Auch wenn ich vermutlich wieder vorgeworfen bekomme, Eulen nach Athen zu tragen, will ich den Ausführungen eines weiteren schmieren-publizistischen Trittbrettfahrers von Bertone kurz nachgehen. Gleich die ganze eigentümlich frei-Redaktion zeichnet verantwortlich für einen Text, in dem sie schon zu Beginn klarstellt, dass ihr Ziel darin besteht, die katholische Kirche von den gegen sie erhobenen Vorwürfen reinzuwaschen. Und das „funktioniert“ so:
Der Pädophilie-Skandal, der in seinem Ausmaß längst nicht mehr nur, sondern allenfalls am Rande Einrichtungen der katholischen Kirche betrifft,
was natürlich nicht im geringsten stimmt, weil sich der allergrößte Teil der zur Zeit diskutierten Vorwürfe auf Einrichtungen der katholischen Kirche bezieht,
bekommt durch die jüngsten Äußerungen des Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Bertone eine unerwartete Wendung.
Bertone, die laut deutscher Presse „rechte Hand von Papst Benedikt XVI.“, äußerte sich zum auffälligen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie.
Unerwartet? Nun ja, so ganz überraschend finde ich das nicht, dass ein Vatikanvertreter nach den Juden nun zur Abwechslung mal Schwule für das eigene Versagen verantwortlich machen will. Was hat man an Argumenten zu bieten?
Vatikansprecher Padre Federico Lombardi legte heute nach und bezog sich dabei auf die von der Glaubenskongregation in den vergangenen Jahren untersuchten Missbrauchsfälle: „60 Prozent der Missbrauchsopfer waren dabei des gleichen Geschlechts wie der jeweilige Täter“, klärt er auf.
So what? Es ist bekannt, dass Pädophile keineswegs immer auf ein Geschlecht fixiert sind, es sich bei dem Missbrauch eines Jungen durch einen Mann also keinesfalls um einen homosexuellen Täter handeln muss. Es gibt Männer, die Sex mit erwachsenen Frauen haben und Jungen missbrauchen. Homosexuelle Männer hingegen haben gewöhnlich keinen Sex mit Frauen. Ganz so einfach, wie sich Lombardi das vorstellt, funktioniert die Welt also nicht. Und das gilt auch für die Redaktion der eigentümlich frei, die denselben Denkfehler macht:
Und der statistische Zusammenhang zwischen Homosexualität und Missbrauch? Tatsächlich weisen auch das Bundeskriminalamt und der Deutsche Kinderschutzbund darauf hin, dass bei den Opfern von Kindesmissbrauch generell eindeutig Jungen mit 61,6 Prozent gegenüber 38,4 Prozent Mädchen dominierend seien. Demzufolge wären, wenn man die wenigen erfassten weiblichen Täter vernachlässigt und gleichzeitig bedenkt, dass nur eine kleine Minderheit aller Männer schwul ist, Homosexuelle weit überdurchschnittlich häufig Kinderschänder im Vergleich mit Frauen zugeneigten Männern.
Im Folgenden wird es ganz peinlich:
Was die „psychologischen Übereinstimmungen“ betrifft, erinnerte die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach in dieser Woche an die Bundesarbeitsgemeinschaft der Schwulen und Päderasten (SchwuP) bei den Grünen in den 80er Jahren. Deren Papier zur Legalisierung von Pädophilie wurde bei der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen am 9. März 1985 in Lüdenscheid mit 76 zu 53 Stimmen mehrheitlich als Diskussionspapier in das Landtagswahlprogramm aufgenommen.
Wenigstens das Abschreiben sollte man beherrschen: Das Papier, das bei der LDK 1985 in Lüdenscheid ins Landtagswahlprogramm aufgenommen wurde, war natürlich nicht von der Bundesarbeitsgemeinschaft, sondern von der grünen Landesarbeitsgemeinschaft – weshalb es auf einem Landesparteitag beschlossen wurde. Und es wurde, obwohl es unter den Deligierten auf breite Ablehnung stieß, zur Dokumentation eines in der Diskussion unterlegenen Minderheitenstandpunkts, ins Programm aufgenommen. Als die Partei bemerkte, dass diese Differenzierung in der deutschen Öffentlichkeit nicht vermittelbar war und die Presse titelte „Grüne fordern Sex mit Kindern!“, wurde der LAG-Text wenige Wochen nach Lüdenscheid auf einer außerordentlichen LDK wieder aus dem Programm gestrichen.
Und dann war da noch Volker Beck:
Der langjährige Schwulen-Aktivist und heutige Parlamentarische Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90 / Die Grünen im Bundestag, Volker Beck, schrieb 1988 in dem Buch „Der pädosexuelle Komplex“, „eine Entkriminalisierung“ sei „dringend erforderlich“.
Das hat Beck längst dementiert:
Ich habe mich als rechtspolitischer Sprecher und in meiner gesamten parlamentarischen Tätigkeit intensiv für einen effektiven strafrechtlichen Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt eingesetzt. Kursierende Zitate aus dem Jahr 1988 stammen aus einem Buchtext, der von mir nicht autorisiert und im Sinn durch eine freie Redigierung durch den Herausgeber verfälscht worden war. Dies kann man schon lange bei Abgeordnetenwatch nachlesen und kam in den Menschenrechtsdebatten vom 17.12.2009 und 25.03.2010 im Deutschen Bundestag zur Sprache und ist auch in den Protokollen festgehalten.
Was bleibt? Die gewöhnliche Homophobie einer endgültig auf den Hund gekommenen libertären Zeitschrift. Denn während bisher nur einzelne Autoren in der eigentümlich frei ihrem Ekel vor den Homosexuellen freien Lauf lassen durften, scheint jetzt eine ganze Redaktion auf der Suche nach dem gesunden Volksempfinden.
Wie wäre es denn, wenn die katholische Kirche sich darauf konzentrieren würde, Kindesmissbrauch in ihren eigenen Reihen zu minimieren?
Die Zahlen von ef stammen, soweit ich es sehe, aus einer Hausarbeit einer Studentin der Sozialpädagogik (www.bdkj-re.de/missbrauch/statistiken-kindesmissbrauch.php) und beziehen sich auf „Darmstädter Ermittlungsakten“.
Wesentlich aussagekräftiger sind die Daten aus der polizeilichen Kriminalstatistik, die sich auf ganz Deutschland beziehen und seit vielen Jahren sehr eindeutig sagen: ca. 75 Prozent der Opfer bei Kindesmissbrauch sind Mädchen, ca. 25 Prozent Jungen (und die Täter fast immer Männer). Der große Teil der Missbräuche geschieht also in einer heterosexuellen Konstellation.
Für das Kindeswohl sind zunächst einmal und in allererster Linie die Eltern verantwortlich. Wer seine Kinder in katholische Einrichtungen schickt oder in Odenwaldschulen abschiebt, macht sich mitschuldig.
Offen gestanden fällt es mir schwer, die Relevanz der prozentuellen Verteilung des Geschlechts von Missbrauchsopfern zu erkennen. Damien hat das ja bereits in der nötigen Ausführlichkeit – also kurz – behandelt. Mir ist schleierhaft, welche Form halbwegs gefestigter sexueller Identität sich hinter dem sexuellen Missbrauch von Kindern verbergen soll. Ganz abgesehen davon, dass es mir schwer fällt, sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern und Kindern überhaupt als „homosexuell“ zu qualifizieren.
Doch selbst wenn Pädophile überdurchschnittlich oft homosexuell sein sollten (das würden übrigens auch Oliver_HHs Zahlen nahelegen, was Wasser auf die falschen Mühlen bedeutet) oder – was wohl insinuiert sein soll – irgendwie ursächlich mit Homosexualität zusammenhängt, ändert das nichts daran, dass entscheidendes Kriterium das Schadensprinzip bleibt: Deshalb heißt es ja auch „Kindesmissbrauch“ und nicht „Männermissbrauch“.
Was schließlich die ef-Redaktion angeht: Wer ist denn da Redakteur im Gegensatz zu den „einzelnen Autoren“, die dort bisher ihrem Homoekel Ausdruck gegeben haben?
@ Carsten Penkella:
Dumm nur, dass es in allererster Linie Eltern sind (soll heißen: in der übergroßen Mehrheit der Fälle von Kindesmissbrauch durch Erwachsene) und nicht Priester oder Lehrer, die sich an Kindern vergehen. Dass darüber nicht gesprochen wird, sondern vornehmlich groteske Vorwürfe und allerlei Unverschämtheiten ausgetauscht werden, zeigt das ganze Elend dieser so genannten „Debatte“.
@martin, das kommt ganz darauf an, ob man über den Missbrauch an Kindern (vor der Pubertät) oder an Heranwachsenden (pubertieren, sind aber noch keine 18) spricht. Die beiden Phänomene werden ja in der Debatte gerne in einen Topf geworfen, sind aber, so wie ich das verstehe, von der Täterpsychologie her zu unterscheiden. Einen erwachsenen Mann, der sich an einem fünfzehnjährigen Jungen vergreift, wird man wohl mit Fug und Recht als homosexuell bezeichnen können. Bei einem achtjährigen Jungen sieht die Sache anders aus.
Leider haben weder die ef noch Oliver_HH genauere Angaben zum Alter der Opfer zitiert.