Vom Unterschied zwischen Hochzeitskorsos und dem CSD

6 Aug

Glücklicherweise ist die CSD-Saison bald vorbei, so dass man sich dann wieder vernünftigen Themen widmen kann. Bis es soweit ist, gibt es aber an jedem Wochenende eine andere Parade. Dieses Mal ist wohl Hamburg dran, ein Ereignis, welches das „Hamburger Abendblatt“ dazu bewegt hat Farid Müller, Mitglied der städtischen Grünen, fünf Fragen zu stellen:

Die erste Frage ist dabei ziemlich vorhersehbar:

1. Am Sonnabend zieht der Christopher Street Day zum 30. Mal durch Hamburg. Brauchen wir so eine Parade noch?

Antwort von Adrian: Wer ist „wir“? Ihr Heteros braucht den natürlich nicht. Ihr feiert jeden Tag euren CSD. Erst gestern habe ich wieder so einen lärmenden Auflauf gesehen, als ein ganzer Korso von Heteros, die Fahrzeuge prächtig mit Blumen und Bändchen geschmückt, lautstark hupend der ganzen Stadt mitteilen musste, dass zwei bestimmte Heteros ab jetzt mit staatlichen Seegen miteinander schlafen dürfen.

Antwort von Müller:

Aber ja. Schwule und Lesben werden immer noch diskriminiert. Schwule und lesbische Paare zahlen viel mehr Steuern als Ehepaare – selbst wenn sie Kinder haben. In Schulen ist „Schwule Sau“ das Schimpfwort Nummer eins. Auch wenn vieles besser geworden ist: Gleiche Rechte sind ebenso wenig erreicht wie völlige Akzeptanz. Außerdem geht es beim CSD darum, sichtbar zu sein und wenigstens einen Tag im Jahr in der Mehrheit.

Wobei letzteres natürlich nicht stimmt, weil selbst viele Homos auf einen Haufen, einen nicht zur Mehrheit macht.

Nächste Frage:

2. Das Motto lautet „Gleiche Rechte statt Blumen“. Aber ist der CSD heute noch politisch oder geht es nicht vielmehr um die Party?

Antwort von Adrian: Da wir leider in einer politisierten Welt leben, ist der CSD natürlich auch politisch. Man stellt Forderungen an die Politik und versucht, die Damen und Herren „da oben“ auf seine  Belange aufmerksam zu machen. Mir wäre es lieber, wenn der CSD nicht (mehr) politisch sein müsste, aber dazu bräuchte es eine andere Welt.

Antwort von Müller:

Schwule und Lesben sind anders.

Gähn.

Und auch der Protest ist anders.

Gähn.

Was kann besser sein, als mit Heiterkeit für etwas zu demonstrieren? Wie politisch der CSD ist, zeigen das Motto – und die Präsenz der Politik.

Wenn ich Hetero wäre, würde ich ja mal eine ganz fiese Frage stellen: Wenn Schwule und Lesben darauf bestehen, so „anders“ zu sein – „anders“ als wer eigentlich? -, warum streben sie dann nach gleichen Rechten?

Nächste Frage:

3. Was haben der CSD und andere Gay-Pride-Paraden im Kampf gegen Diskriminierung erreicht?

Antwort von Adrian: Keine Ahnung. Präsenz, vielleicht. Aber ob die in dem Zusammenhang so förderlich ist, darüber kann man streiten.

Antwort von Müller:

Sichtbarkeit. Das größte Problem war anfangs, dass Schwule und Lesben so verachtet wurden, dass es für einzelne ein Problem war, sich dazu zu bekennen. Der CSD hat das geändert. Sich offen zu zeigen stärkt für den Alltag.

Na ja, das kann man so sehen, allerdings ist ein CSD eben nicht Alltag und ob es einen für diesen stärkt, wenn man einen Tag lang mit Chaps und Federboa im Kreise Gleichgesinnter herumstolziert, ist schon fraglich.

Nächste Frage:

4. Was ist das größte Vorurteil, mit dem Schwule, Lesben und Bisexuelle zu kämpfen haben?

Antwort von Adrian: Außerhalb der Volksgemeinschaft zu stehen, da Leben ja vielfach daran gemessen wird, wieviel man für die halluzinierte Gemeinschaft tut.

Antwort von Müller:

Nicht genügend für die Gesellschaft zu tun, weil mit Homosexualität oft Kinderlosigkeit gleichgesetzt wird – dabei wachsen viele Kinder in Regenbogenfamilien auf. Und dass alle Schwulen erfolgreich und wohlhabend sind.

Echt toll, dass Müller auf dieses absurde Argument der gesellschaftlichen Nützlichkeit auch noch eingeht, und sich rechtfertigt, anstatt es als unwesentlich abzutun, oder dessen Absurdität mit dem Einwand zu kontern, was Rentner denn für die Gesellschaft tun würden.

Letzte Frage:

5. Muss man sich als Homosexueller Beschimpfungen anhören oder Angst vor Gewalt haben?

Antwort von Adrian: Ja.

Antwort von Müller:

Es gibt eine hohe Dunkelziffer an Herabsetzungen, Beleidigungen und Gewalttaten. Manchmal wird das öffentlich, wie 2009 der brutale Überfall am Hansaplatz, als Schwule krankenhausreif geschlagen wurden. Ich würde sagen: Es muss einen nicht mehr treffen, aber wenn es trifft, trifft es hart.

Und ich bin gespannt, wie viele CSD’s es noch braucht, bis endlich alle Fragen beantwortet sind.

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