Wenn das so weitergeht, ist Deutschland irgendwann nur noch Schlußlicht bei der Entdiskriminierung. Während hierzulande gerade mal die Stiefkindadoption erlaubt ist, hat Israel bereits vor zwei Jahren das volle Adoptionsrecht für lesbische und schwule Paare beschlossen. Jetzt scheint Brasilien nachzuziehen:
In einem von Medien als „historisch“ bezeichneten Urteil hat der Oberste Gerichtshof in Brasilien die Adoption zweier Kinder durch ein lesbisches Paar für rechtmäßig erklärt.
Von der Begründung könnten deutsche Richter und Politiker noch lernen:
In Adoptionsfällen muss immer das Interesse des Kindes den Ausschlag geben. Dieses Urteil ist sehr wichtig für die Würde des menschlichen Wesens, für das Paar und die Kinder,
denn man könne
nicht davon ausgehen, dass die Tatsache, dass es sich bei den Adoptierenden um zwei Frauen handelt, irgendwelchen Schaden (auf die Entwicklung der Kinder) hat, ein Schaden wäre die Nicht-Adoption.
Wenn im katholischen Brasilien solche wegweisenden Entscheidungen möglich sind, steigt die Hoffnung, dass auch Deutschland eines Tages wieder federführend wird, bei der Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen und eben bei der Berücksichtigung des Kindeswohls statt der falschen Rücksichtnahme auf überholte Traditionen.
Aus meiner Sicht macht man es sich mit der Aussage „[…]ein Schaden wäre die Nicht-Adoption.“ etwas zu leicht. Man bedenke (zumindest), dass es in vielen Fällen sogar Schlangen von kinderwünschenden Paaren gibt (sprich: die Alternative ist dann nicht „keine Eltern“, sondern „andere Eltern“), und dass es durchaus vorkommt, dass ein Paar schlechthin nicht geignet ist oder als zu riskant gehalten wird (vgl. etwa http://de.wikipedia.org/wiki/Adoption_%28Deutschland%29). Auch kann es sein, dass die Gefahren/Nachteile bei einer Nicht-Adoption in Brazilien erheblich größer sind als in Deutschland.
Hiermit soll nicht gesagt werden, dass Schwule tatsächlich ungeignete Eltern wären—die müsste man zuerst untersuchen. Bis solide Ergebnisse von solchen Untersuchungen vorliegen, jedoch, würde ich zur Vorsicht raten. Undenkbar sind Komplikationen nicht, selbst wenn es an die Kompetenzen nichts einzuwenden gibt. Bedenke z.B. dass das nicht-vorhanden-sein von einer Vater-/Mutterfigur schädlich sein kann (wie ich aus eigenen Erfahrungen weiß), und dass die Kinder in der Schule gehänselt werden könnten (auch heute, wohl auch noch einige Jahrzehnte).
Die Frage, die man sich hier stellen sollte: Bin ich froh, weil was gutes für die Kinder gemacht worden ist—oder weil es das Leben von Schwulen leichter oder gerechter macht. Der Punkt „In Adoptionsfällen muss immer das Interesse des Kindes den Ausschlag geben.“ ist nähmlich das mit Abstand wichtigste.
@ michaeleriksson
„die müsste man zuerst untersuchen“
Wurde schon gemacht, ergibt sich aber auch aus der Logik. Aus einem Mann wird deshalb kein schlechterer Vater, nur weil er mit einem anderen Mann das Kind aufzieht.
„Bedenke z.B. dass das nicht-vorhanden-sein von einer Vater-/Mutterfigur schädlich sein kann (wie ich aus eigenen Erfahrungen weiß)“
Inwiefern wurdest Du denn dadurch geschädigt?
„dass die Kinder in der Schule gehänselt werden könnten“
Kinder werden ständig gehänselt, wie ich aus meiner Kindheit weiß. Da hat mir mein Dasein als Kind mit Vater-Mutter-Schwester auch nicht geholfen.
„Bin ich froh, weil was gutes für die Kinder gemacht worden ist—oder weil es das Leben von Schwulen leichter oder gerechter macht.“
Kinder brauchen Liebe, Fürsorge, Standpunkte. Welches Geschlecht Eltern haben, ist dabei irrelevant.
@Adrian
(Nummerierung nach der Reihenfolge in Deinem Kommentar.)
1. Hast Du einen Link zu solchen Untersuchungen? Es würde mich tatsächlich interessieren.
Aus dem Logik ergibt sich dies allerdings nicht. Erstens (s. meinen ersten Kommentar) kann auch die Umständen eingreifen; zweitens könnte es sein, dass das was zur Schwulheit führt auch Elterneigenschaften beinflussen kann. (Damit nicht gesagt, dass dem so ist—nur dass es denkbar wäre.)
2. Z.B. hat mich das Aufwachsen in einer männerlosen Umgebung behindert in dem ich niemanden hatte, der mir erklärte, wie Frauen funktionieren und denken, wie sie gehandhabt werden müssen, usw.; z.B. hat in vielerlei Hinsicht eine männliche Perspektive auf die Welt gefehlt; z.B. habe ich eine Verminderung in der Menge an Sport und Handwerkstätigkeiten gehabt.
3. Dies eine keine Entschuldigung, zusätzliche Risiken zu schaffen. Es ist nunmal so, dass schwule/lesbische Eltern ein Kind zu einem sehr geigneten Ziel für Hänseleien machen würde—und das Wohl des Kindes muss Vorrang über das Wohl der Erwachsenen haben. Wenn sich die Akzeptanz erhöht hat, wird diesen Punkt entfallen, bis dahin haben wir aber noch einen langen Weg.
4. Dein Kommentar ist hier ohne eigentliche Verbindung zu meinen. Jedoch: Du liegst hier u.U. falsch, wie oben erläutert.
@michaeleriksson:
Zu 1: Im Sommer 2009 hat die damalige Bundesjustizministerin eine Studie vorgestellt, wonach nichts gegen die Adoption von Kindern durch schwule und lesbische Paare spricht, siehe z.B. hier: http://www.abendblatt.de/politik/article1108173/Zypries-will-Schwulen-die-Adoption-erlauben.html
Frühere Studien aus den USA z.B. kamen zu keinem anderen Ergebnis.
Zu 2: Nach dieser Logik sind Frauen ehrlich überflüssig, wenn sie Dir nicht mal erklären konnten, die sie funktionieren und gehandhabt werden müssen.
Zu 3: Nach dieser Logik dürften Schwarze in rassistischen Gesellschaften keine Kinder bekommen, um die Kinder zu schützen. Ebenso Behinderte, Juden und andere, die diskriminiert werden.
Besser als Adoption wäre es, wenn homosexuelle Männer und Frauen eigene Kinder großziehen.
@Damien
1. Leider sind die Angben in dem Artikel viel zu unspezifisch um zu nutzen. Hast Du vielleicht eine Quelle, die etwas tiefer geht?
2. Das wäre aber ein ganz gewaltiger Trugschluss, für den Du alleine stehen muss.
(Dass Frauen eben schlechte Ratschläge in Bezug auf Frauen geben, ist nebenbei eine recht wohlbekannte Sache; genauso wird es wenige Frauen geben, die z.B. aktiv erklärt, dass dieses oder jenes Verhalten diese oder jene Auswirkung/Bedeutung hat—was aber z.B. der Familienvater typischerweise machen würde.)
3. Ein weiterer Trugschluss: Deren Situation ist völlig anders. Z.B. würde ein Adoptionsverbot für Schwule nur dazu führen, dass das Kind andere Eltern hätte. Bei den Schwarzen würde das Verbot zu einer Nicht-Existenz von dem Kind führen. In dem einen Fall würde die Hänzeleien ein Leben kaufen; in dem anderen Vorteile nur für die Eltern bringen (und auch auf Kosten von einem anderen Elternpaar).
@michaeleriksson: Der Artikel war nicht dazu gedacht, Dich zu überzeugen, er sollte nur auf die Studie hinweisen. Schau doch mal, wo Du Näheres darüber findest.
Auch als Hinweis auf die Studie ist der Artikel leider nutzlos, denn es fehlt Anhaltspunkte für z.B. ein vernunftiges Googlen.
@michaeleriksson: Das hier ist ein Blog und kein Auskunftsbüro. Wie wäre es mal mit selber recherchieren?
@Damien Wenn Du keine Quellen zu Untersuchungen hast, dann sag dies von Anfang an—dies würde ich durchaus respektieren. In diesem Zusammenhang sieht es aber so aus, als möchtest Du diese besondere Studie als Argument benutzen, und dann obliegt es Dir ausreichende Nachweise zu erbringen.
Vorallem: Wenn tatsächlich Deine eigene Ansicht aus dem einen Artikel stammen würde, dann ist diese Ansicht viel zu schlecht untermauert.
@michaeleriksson: Du hast das „Argument“ mit den fehlenden Untersuchungen ins Spiel gebracht und Adrian hat Dir entgegnet, dass es sie bereits gibt. Ich habe mich in meinem Beitrag überhaupt nicht auf Untersuchungen bezogen.