Erinnern Sie sich noch an Ted Haggard? Ja, das ist dieser evangelikale amerikanische Pastor, der Zeit seines Lebens Schwule und Lesben verdammte und dann mit einem Callboy erwischt wurde. Doppelmoral? Heuchelei? Nicht wenn man ein guter evangelikaler Christ ist. In dem Fall, gibt es nämlich eine Vielzahl von Mechanismen und Erklärungsmodellen, die es einem erlauben, auch weiterhin als reines, unschuldiges Opfer darzustehen, das vom Bösen verführt wurde. Und das Böse sind natürlich die Homos:
Wie jetzt bekannt wurde, predigte er am 2. November in der Gemeinde „Offene Bibel“ in Morrison (US-Bundesstaat Illinois), mit deren Pastor Chris Byrd er seit 30 Jahren eng befreundet ist. „Das erste, was Sie wissen müssen ist: Ich habe gesündigt“, sagte der 52-Jährige.
Allerdings Haggard. Aber anders als Du denkst. Nicht nur hast Du Deine Frau verarscht, Du hast auch Deinen Lebensunterhalt damit verdient, Geld aus Leuten hinauszupressen, indem Du sie in ihrem Glauben bestärkt hast, dass man mit Hass das Seelenheil finden kann. Doch was ist das schon gegen ein paar schnelle, bezahlte Nummern, der einzigen Art von Beziehung, zu der Du überhaut noch fähig bist? Weil Dein ganzes Leben auf einer Lüge aufbaut, Du mit Leuten umgeben bist, die Dich bestärken, dass Du ein minderwertiger Mensch bist, der es nicht verdient zu lieben und geliebt zu werden. Egal was diese Leute in ihren Predigten von Liebe schwafeln. Ich glaube nicht, dass sie wissen, was das eigentlich ist.
Und jetzt Haggard, haben sie Dich ganz in ihren Fängen. Du musstest Dich einer Therapie unterziehen, und Dich rechtfertigen, warum Du so ein verdammt sündiger Mensch bist, warum es Dich nach Männern gelüstet. Und natürlich hat man Dir eine einfache Erklärung serviert. Erinnerst Du Dich nicht, Haggard, damals, als Du noch ein Junge warst…
In seiner Ansprache erwähnte er unter anderem, dass er mit sieben Jahren eine „sexuelle Erfahrung“ mit einem Angestellten seines Vaters durchlebt habe. Diese Erlebnisse habe er lange Zeit vergessen; sie hätten aber offenbar im Hintergrund weitergewirkt. Er wolle damit seine Sünde auf keinen Fall entschuldigen oder rechtfertigen. Bevor der Skandal öffentlich wurde, habe er oft mit sich gekämpft und zu Gott gefleht, ihn von „dieser Sache“ zu befreien, die er einerseits gehasst und andererseits auch genossen habe. Heute tue ihm seine Sünde „sehr, sehr leid“, sagte Haggard.
Doch nun wird alles wieder gut, Haggard. Du bist wieder bei Deinen Evangelikalen, wirst Deine Frau weiterhin verarschen und dafür eintreten, dass alle Homosexuellen dieser Welt ein ebenso trauriges Leben führen werden wie Du. Du wirst dafür sorgen, dass sich homosexuelle Jugendliche weiterhin beschissen fühlen, sie darin bestätigen, dass es ihre Schuld ist, wenn sie auf dem Schulhof verprügelt werden und sie schließlich dazu bringen, in Therapie zu Deinen evangelikalen Freunden zu gehen, wo sie sich dann wie Würmer auf dem Boden zu krümmen haben um schließlich als gehirngewaschene Zombis der Heterosexualität durchs Leben zu wandeln. Genau wie Du.
Vielleicht konnte er tatsächlich die „sexuelle Erfahrung“ als Kind aufarbeiten. Warum verarscht er jetzt weiterhin seine Frau? Er sagt ja nicht, dass er jetzt nur noch auf Frauen steht. Für ihn ist das vielleicht der beste Weg. Er kann doch bei seiner theologischen Überzeugung bleiben, dass Sexualität zwischen Männern nicht gut ist.