Immer Ärger mit Haider

24 Jan

Rein persönlich bin ich ja der Meinung, dass der heterosexuelle Lebensstil grundfalsch ist, eine Sünde wider den guten Geschmack, Ästhetik und das Leben selbst. Zum Glück jedoch bin ich ein derart ausgeglichener und in mir selbst ruhender Mensch, dass mich die öffentliche Zurschaustellung heterosexueller (Un)Kultur relativ kalt lässt. Ich akzeptiere es, dass sich Heteros am hellichten Tag und in aller Öffentlichkeit befummeln und abknutschen, ich akzeptiere es, dass Heteros heiraten dürfen und ich akzeptiere es, wenn Mann und Frau miteinander tanzen.

Und gerade mit letzterem hebe ich mich vorteilhaft von der Sorte Mensch ab, die nichts Besseres zu tun haben, als ihre ganz persönlichen Neigungen zum Maßstab aller Dinge zu erklären. So wie Niki Lauda, seines Zeichens Weltmeister in einer „Sport“art, bei der man im Auto sitzt, lenkt und aufs Gaspedal tritt, sowie Unternehmer im Bereich Luftverkehr.

Herr Lauda also empört sich über eine angekündigte Sendung des österreichischen Fernsehens, in der – mon Dieu! – ein Mann mit einem Mann tanzen will. So wie sich das gehört. Was Herr Lauda allerdings ganz anders sieht:

ÖSTERREICH: Sie protestieren gegen den Auftritt von Alfons Haider in „Dancing Stars“, weil der mit einem Mann tanzen will. Ist das Ihr Ernst?

Niki LAUDA: Das ist mein voller Ernst. Ich bin empört, dass sich der öffentlich-rechtliche ORF, der ja von unser aller Gebühren finanziert wird, aus reiner Quotengeilheit dafür hergibt, schwules Tanzen zu propagieren. Es gibt so was wie gute Traditionen in unserer Kultur – dazu gehört, dass Männer mit Frauen tanzen. Bald kommt die Zeit, da werden wir uns noch alle öffentlich dafür entschuldigen, dass wir heterosexuell sind.

Schon merkwürdig. Da wird man tagaus, tagein und rund um die Uhr mit den Sitten und Gebräuchen der Heteros konfrontiert, und man zuckt nicht mal mehr mit der Wimper. Aber wenn ein bekennender Schwuler mit einem Mann tanzen will, dann gibt es Knatsch. Was bitte schön meint Herr Lauda denn mit „unserer Kultur“, die sich darin manifestiere, dass „Männer mit Frauen tanzen“. Meine Kultur ist das jedenfalls nicht und ich verwahre mich dagegen, dass versucht wird, mir in kulturimperialistischer Manier den heterosexuellen Lebensstil aufzuzwingen. Dafür sollte sich Herr Lauda mal entschuldigen.

ÖSTERREICH: Was stört Sie daran, dass Alfons Haider mit einem Mann tanzt?

LAUDA: Mich stört, dass ein öffentlich-rechtlicher ORF aus reiner Quotengeilheit, weil er Angst vor zu wenig Zusehern hat, wichtige Traditionen in diesem Land zerstört.

Eine Zerstörung der Tradition, dass Männer mit Frauen tanzen, wäre eigentlich nur dann gegeben, wenn Österreich par ordre de mufti beschließen würde, eben jenes Tanzen zu verbieten. So aber wird dem einen Tanz nur ein anderer hinzugefügt. Oder, um einen kulinarischen Vergleich zu bemühen: wenn ein Obstladen an einem Tag nur Äpfel verkauft und am nächsten Tag Äpfel und Birnen, dann wird ja nicht die Tradition zerstört, dass Äpfel verkauft werden. Ein gewichtiger Unterschied, der jedem klugen Menschen im Grunde sofort einleuchten sollte.

Ich will nicht, dass meine Kinder im ORF sehen, dass ein Mann mit einem Mann tanzt –

Dann schalte den Fernseher aus…

und dass sie glauben, das nachmachen zu müssen.

Dann erkläre den Kindern, dass sie das nicht müssen. Kann ja wohl nicht das Problem sein.

Seit Jahrhunderten tanzen Männer mit Frauen in unserer Kultur – und das soll man nicht kaputt machen.

Nochmals: Was geht Schwule die merkwürdige heterosexuelle Kultur an? Kann uns Herr Lauda das erklären? Nein, kann er nicht. Statt dessen fordert er:

Ich fordere, dass der Herr Generaldirektor Alex Wrabetz, der ja in aufrechter Ehe lebt, diese schwule Tanz-Nummer stoppt – und dass man dem PR-geilen Alfons Haider nicht gestattet, im öffentlich-rechtlichen ORF eine schwule Show abzuziehen. Und ich fordere, dass auch der Stiftungsrat und die Politiker hier ein klares Wort sprechen.

Und ich fordere, dass man dem PR-geilen Alfons Haider gestattet, im öffentlich-rechtlichen ORF eine schwule Show abzuziehen. Und ich fordere, dass auch der Stiftungsrat und die Politiker hier ein klares Wort sprechen. Ist das zuviel verlangt?

Offenbar schon:

[Es ist] nicht Aufgabe des ORF […], der Jugend einen schwulen Tanzstil „Mann tanzt mit Mann“ zu propagieren, den es in Wahrheit nirgends gibt. Es tanzt ja nirgendwo ein Mann mit einem Mann – in keiner Disco, auf keinem Ball –, nur im ORF, weil der damit Quote schinden will.

Ja genau, nirgendwo tanzen Männer mit Männern – nicht mal in Schwulendiskos, und in der Ostmark schon gar nicht. Denn da herrscht noch deutsche – äh pardon – österreichische Zucht und Ordnung!

ÖSTERREICH: Haben Sie nicht Angst, dass man Ihnen vorwirft, gegen Homosexualität Stimmung zu machen?

LAUDA: Ich habe überhaupt nichts gegen Homosexuelle.

Natürlich nicht. Wie kann man denn auch auf so eine Idee kommen?

Im Gegenteil. Ich habe jede Menge Schwule in meiner Fly Niki angestellt, sogar als Ausbildner. Ich will nur nicht, dass Kindern und jungen Leuten ein völlig falsches Rollenbild beim Tanzen vermittelt wird.

Äh, vielleicht bin ich jetzt nicht ganz auf dem Laufenden, aber welches Rollenbild wird denn beim Tanzen vermittelt?

Das Schöne am Tanzen ist doch, dass Männer mit Frauen tanzen.

Au contraire, das ist das Tragische am Tanzen, oder genauer gesagt, am Tanzen von Mann und Frau.

Und deshalb gehört diese quotengeile Schwulen-Nummer vom Herrn 
Haider sofort gestoppt. 90 Prozent der Zuseher werden empört sein. Wozu also das Ganze?

Weil es nun mal cool ist, wenn die selbstzufriedenen, narzisstischen und sich im Glanze ihrer vermeintlichen Überlegenheit sonnenden Heteros sich empören.

ÖSTERREICH: Sie glauben nicht, dass das ein Trend für die Zukunft werden kann?

LAUDA: Ich befürchte eben, dass der ORF das in seiner Quotensucht zum Trend hochstilisiert. Und ich will nicht, dass tanzende Schwule wie Alfons Haider Vorbild für die Jugend sind. Ich will auch nicht, dass ich mich eines Tages dafür entschuldigen muss, dass ich heterosexuell bin.

Aber Dich ein bisschen dafür schämen, dass Du diesen Umstand in aller Öffentlichkeit verkündest – das solltest Du schon. Und das sage ich als einer, der überhaupt nichts gegen Heteros hat. Im Gegenteil. Ich habe mit denen sogar schon mal an einem Tisch gesessen.

4 Antworten zu “Immer Ärger mit Haider”

  1. Niklas 25. Januar 2011 um 13:25 #

    Hallo Adrian,

    eine tolle Antwort, die sofort klar werden lässt, wie sich Lauda selber widerspricht!

    Liebe Grüße,

    Niklas

  2. Evchen Küneke 25. Januar 2011 um 15:37 #

    Wer sich wie Niki auf dem Nürburgring zu einem garstigen Gollum selbst zusammengeschmolzen hat sollte überhaupt nicht mehr auf die Idee kommen, sich an etwas wie einer Tanzfläche blicken zu lassen. So eine Kultur gibt es beispielsweise garnicht. Mann tanzt mit Gollum, Frau tanzt mit Gollum. Gollum tanzt – sowas Blödes habe ich noch nie gehört. Und was soll es auch tanzen? Wiener Walzer? DAS wäre Kulturbolschewismus, vor dem man JEDES Kind bewahren muss.

  3. Coco 25. Januar 2011 um 16:31 #

    „Und ich fordere, dass auch der Stiftungsrat und die Politiker hier ein klares Wort sprechen.“

    Und die CIA! Und der Papst. Und der BND. Und der Mossad. Und die Nato. Und die UN. Und die EU. Und sowieso überhaupt alle.

    So etwas darf auf keinen Fall geduldet werden!

    *rennt in Panik im Kreis herum*

  4. Krisi 25. Januar 2011 um 19:34 #

    Das war toll ! Sehr gut gekontert. Ich als Lesbe fühlte mich etwas angegriffen. Naja obwohl.. von so einem Deppen.. eher nicht.. Was mich eher stört, ist, dass er nicht der einzige ist, der so denkt. Da wird einem echt übel !!

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