was dort eigentlich verhandelt wurde.
Geklagt hatte Guadalupe T. Benitez, eine an der Westküste lebende Lesbe, die mit ihrer Partnerin durch künstliche Befruchtung ein Kind bekommen wollte. Dazu hatten sich die beiden Frauen legal Spermien besorgt. Wie die „Los Angeles Times“ berichtet, habe sich ihre behandelnde Gynäkologin aber geweigert diese Prozedur vorzunehmen. Denn ihre Religion würde ihr verbieten, dies bei unverheirateten heterosexuellen Frauen und Homosexuellen zu machen, heißt es als Begründung.
Dies nun ließ das Gericht nicht gelten:
„Der erste Verfassungszusatz auf freie Ausübung der Religion befreit Ärzte nicht davon, Antidiskriminierungsvorschriften einzuhalten“, erklärte Richter Joyce L. Kennard bei der Urteilsverkündung.
Offenbar befreit die vermeintliche moralische Überlegenheit aber Menschen, die sich zum Thema äußern, davon, korrekt zu argumentieren. Wie sonst könnte man solch einen Kommentar erklären:
Noch ein Grund mehr, diesen Religionswahn endlich in seine Schranken zu weisen oder am besten ganz auszurotten. Religion darf NIEMALS VOR Menschenleben und Gesundheit stehen.
Mal ganz abgesehen von der widerlichen Ausrottungsphantasie, geht es ja wohl im vorliegenden Fall weder um Menschenleben noch um Gesundheit. Was ich überhaupt nicht verstehe: Was geht es die Ärztin überhaupt an, welche sexuelle Orientierung ihre Patientin aufweist? Und wieso sind die zwei Frauen nicht einfach zu einer anderen Ärztin gegangen, die nicht über merkwürdige religiöse Auffassungen verfügt? Diese Möglichkeit hat der mündige Konsument jedenfalls im zweiten Beispiel:
471 der 500 größten amerikanischen Firmen haben Antidiskriminierungsrichtlinien für schwule und lesbische Angestellte eingeführt.
Ganz freiwillig, versteht sich. Weil sie verstanden haben, dass Antidiskriminierung und Diversity Management dem ganzen Unternehmen zugute kommen:
Bei Diversity Management handelt es sich um mehr als nur die Umsetzung von Antidiskriminierungsvorschriften, sondern um ein Gesamtkonzept des Umgangs mit personaler Vielfalt in einem Unternehmen zum Nutzen aller Beteiligten, also auch des Unternehmers.
Und das haben in den letzten Jahren immer mehr amerikanische Firmen verstanden:
Im vergangenen lag der Anteil der homofreundlichen „Fortune 500“-Unternehmen noch bei 93 Prozent, 2003 waren es nur 65 Prozent.
Selbst im konservativen Bundesstaat Texas, aus dem 14 der 29 Unternehmen kommen, die sich
bisher nicht ausdrücklich zur Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben verpflichten, (…) sind jedoch immerhin 75 Prozent der „Fortune 500“-Konzerne homofreundlich.
Falls sich jemand an seine Konsumentenmacht erinnert, kann er in Zukunft z. B. den Einkauf bei Esso verweigern. Die nämlich gehören zu ExxonMobil, die bisher kein Diversity Management eingeführt haben.
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