Westerwelle und die Wehrpflicht

26 Jul

Dass die Wehrpflicht ein antiquiertes Konstrukt aus einer Zeit ist, in der der Staat es für nötig hielt Männer zu Männern zu „formen“, bzw. alles getan werden musste, damit die Sowjetunion nicht in Tübingen einfällt, ist bekannt. Ungerecht ist sie sowieso. Aus (mindestens) zweierlei Gründen. Den ersten benennt Guido Westerwelle ziemlich klar:

Derzeit würden nur rund 15 Prozent der Männer eines Jahrgangs eingezogen, während viele andere an ihren Karrieren arbeiten könnten, betonte Westerwelle. Da sei es ein Akt der Gerechtigkeit, auf eine Freiwilligenarmee umzustellen.

Der zweite Grund wird wohlweislich nicht genannt, bzw. ist Westerwelle, wie so vielen anderen auch, gar nicht bewusst: Es wurde und wird seit jeher keine einzige Frau eingezogen, was Männer de facto diskriminiert und Frauen privilegiert. Da eine solche Diskriminierung aber dummerweise das falsche Geschlecht trifft, interessiert sie folgerichtig auch niemanden.

Westerwelle verriet, dass er selbst von der Bundeswehr einst wegen seiner Homosexualität nicht genommen worden sei. „1979 wurden gleichgeschlechtlich orientierte Männer ausgemustert. So war das damals“, sagt der FDP-Politiker, der sich im Juli 2004 anlässlich der Feier von Angela Merkels 50. Geburtstag erstmals öffentlich mit seinem Lebenspartner zeigte.

Zu meiner Zeit war das nicht mehr möglich. Allerdings wollte  ich u. a. auch wegen meiner Homosexualität in die Bundeswehr. Dass die Erwartungen nicht erfüllt wurden; nun, das konnte ja keiner ahnen.

Update (26.07.09): Glatt vergessen. Natürlich ist der entscheidende Punkt für die Ungerechtigkeit der Wehrpflicht, die Institution an sich. Eine derartiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, gehört sich einfach nicht.

3 Antworten zu “Westerwelle und die Wehrpflicht”

  1. Georg Bruckner 26. Juli 2009 um 16:06 #

    Hierzu erübrigt sich eigentlich ein Kommentar. Das Wesentliche, den eigentlichen Skandal in diesem Bereich hat bereits treffend Esther Vilar in den 70-er Jahren treffend formuliert.

  2. Georg Bruckner 26. Juli 2009 um 16:10 #

    1x treffend reicht!

  3. DDH 27. Juli 2009 um 15:53 #

    Der große Erzliberale Murray Newton Rothbard schrieb dazu:

    „Zum Beispiel kann es keinen offenkundigeren Fall von Zwangsdiensten geben als unser System der Wehrpflicht. Jeder Jugendliche wird zur Registrierung für ein selektives Dienstsystem gezwungen, wenn er 18 Jahre alt wird. Er ist gezwungen, seine Einberufungskarte ständig bei sich zu tragen und immer, wenn die Bundesregierung es für passend hält, wird er von den Behörden eingezogen und in die bewaffneten Kräfte geschickt. Hier sind sein Körper und sein Willen nicht länger sein, er ist Empfänger von Befehlen des Staates. Er kann gezwungen werden zu töten und sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, wenn die Behörden es befehlen. Was soll ein Zwangsdienst sein wenn nicht die Einberufung?
    Der Nutzenaspekt beherrscht das Argument für das Wehrpflichtsystem. Der Staat benutzt so folgendes Argument: Wer wird von uns gegen ausländische Angriffe verteidigen, wenn wir nicht Zwang benutzen und unsere Verteidiger einziehen? Es gibt verschiedenes, was der Liberale hier erwidern könnte. Zunächst einmal: Wenn Sie und ich und unser nächster Nachbar denken, dass wir Verteidigung brauchen, haben wir trotzdem kein moralisches Recht, Zwang auszuüben, etwa mit dem Bajonett oder dem Revolver, um jemand anderen zu zwingen, uns zu verteidigen. Die Wehrpflicht ist genauso ein nicht zu rechtfertigender Eingriff, eine Entführung oder sogar ein Mord, wie der angenommene Angriff, gegen den wir uns ursprünglich verteidigen wollen.
    Wenn hinzugefügt wird, dass die Eingezogenen ihre Körper und ihr Leben, wenn notwendig, der Gesellschaft übereignen, dann müssen wir die Gegenfrage stellen: Wer ist diese “Gesellschaft“, wer ist dieses “Land“, die als Vorwand benutzt werden, um Sklaverei zu rechtfertigen? Es sind einfach alle Individuen in einem Gebiet außer den eingezogenen Jugendlichen. “Gesellschaft“ und “Land“ sind in diesem Fall mythische Abstraktionen, die benutzt werden, um den nackten Gebrauch von Gewalt im Dienst der Interessen von bestimmten Individuen zu bemänteln.
    Zweitens, um auf die Nutzenebene zu kommen: Warum wird es als notwendig angesehen, Verteidiger einzuziehen? Niemand wird auf dem freien Markt eingezogen, dagegen können die Menschen auf diesem Markt alle denkbaren Waren und Dienstleistungen durch freiwilligen Tausch und Verkauf erhalten, sogar die allernotwendigsten. Auf dem Markt können Menschen Nahrung, Unterkunft, Bekleidung, medizinische Hilfe usw. bekommen. Warum können sie keine Verteidiger anheuern? Tatsächlich gibt es viele Menschen, die tagtäglich für gefährliche Dienste eingestellt werden: Feuerwehrleute, Ranger, Testpiloten und … Polizisten sowie private Wächter und Wachmänner. Warum können Soldaten nicht auch so eingestellt werden?
    Andersherum betrachtet, beschäftigt der Staat viele Tausende Menschen für alle Arten von Dienstleistungen, von Lkw-Fahrern bis hin zu Wissenschaftlern und Schreibkräften. Wie kommt es, dass keiner von diesen Menschen eingezogen werden muß? Warum gibt es keinen Mangel bei diesen Berufen, der den Staat zwingen würde, Zwang auszuüben, um diese Stelle zu besetzen? Einen Schritt weitergedacht gibt es auch in der Armee keinen Mangel an Offizieren, niemand muß sie einberufen, niemand zieht Generäle und Admiräle ein. Die Antwort auf diese Fragen ist einfach: Es gibt keinen Mangel an Schreibkräften im Staatsdienst, weil der Staat sie auf dem freien Markt zu Marktlöhnen einstellt, es gibt keinen Mangel an Generalen, weil sie großzügig bezahlt werden, mit Gehalt, Vergünstigungen und Pensionsansprüchen. Es gibt einen Mangel an einfachen Soldaten, weil ihre Bezahlung miserabel und unter dem Marktpreis ist oder bis vor kurzem war. Über Jahre war die Bezahlung eines einfachen Soldaten, selbst wenn man freie Unterkunft und Verpflegung und die anderen Leistungen, die GI’s erhalten, einrechnet, nur ungefähr halb so hoch wie der Lohn, den er im zivilen Leben hätte erhalten können. Ist es da ein Wunder, dass es einen chronischen Mangel an Freiwilligen gab? Seit Jahren ist bekannt, dass das Mittel, um Freiwillige für gefährliche Tätigkeiten zu finden, höhere Bezahlung als Kompensation ist. Aber der Staat zahlte den Männern nur halb so viel, wie sie im privaten Leben hätten verdienen können.“ (Eine neue Freiheit, S.86 ff.)

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