Noch ehe die Kirchturmuhr dreimal schlägt…

14 Apr

Keine Ausgabe von ideaSpektrum, ohne negative Artikel über Homosexuelle. In der Regel geht es dabei um ihre Sündhaftigkeit, Perversion, Bindungsunfähigkeit, Infantilität, ihren Narzissmus, usw. Nur manchmal, da legt man im Spektrum noch einen obendrauf. Dann kommt die Abteilung „Kindesmissbrauch“ ins Spiel. Bei diesem Stichwort denken die meisten Menschen zur Zeit zwar eher an katholische Geistliche, aber eben da ist ideaSpektrum vor. In Ausgabe 15/2o10 darf Eckhard Nickig daher unter dem Titel „Grüne Doppelmoral“ endlich mal die Wahrheit sagen über den

Kindesmissbrauch und seine kaum bekannten Hintergründe aus den 70er und 80er Jahren

Die Wahrheit?

Bei der Erarbeitung des Landtagswahlprogrammes in NRW 1985 kam es zum „Kindersexskandal“. Anlass war das Papier „Sexualität und Herrschaft“ der Landesarbeitsgemeinschaft „Schwule und Päderasten“. Darin wird die Abschaffung der Strafbarkeit von sexuellen Handlungen mit Kindern gefordert. Jede sexuelle Handlung, die unter Beteiligten gewaltfrei ausgeübt werde, müsse straffrei bleiben, auch mit Kindern. Es heißt, Sex mit Kindern sei „für beide Teile angenehm, produktiv, entwicklungsfördernd, kurz: positiv“. Es sei nicht hinzunehmen, dass Erwachsene, die „die sexuellen Wünsche von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen und liebevolle Beziehungen zu ihnen unterhalten“, mit Gefängnis bedroht würden. Dieses Papier wurde von der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen am 9. März 1985 in Lüdenscheid mit 76 zu 53 mehrheitlich als Diskussionspapier in das Landtagswahlprogramm aufgenommen.

Als Diskussionspapier angenommen? Was hat man sich darunter vorzustellen? Volker Beck stellt richtig:

Es wird behauptet, in grünen Landesverbänden wie z.B. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sei 1985 beschlossen worden, einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern straffrei zu stellen. Das ist falsch. Die Grünen in Nordrhein-Westfalen hatten 1985 auf einem Landesparteitag ein Papier „Sexualität und Herrschaft“ zum Diskussionspapier erklärt. Die darin enthaltenen Passagen zur Entkriminalisierung von Sexualität von Erwachsenen mit Kindern hatten auf dem Parteitag keine Mehrheit gefunden. Um der Transparenz der Diskussion willen wurde aber auch die unterlegene Minderheitenposition – als solche gekennzeichnet – im Text beibehalten. Dieses Verfahren führte in der Öffentlichkeit zu massiven Missverständnissen über die eigentliche Position der Grünen. Dieses Missverständnis haben die Grünen in Nordrhein-Westfalen damals umgehend aufgeklärt und einer Entkriminalisierung von Sexualität von Erwachsenen mit Kindern eine klare Absage erteilt. Auch in Baden-Württemberg stieß 1985 ein Antrag einer kleinen Arbeitsgruppe für Entkriminalisierung auf einem Landesparteitag auf absolute Ablehnung. Es ist infam, die Haltung einer Partei aus nicht angenommenen Parteitagsanträgen konstruieren zu wollen.

Ausgerechnet Volker Beck jedoch wird von Nickig als Beispiel für pro-pädophile Positionen genannt:

Der Schwulen-Aktivist und heutige Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Volker Beck, schrieb in dem Buch „Der pädosexuelle
Komplex“ (1988): „Eine Entkriminalisierung der Pädosexualität ist angesichts des jetzigen Zustandes ihrer globalen Kriminalisierung dringend erforderlich, nicht
zuletzt, weil sie im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen aufrechterhalten wird.“

Dazu Volker Beck:

Das ist falsch. Ich habe mich als rechtspolitischer Sprecher und in meiner gesamten parlamentarischen Tätigkeit intensiv für einen effektiven strafrechtlichen Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt eingesetzt. Kursierende Zitate aus dem Jahr 1988 stammen aus einem Buchtext, der von mir nicht autorisiert und im Sinn durch eine freie Redigierung durch den Herausgeber verfälscht worden war. Dies kann man schon lange bei Abgeordnetenwatch nachlesen und kam in den Menschenrechtsdebatten vom 17.12.2009 und 25.03.2010 im Deutschen Bundestag zur Sprache und ist auch in den Protokollen festgehalten.

Kein Wunder also, dass es nicht zuletzt Volker Beck zu verdanken ist, dass die „Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule und Päderasten“ von den Grünen 1986 keine offizielle Anerkennung erhielt und stattdessen die von Beck gegründete „Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik“ zum Sprachrohr der grünen Schwulen wurde.

Was bleibt, mal wieder? Die Verwunderung darüber, wie unlauter selbsternannte Nachfolger Christi mit der Wahrheit umgehen und wie groß ihr Bestreben ist, die Reputation von anderen Christen zu zerstören, sobald deren Weite im Denken ihr enges Weltbild zu sprengen droht.

7 Antworten zu “Noch ehe die Kirchturmuhr dreimal schlägt…”

  1. kelt 14. April 2010 um 18:26 #

    Im Internet konnte ich den Artikel nicht finden. Gibt es den nur gedruckt?

    • Damien 14. April 2010 um 20:51 #

      Nein, den gibt es auch online. Aber um ihn dort lesen zu können, musst Du Abonnent sein.

  2. kelt 14. April 2010 um 20:11 #

    Warum dauert hier eine Freischaltung so übermäßig lange?

    • Damien 14. April 2010 um 20:52 #

      Weil wir nicht 24 Stunden vor dem PC sitzen und auf Kommentare warten, um sie freizuschalten.

  3. Martella 15. April 2010 um 14:39 #

    Pardon – aber was sonst als Negatives soll in einem christlichen Nachrichtenportal über jede Sexualität, die der christlichen Morallehre widerspricht, stehen? Sich darüber aufzuregen, ist in etwa so sinnvoll, wie sich darüber zu beschweren, dass auf der Seite der MLPD gegen den Kapitalismus gewettert wird.

    • Damien 15. April 2010 um 20:50 #

      Ganz so einfach ist es nicht. Schließlich gibt es DIE christliche Morallehre nicht und ideaSpektrum vertritt auch nicht DAS Christentum, sondern eine ganz bestimmte konservativ-reaktionäre Richtung desselben. Falschinformationen zu streuen ist übrigens etwas anderes als bloß negativ über etwas zu schreiben.

  4. gw 16. April 2010 um 10:03 #

    Die Grünen müssen sich dennoch den Vorwurf gefallen lassen, sich nicht rechtzeitig und klar von den Verharmlosern distanziert zu haben. Ein Antrag mit rechtskonservativem, aber vergleichsweise harmlosem Gedankengut hätte niemals den Status „Diskussionspapier“ erreicht.

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