Wie schwul darf Che Guevara sein?

14 Jun

Ricky Martin soll also Che Guevara spielen. Die anderenorts aufgeworfene Frage,

ob schwule Schauspieler überzeugend Heterosexuelle darstellen können

finde ich langweilig. Warum denn nicht? Viel interessanter finde ich die Diskussion, die die Meldung auf queer.de auslöst. Die Erinnerung eines Lesers an die totalitären Qualitäten des in der Linken bis heute verehrten Ches und die Überlegungen eines weiteren Lesers

die frage wäre für mich erst mal, wie diese che-rolle angelegt sein soll. sofern sie sich an die unverständliche che-mystifizierung einiger linker gruppen und der pop-kultur anlehnen sollte (und ich erwarte von lloyd webber nicht ernsthaft eine kritische sicht auf diese figur), so wäre wirklich zu fragen, ob es eine so tolle idee ist, sich nach dem eigenen coming-out sofort für die verherrlichung eines homophoben und gewalttätigen macho einspannen zu lassen.

führen zu den üblichen Vorwürfen:

Nee, Leute wie du lassen sich lieber für imperialistische US-Propaganda aus der Zeit des Kalten Krieges und bis heute einspannen.

Was die Qualitäten des Che Guevara angeht, gibt es keinen Zweifel. Seine Sprache hatte er aus dem Wörterbuch des Unmenschen gelernt:

Als erstes fielen mir die Begriffe ins Auge mit denen der Che und seine Genossen all die belegten, die zu Feinden erklärt wurden. „Schädlinge“ waren sie und konsequenterweise sollten sie „ausgelöscht“ werden. 1961 wurden Lager auf Kuba errichtet, für „asoziale Elemente“, in die man ohne Gerichtsurteil verbracht werden konnte, aufgrund von „Vergehen gegen die revolutionäre Sittlichkeit“, wie Homosexualität oder Prostitution.

Und die Lager blieben nicht ungenutzt:

So wurden 1965 in einer Kampagne 50.000 als Homosexuelle stigmatisierte Männer ohne Verfahren, per polizeilicher Verfügung, in die sogenannten UMAP, Arbeitsbataillone oder Zwangsarbeitslager, eingewiesen.

Neben Homosexuellen und denen, die man dazu erklärte, richtete sich die sozialistische Moraloffensive gegen weitere Störer der öffentlichen Ordnung:

1968 dann wurden Homosexuelle grundsätzlich als potentielle politische Opposition behandelt. Der moralische Soundtrack dazu lief auf Radio Havanna, das die städtischen Bikinis und sogenannten Minis, enge Hosen, langes Haar, gemusterte Strümpfe und epileptische Tänze kritisierte.

So weit, so schlecht. Und sicher kein Grund zur Frage, ob dieser Mann ein Mann der Freiheit oder einer der Diktatur und des Tugendterrors ist, gerade so wie heute die Islamisten und ihre Freunde von links und rechts.

Mir bleibt die Überlegung, ob es abzulehnen ist, wenn einer den Che in einer unkritischen Darstellung spielt. Irgendwie müssen wir schließlich alle unser Geld verdienen. Und die sexuelle Orientierung des Schauspielers sollte mit dieser Frage erst recht nichts zu tun haben, oder?

9 Antworten zu “Wie schwul darf Che Guevara sein?”

  1. Sergej 14. Juni 2010 um 19:24 #

    Es gibt Schwule die ein Leben lang Heteros spielen.^^

  2. Ralf 15. Juni 2010 um 00:54 #

    Na ja, ich denke doch, ein schwuler Schauspieler sollte so viel Selbstachtung haben, an der Verherrlichung eines Schwulenhassers nicht teilzunehmen.

  3. Carl 15. Juni 2010 um 13:08 #

    hmmm…überleg…wenn der Ricky Martin jetzt den Che spielt…ob er dann wohl zukünftig gar nicht erst zu ner gay pride eingeladen werden würde?

    Ach neee…der ist ja kein Jude…

    Soll er halt spielen wen oder was er will.
    Ich schau mir im Kino ja auch die Filme an, die ich sehen will.

    Political Correctness ist überaus anstrengend…schwule pc einfach noch nervtötend obendrein.

    • Damien 15. Juni 2010 um 14:23 #

      @ Carl
      Worin unterscheidet sich „schwule pc“ von nicht-schwuler?

  4. Martella 15. Juni 2010 um 14:05 #

    @Ralf
    Mit dem idiotischen Argument dürfte kein Demokrat je Hitler spielen. Oder kein Republikaner je Richard III.

  5. Carl 15. Juni 2010 um 15:55 #

    Gute Frage 😀

    Ist einfach nicht meine Welt – wollte ich damit sagen.
    Leben und leben lassen ist an sich schon recht umfangreich täglich zu leben…aber immer noch ein schwules Krönchen drauf setzten und beleidigt sein, wenn’s net richtig passt ist mir zu anstrengend.
    Ich denke halt nicht, dass ein Ricky Martin, nur weil er prominent und schwul ist auch gleichzeitig die Rechte aller Schwulen unterstützen sollte und deshalb auf keinen Fall so einen Film drehen sollte.
    Wenn ich den Martin geil anzuschauen finde gehe ich in’s Kino, wenn ich keinen Bock auf ne Che light story hab, weil ich den einfach unterirdisch finde, lass ich’s.
    Die Welt dreht sich weiter…
    Ricky Martin verdient damit sein Geld – und das stinkt so oder so nicht.
    Der lebt sein Leben, wie ich mein’s lebe.

    Ich habe linke Gutmenschen und schwule linke Gutmenschen kennen gelernt.
    Während ich mich bei der ersten Gruppe umdrehe und gehe verlasse ich bei der zweiten fluchtartig den Raum.
    Gurkenntee und Laberkerzen und stundenlanges abstecken von auch noch kleinsten Kleinigkeiten, die pc oder nicht pc sind, welches aber am täglichen Leben meilenweit vorbei stratzt.

    Vielleicht ist es aber auch eigentlich nur ne persönliche Sichtweise durch meine kurzen Erfahrungen mit ehrenamtlichen Tätigkeiten und da ist an sich gar kein großer Unterschied – würd also nicht drauf bestehen wollen

    LG 😉

  6. Ralf 15. Juni 2010 um 23:53 #

    @ Martella

    „an Verherrlichung teilnehmen“ hab ich gesagt, nicht „spielen“. Erst lesen, dann überlegen, ob man mich Idiot schimpfen muss.

  7. Adrian 16. Juni 2010 um 00:11 #

    @ Martella

    Das nächste Mal bitte etwas weniger beleidigend argumentieren.

  8. Wolfgang 23. September 2010 um 23:59 #

    Ich denke, man sollte die oeffentliche Entschuldigung von Fidel Castro fuer die fruehere Schwulenverfolgung in dieser Diskussion nicht ausser Acht lassen und die betraechtlichen Fortschritte in dieser Hinsicht, die durch seine Nichte Mariela Castro wittlerweile erreicht wurden:
    http://www.ggg.at/index.php?id=62&tx_ttnews%5Btt_news%5D=3442&cHash=8b69d94216ada08af22c592fa39918fb

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