Viele Schwule und Lesben sind von Obama enttäuscht, weil er seinen präsidentiellen Einfluss bislang nicht genutzt hat, die Gleichberechtigung in den USA voranzutreiben.
Sicher, die USA sind nicht Deutschland; der Präsident hat nur begrenzte Möglichkeiten in das Rädchen der Gesetzgebung sowohl auf Bundes-, und erst recht auf Staatenebene einzugreifen.
Andererseits ist er eben Präsident; sein Wort hat Gewicht, sowohl im Land als auch bei der Demokratischen Partei, die überdies momentan in beiden Häusern des Kongresses die Mehrheit stellt. Bereits in zwei Jahren könnte das schon wieder Geschichte sein. Der Zeitpunkt wäre also günstig für Obama ein Signal Richtung schwullesbischer Community zu senden.
Bei mir hält sich die Enttäuschung über Obama allerdings in Grenzen. Abgesehen davon, dass ich Politikern im Allgemeinen wenig zutraue, zumal wenn sie mit messianischem Heiligenschein auf der politischen Bühne erscheinen, hat er seit jeher unmissverständlich klar gemacht, dass er gegen den Ehestatus für gleichgeschlechtliche Paare ist, er also prinzipiell genau die Position vertritt, wie die Befürworter des Ehebanns für Schwule und Lesben in Kalifornien. Deshalb ist es auch unverständlich, wenn sich die Demonstranten in Kalifornien, denen das Eherecht kürzlich wieder entzogen wurde, von Obama Unterstützung erwarten. Da müssten sie sich eher an Dick Cheney wenden. Obama dagegen ist Proposition 8.
Ein anderer Fall stellt die Armeepolitik der USA in Bezug auf Homosexualität dar. Hier hat Obama klar verkündet, er sei dafür, die diskriminierende Praxis von „Don’t ask, Don’t tell“ schnellstmöglich zu beenden. Diese Position scheint aber mittlerweile Geschichte zu sein. Warum auch immer.
Vielleicht hängt es ja einfach mit dem Anspruch Obamas zusammen, die USA nach den Bush-Jahren wieder zu einen. Und wenn man so etwas vor hat, muss die Gleichberechtigung für Homos zwangsläufig unter den Tisch fallen. Denn mit Schwulen und Lesben kann man ein Land nicht einen. Im Gegenteil, tritt man damit immer noch allzu vielen Menschen auf die Füße. Das dies allerdings ab und an notwendig ist, wenn man das tun will, was recht und gerecht ist, muss Obama wohl noch lernen.
Wobei man auch sagen muss, dass Obama Prop 8 abgelehnt hat (go figure), während die Regierung Bush-Cheney ein Homo-Ehe-Verbot in der Bundesverfassung verankern wollte. So gesehen ist auch ein untätiger Obama ein Fortschritt.
Ja, merkwürdig den Inhalt von Prop 8 zu vertreten, aber gegen Prop 8 zu sein.
Obama hat sich dafür ausgesprochen, eingetragene Partnerschaften und Ehen völlig gleichzustellen. Da es in Kalifornien noch einige Unterschiede zwischen den beiden gibt, kann man Obamas Verhalten vielleicht so verstehen.
„Obama voted against the Federal Marriage Amendment which would have defined marriage as between one man and one woman, but stated in a 2008 interview that he personally believes that marriage is „between a man and a woman“ and that he is „not in favor of gay marriage.“ He supports civil unions that would carry equal legal standing to that of marriage for same-sex couples, but believes that decisions about the title of marriage should be left to the states.“
http://en.wikipedia.org/wiki/Political_positions_of_Barack_Obama#LGBT_issues
Im Klartext: Obama ist persönlich gegen die Bezeichnung „Ehe“ für gleichgeschlechtliche Paare und will die Entscheidung über den Titel „Ehe“ den Bundesstaaten überlassen. Wenn das weiterhin sein Standpunkt ist, muss er Prop 8 faktisch anerkennen, denn das war die Entscheidung eines Bundesstaates.
Das Gesetz in Kalifornien, eingeführt durch Prop 8 lautet wie folgt:
„Only marriage between a man and a woman is valid or recognized in California.“
http://en.wikipedia.org/wiki/California_Proposition_8_(2008)
Prop 8 sagt also das aus, was auch Obamas Standpunkt ist: Dass die Ehe etwas zwischen Mann und Frau ist.
Obama erkennt die Entscheidung ja an, er ist nur nicht mit ihr einverstanden.
Es könnte doch sein, dass Obama gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare wichtiger sind als die Bezeichnung dieser Partnerschaften.