In einem Beitrag für den San Francisco Chronicle schreibt sich Debra J. Saunders lange aufgestaute Bedenken von der Seele. In einer rührenden Geschichte erfährt der Leser etwas über die Entwicklung einer Frau: von der leidenschaftlichen Verfechterin der Homo-Ehe bis hin zur Skeptikerin, die von den Schwulen immer mehr enttäuscht wurde und sich nun genötigt sieht, als Stimme der Vernunft zu agieren.
I voted against Proposition 22, the same-sex marriage ban, in 2000. I figured that if same-sex couples want to marry, why not let them? I believe in marriage. I don’t want gay people to feel marginalized. But 61 percent of California voters thought otherwise.
In November, Proposition 8, a follow-up same-sex marriage ban, was on the ballot. This time, I was so conflicted, I punted. I did not vote either way. I’m not proud of my nonvote, but as I watch the fallout from Prop. 8’s 52 percent victory, I’ve seen things that are forcing me out of my closet.
Schaurig spannend, das Ganze. Da haben wir also eine klassisch heterosexuelle Frau, die gesegnet ist durch eine sexuelle Orientierung, welche von der Gesellschaft privilegiert wird. Eine Frau die mit den Subjekten ihrer Lust wann immer sie will ins Bett hüpfen kann, ohne Sanktionen fürchten zu müssen und die schlussendlich natürlich ihre große Liebe heiraten darf, ohne sich vorher die Absolution vom Wahlvolk holen zu müssen.
Eine Frau, die vermutlich viele „schwule Freunde“ hat und sich natürlich ihre Haare beim angesagtesten schwulen Friseur der Bay Area machen lässt; eine Frau, die sicherlich auch keinerlei Probleme damit hat, ihrer lesbischen Seite zu fröhnen, zum Beispiel im nachmittäglichen „Strukturelle-Diskriminierung-der Frau-in-der-westlichen-Gesellschaft“-Seminar.
Was also ist in den acht Jahren passiert, dass sich die Saunders nun genötigt sieht, ihre Meinung ein wenig zu revidieren?
A slow burn has been building since 2004, when San Francisco Mayor Gavin Newsom decided that he could flout the state marriage laws and authorize same-sex weddings in City Hall.
Worse, that prank threw the same-sex marriage issue to the courts – when it was clear that, within a matter of years, California voters would legalize same-sex marriage – and the issue would be settled for good. Instead, Newsom ensured same-sex marriage would remain a culture-war staple – while enraging many folks, who as mere citizens can’t pick and choose which laws they follow.
Schon merkwürdig, dass sich Saunders Kritik an Bürgermeister Newson ausgerechnet an seiner Entscheidung orientiert, nicht mehr zu warten, bis die Bürger Kaliforniens endlich das Richtige tun, und bemängelt wird, dass er selbst eine Entscheidung fällte, um das Thema gleichgeschlechtliche Ehe endlich auf die Tagesordnung zu setzen. Und Newsom zum Vorwurf zu machen, damit den Kulturkampf angeheizt zu haben, ist lächerlich, denn der Kulturkampf um die Gleichberechtigung Homosexueller ist nun mal da und es wird ihn geben, solange es Menschen gibt, die ein Problem mit Schwulen und Lesben haben. Ich z. B. würde auf diesen Kampf gerne verzichten. Aber die Heteros lassen einen ja einfach nicht in Ruhe.
Then in 2008, by a 4-3 margin, the California Supreme Court decided to reward Newsom’s law-breaking. Chief Justice Ron George argued that because the Legislature had passed domestic partnership legislation that confers the same benefits to same-sex couples enjoyed by married heterosexuals (except for the status of official marriage) domestic partnerships „realistically must be viewed as constituting significantly unequal treatment to same-sex couples.“
Justice Marvin Baxter’s dissenting opinion scolded the majority, noting that the court „does not have the right to erase, then recast, the age-old definition of marriage, as virtually all societies have understood it, in order to satisfy its own contemporary notions of equality and justice.“
Au contraire Monsieur Baxter! Natürlich hatte das Gericht jedes Recht, eine solche Entscheidung zu fällen, denn die Aufgabe der Judikative ist es eben nicht, Traditionen zu bewahren, sondern die Verfassung Kaliforniens zu schützen und durchzusetzen.
Debra Saunders zeigt sich allerdings tief beeindruckt von dem Dissens des ehrenwerten Richter Baxter:
There has been too little recognition of the fact that marriage has been limited to unions with the opposite sex since about as long as there have been laws. Activists would argue that Prop. 8 „took away“ their rights – as if the five months between the George decision and Prop. 8’s passage outweigh thousands of years of human history.
Wenn das ein Argument sein soll, dann ist es aber gut versteckt. Inwiefern rechtfertigen tausend Jahre menschliche Geschichte einen Akt der Ungerechtigkeit und der Ungleichbehandlung auf der Basis des Geschlechts? Doch wahrscheinlich haben im frühen 20. Jahrhundert auch Gegner des Frauenwahlrechts wie die Saunders argumentiert.
After Canada legalized same-sex marriage in 2005, the government commissioned a study to debunk the argument that same-sex marriage laws could lead to the unintended consequence of legalized polygamy. Oops. The authors supported recognizing polygamy.
Ich kann mir nicht helfen, ich kann das Argument hier schon wieder nicht finden. Wenn die Regierung Herrn Meier damit beauftragt nachzuweisen, dass die Evolutionstheorie fundierter ist als der Kreationismus, Herr Meier aber insgeheim den Kreationismus hochhält, muss das noch lange nicht heißen, dass man nun Kreationismus an Schulen lehren muss.
Back in California, domestic partnerships provided all the benefits that came with same-sex marriage À la Ron George – except the name marriage. And be it noted, the same-sex marriages that occurred during the five months weren’t equal to heterosexual marriages either. Couples did not enjoy federal recognition, such as Social Security spousal benefits and family status for immigration purposes.
In other words, when activists complain that Prop. 8 „took away“ their rights, the only right changed was the ability to call themselves married under state law. The other benefits stand.
Vielleicht ist es der Aufmerksamkeit der Saunders entgangen, aber offensichtlich legen nicht wenige Schwule und Lesben wert darauf, eben verheiratet zu sein und nicht lediglich einen simplen Wisch in der Hand zu halten, der einem Rechte und Pflichten gewährt. Es ist schon eine Ironie, dass ein schwuler Mann einer heterosexuellen Frau erklären muss, dass die Heirat eben mehr ist als ein rechtlicher Status, sondern vor allem ein emotionaler Akt, ein Ausdruck des Versprechens zweier Menschen, ihr Leben miteinander zu teilen und dass eine Heirat eben auch den Stand einer Beziehung in den Augen von Familie und Gesellschaft definiert.
Nun gut, meint die Saunders, das versteh ich ja, irgendwie, aber dennoch:
But here’s the sticking point. There’s a heavy-handedness to the true believers. They use public schools to push their political agenda with young kids. (I know people who were shocked they voted „yes“ on Prop. 8, but they did so for that reason.) And the post-passage campaign to intimidate Prop. 8 supporters is chilling. Consider Scott Eckern, Richard Raddon and Marjorie Christofferson, who had to resign from their jobs after their private donations to Prop. 8 were outed. Others have been subjected to death threats and intimidation. I am writing this column because last week I saw Web sites publicize the names, addresses and employers of small donors, turned civilian targets.
Und wieder einmal, hat das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Wenn es Schwule gibt, die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe beleidigen, bedrohen und feuern lassen, zeugt dies zwar von zivilisatorischen Defiziten, berührt den Kern der Sache aber überhaupt nicht, zumal die weitaus größere Masse friedlich gegen die Entscheidung der Wähler demonstriert hat. Und sie wird auch künftig friedlich demonstrieren, egal wie infam sich stolze Heteros über uns, unser Leben und unsere Liebe äußern werden, sie wird auch künftig die widerlichen Kampagnen unserer Gegner mit Toleranz, Respekt, Alkohol und Schlaftabletten begegnen.
I couldn’t vote against gay couples, but I also couldn’t vote to create a new class of pariahs. The gay community’s failure to show tolerance is costing it friends.
Das bleibt also übrig: Der Grund für die Weigerung Debra Saunders, für die Homo-Ehe zu stimmen, liegt in der Intoleranz von Schwulen gegenüber Schwulenhassern.
Entschuldigen Sie vielmals, junge Frau, aber solche Freunde braucht kein Mensch.
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