Falsche Versöhnung

5 Jan

Wie kommt es eigentlich, dass der Islam in acht der ersten zehn Ländern des Index der weltweiten Christenverfolgung die Religion der Mehrheitsbevölkerung ist? Christen sind damit die größte Gruppe aller aus religiösen Gründen Verfolgten. Der deutschen Öffentlichkeit ist das ziemlich egal. Lieber widmet sie sich einem erfundenen Phänomen namens Islamophobie. Thomas Schmid hat dafür in der Weihnachtsausgabe der Welt passende Worte gefunden:

Unsere Vorstellung von der Unverletzlichkeit des Individuums hat nicht nur, aber auch christliche Wurzeln. Ein Glaube, der Nächstenliebe fordert und so großen Respekt vor dem Anderen aufbringt, dass er sogar die Feindesliebe wenn nicht predigt, so doch für wünschenswert hält: Ein solcher Glaube ist in einer notorisch kriegerischen, notorisch von Egoismus, Gewalt und Übervorteilung geprägten Welt etwas Kostbares, etwas, dessen Bewahrung lohnenswert sein müsste.

Wir müssten eigentlich ein starkes Gefühl für dieses Erbe haben und es selbst dann verteidigen wollen, wenn wir es nicht mehr für zeitgemäß halten. Und vor allem: Wenn anderswo auf der Welt Christen verfolgt und angegriffen und ermordet werden, dann gäbe es guten Grund, das als Angriff auf uns selbst zu sehen: auf die Traditions-, Werte- und Erinnerungswelt, der wir entstammen, der wir anhängen.

Schmid erinnert sich an eine Kampagne für die Aufnahme von irakischen Flüchtlingen 2007/2008 in Baden-Württemberg:

auffällig war auch, dass insbesondere Kirchengemeinden, die sich der friedensstiftenden Zusammenarbeit mit Moscheegemeinden verpflichtet sahen, das Thema verfolgte Christen partout nicht anfassen wollten.

Hier wird es nun ganz absurd, und es wird eine Herzenskälte sichtbar, die so gar nicht zur Versöhnungsidee passen will: Um Muslime – die hier in Deutschland ziemlich ungestört ihrem Glauben nachgehen können – nicht in Verlegenheit zu bringen oder gar zu brüskieren, verzichtet man darauf, den Angehörigen des eigenen Glaubens beizustehen. Es gibt eine Art von interkultureller Versöhnungsarbeit, die aus Respekt oder Angst vor dem Anderen das Eigene missachtet. Das ist nicht mutig, sondern feige.

Ein derartiges Auftreten wird beachtet, weltweit:

Das Christentum ist eine universalistische Religion, und diese hat lange gebraucht, bis es ihr gelungen ist, den ihr inne wohnenden Universalismus der Menschenrechte und ihre Grundachtung vor dem Individuum über den geschriebenen Buchstaben hinaus zu verwirklichen. Mit diesem Universalismus steht der Westen weltweit im Wort. Verzichtet er auf ihn, wird er nicht Achtung, sondern Hohn und Spott ernten.

Es ist eine Frage der Performance:

Nicht nur im Irak, sondern an vielen Orten der Welt werden Christen verfolgt, mal staatlich, mal von religiösen Eiferern. Die Christenheit macht keinen guten Endruck in der Welt, wenn sie nicht jeden einzelnen dieser Fälle als ureigene Angelegenheit sieht.

In Ägypten haben Christen unterdessen bewiesen, dass man auch ästhetisch einen durchaus passablen Eindruck machen kann, wenn man sich wehrt:

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Eine Antwort zu “Falsche Versöhnung”

  1. Ralf 5. Januar 2011 um 14:01 #

    Wir finden auf dieser Liste Länder, die reichlich Entwicklungshilfe aus Europa und Amerika kassieren (z.B. Ägypten); Länder, die als Urlaubsparadiese gelten (z.B. Malediven); Länder, deren Regime mit Waffen und Militärberatern aus dem Westen an der Macht gehalten werden (z.B. Saudi-Arabien, Pakistan); Länder, in denen gar westliche Truppen stationiert sind (z.B. Irak, Afghanistan) – mit anderen Worten: Länder, die existenziell von Westeuropa und den USA abhängig sind und auf die dennoch von dort keinerlei Druck ausgeübt wird, die Verfolgungsmaßnahmen zu mildern oder gar zu stoppen. Charakteristischerweise handelt es sich übrigens um Staaten, die auch die Liste der Schwulenverfolger anführen, was aber die Christen in der Regel nicht zur Solidarität mit den Schwulen bewegt. Während in diesen Ländern Christen und Schwule eingesperrt und abgeschlachtet werden, kämpfen in Deutschland die Gutmenschen für Kopftücher und Minarette. Demos gegen Sarrazin? Jederzeit! Demos gegen Christen- und Schwulenverfolgung in der islamischen Welt? Das wäre ja Rassismus und mangelnder Respekt vor dem friedliebenden Islam!

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