Wer Kulturkampf will, der kann ihn haben

9 Okt

Es könnte so schön sein: Kalifornien. Sonne, Strand und San Francisco. Presidio, Alamo, Castro. Verliebt, verlobt, verheiratet. Doch gegen letzteres sträuben sich immer mehr Einwohner des Golden State. Egozentrische Angsthasen, überzeugt von ihrer moralischen und sexuellen Überlegenheit, angetan mit missionarischem Eifer und moralischen Defiziten, kämpfen sie wie der Teufel persönlich, um Menschen ein Recht zu verwehren, dass sie wie selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen. Die Kampagne zur Abschaffung der kürzlich eingeführten Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben (Proposition 8) gewinnt an Fahrt und Unterstützung. Dabei hatte es anfänglich so gut ausgesehen:

Until a few days ago, California’s proposed anti-gay constitutional amendment, Proposition 8, was lagging in the polls. Now we’re the underdog. What happened?

Was passiert ist? Aus den gesamten USA trudeln Spendengelder und Unterstützung ein um das Eheprivileg für Heteros wiederherzustellen. Kirchenfürsten und religiöse Fundis zetern für für die Aufrechterhaltung des Zwei-Klassen-Status. Mütter und Väter wiegen ihre Neugeborenen in den Schlaf und beten für deren heterosexuelle Zukunft. Man könnte meinen, die USA hätten keine anderen Sorgen. Und genau so ist es ja auch. Sie haben keine. Und deshalb streitet man in Kalifornien darum, einen längst überwundenen Status quo aufrecht zu erhalten. Einen Status quo, der besagt: Homosexualität gibt es nicht. Und wenn, dann möchten wir damit nichts zu tun haben. Wir wollen davon nichts hören, wir wollen davon nichts sehen, wir wollen darüber nicht sprechen. Wir wollen, dass alles so bleibt wie es immer war.

“It’s gonna happen, whether you like it or not!” rasps San Francisco mayor Gavin Newsom like a leering carnival barker […]

Und Newsom hat Recht. Was soll der ganze verständnisvolle Quark? Was soll das Respektieren heterozentristischer Gefühle? Was soll das ganze höfliche Gelaber? Es wird Zeit in die Offensive zu gehen und den Fehdehandschuh der Homophoben anzunehmen: Schwule und Lesben wollen nichts als Gleichberechtigung. Und ihre Gegner? Wollen einen Kulturkampf? Na fein, den können sie haben!

[…] a Prop 8 spokesman ticks off a list of dire consequences that California will suffer if Prop 8 goes down to defeat: “People sued over personal beliefs! Churches could lose their tax exemptions! Gay marriage taught in public schools!”

„People sued over personal beliefs!“ – Nicht, wenn es nach mir geht!

„Churches could lose their tax exemptions!“ – Es wird auch höchste Zeit! Genießen Kirchen in den USA wirklich Steuervergünstigungen? Unglaublich. Was ist aus dem ersten Verfassungszusatz geworden?

„Gay marriage taught in public schools!“ – Wenn schon! Wir Homos müssen auch die Propagierung und Zurschaustellung von Heterosexualität ertragen.

Und, welch eine Überraschung! Auf einmal insistieren alle darauf, dass das Oberste Gericht Kaliforniens, als es die Ehe für Schwule und Lesben freigab, seine Kompetenzen überdehnt und die Verfassung des Staates übermäßig „interpretiert“ habe:

Berkeley law professor Goodwin Liu drew smiles as he addressed the accusation that, by deciding in favor of marriage equality, California’s supreme court justices crossed the line and became activist judges.

“Judicial activism,” Liu pointed out, “is used by all sides as shorthand for any decision they don’t like.”

Was ist daran so schlimm? Ohne „judical activism“ käme man in Texas, Mississippi, Alabama und all den anderen fundireligiösen Staaten immer noch in den Knast, wenn man als Mann mit einem Mann schläft. Ohne „judical activism“ gäbe es in den selben Staaten immer noch die Rassentrennung. Ohne „judical activism“ wäre es Schwarzen und Weißen immer noch verboten, einander zu heiraten. Die Gesellschaft ändert sich nun mal. Auch wenn einige Menschen sich offenbar partout nach den guten, alten Zeiten zurücksehnen.

Und während die einen von Menschlichkeit und Liebe reden,

Pro-gay speaker Sam Thoron is already known to TV watchers as the dad-of-a-lesbian who appears with wife Julia in No on 8’s currently airing TV spot. Just as the tone of the Thorons’ calm TV presence points up the opposition’s hysteria, Theron himself won high marks for graciousness: “In 46 years, a great deal of love has flowed between [my wife] Julia and me,” he told the legislators. “It shouldn’t be any different for my daughter.”

palavert die andere Seite von den Gefahren einer homosexualisierten Welt,

“Same-sex marriage separates a child from at least one of its parents,” declared Morse, eliciting vigorous nods and mmm-hmms from Pro-8 supporters in the audience, some of whom had begun their day by waving Yes on 8 placards at the traffic outside on Spring St.

oder überschüttet einen mit Toleranz, die kein Mensch braucht:

As speaker followed speaker, Prop 8 supporters labored to paint themselves as tolerant of gays. “They’ve got their civil unions,” one picketer told me. “They’ll be fine.” Yet homophobia was the elephant in the room. Without it, the arguments against marriage equality fell flat.

Genau so sieht das aus. Man nenne es Homophobie, Heterosexismus oder einfach nur Ignoranz. Jegliche Argumentation gegen die Heirat von Schwulen und Lesben lässt sich im Kern darauf zurückführen, dass Heteros sich für die Größten halten und ihre Liebe und Sexualität für höherwertiger. Man kennt das zur Genüge.

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