Erst vor kurzem habe ich erfahren, dass emanzipierte Frauen für sich eine neues Hobby entdeckt haben: den „Slutwalk“. Dabei handelt es sich, laut Wikipedia um
Demonstrationen, bei denen Frauen, Männer und Transgender auf die Straße gehen und fordern, sich selbstbestimmt kleiden zu dürfen, ohne im Falle von sexualisierter Gewalt eine Schuldzuweisung zu erfahren. Die Proteste wenden sich gegen die Perspektive der Täter-Opfer-Umkehr in Vergewaltigungsmythen, derzufolge den Opfern sexueller Gewalt aufgrund der Art ihrer Kleidung eine Mitverantwortung an Übergriffen gegeben wird. Im weiteren Sinne treten Slutwalks für die Unantastbarkeit der sexuellen Integrität des Menschen und den gegenseitigen Respekt vor der persönlichen Entscheidung für oder gegen erotische Annäherungen ein.
Das Konzept des Slutwalks kann man also nur begrüßen, sieht man davon ab, dass hier für eine Sache demonstriert wird, die eigentlich gesellschaftlicher Konsens ist.
Nicht überraschend allerdings, dass es Frauen gibt, die mit dem Konzept des Slutwalk nicht ganz einverstanden sind. Wie z.B. eine gewisse Nadine Lange, die im „Tagesspiegel“ doziert:
Derzeit läuft der ebenfalls aussichtslose Versuch, den Begriff „Schlampe“ umzudeuten, woran sich zudem die Hoffnung auf einen neuen Feminismus knüpft. […]
Alles richtig und schön, aber leider vergeblich und etwas naiv angesichts einer übermächtigen Mainstream-Kultur, die heute mehr denn je von softpornografischen Frauendarstellungen dominiert wird. Wer sich im gleichen Zeichen-Pool bedient, hat es verdammt schwer.
Frau Lange würde sich augenscheinlich also im Iran oder in Saudi-Arabien recht wohl fühlen, sind dies doch Gesellschaften, welche auf softpornografische Darstellungen von Frauen verzichten, Frauen also die Achtung gewähren, die man als Feministin verdient.
So wurden die Demo-Schlampen denn auch vielfach begafft. Ein paar Plakate und Slogans reichen leider nicht, die von ihnen benutzten Attribute aus der industriellen Umklammerung zu befreien. Es ist in der Tat Zeit für einen neuen Feminismus.
Woraus man schließen muss, dass der „neue Feminismus“ erst dann an sein Ziel erreicht hat, wenn kein Mann es mehr wagt, leichtbekleidete Frauen zu „begaffen“.
An dieser Stelle komme ich allerdings nicht umhin, den Advocatus diaboli zu spielen, denn obwohl es selbstverständlich ist, dass eine freizügige Bekleidung nicht als Einladung zu sexueller Gewalt zu verstehen ist, ist es es ebenso selbstverständlich und normal, dass ein heterosexueller Mann natürlich Blicke riskiert, wenn Frauen ihren halb freigelegten Busen in der Öffentlichkeit präsentieren, ganz so, wie ich selbstverständlich Blicke riskiere, wenn ein attraktiver Mann Shorts und Tank Top trägt.
Und seien wir mal ehrlich: Sind bewundernde Blicke anderer nicht auch Teil von dem, was wir mit entsprechender Kleidung bezwecken?
Wie haben es denn die Schwulen mit dem Gaffen (wenn man irgendeine Verallgemeinerung ziehen kann)? Gilt dies auch als verpönt oder nehmen sie das etwas lockerer?
Ich habe da eine ambivalente Haltung. Es gibt bestimmt Länder, in denen derartige Demos Sinn machen könnten. Hier in Deutschland wird wirklich für etwas demonstriert,was Konsens ist. Also ich habe ja nichts dagegen, bin aber eigentlich der Auffassung, dass es andere Anliegen von Frauen gibt, für die man sich einsetzen könnte. Das funktioniert dann aber eben nicht mit Facebook-Fun-Feminismus.
wir nehmen das lockerer… so sind wir
Natürlich soll der Mann gaffen, dafür laufen sie ja schließlich halbnackt herum. Aber er soll mit Schuldgefühlen gaffen, denn diese sind im weiteren Machtkampf der Geschlechter – privat wie politisch – bestens instrumentalisierbar.
Gaffte er nicht, negierte er ihre Weiblichkeit, was dem Feminismus auch als ein schlimmes Verbrechen gilt.
Es geht also um die Neurotisierung des heterosexuellen Mannes. Ihr Schwule, seit für die sluts sowieso outa reach …
Ich glaube du hast das falsch verstanden Adrian,der Slutwalk ist ursprünglich von kanadischen Feministinnen und „Genderqueeren“ organisiert.
Hetero- und Homosexuelle Männer waren an den bisherigen Projekten organisatorisch kaum beteiligt. Die Plakate und Sprüche auf den Slutwalks richten sich gegen die Männer als das Tätergeschlecht. Als würden alle Männer täglich durch die Stadt laufen und Frauen angrapschen.
Auf einem Plakat stand als Argument gegen Pornographie, das es ja die eigenen Kinder sein könnten die dort mitspielen.
Eine Frau die halbnackt war erzählte der Fernsehkamera sie will nicht das ihr hinter her gepfiffen wird, egal wie sie sich anzieht.
Es geht also weit über tätliche und verbale Angriffe von Männern hinaus über was die sich beschweren.
Das Anliegen der „Sluts“ ist es unter anderem den Begriff Schlampe nach und nach zu einem positiven Begriff umzudeuten, so ähnlich wie „gay“ mal rein negativ besetzt war.
Ein schwuler Mann hat sich zu dem Versuch den Begriff Schlampe umzudeuten, passend kritisch geäußert:
http://scgadget.info/uncategorized/slutwalks-from-a-gay-male-perspective-contributornetwork-2.html
Als letzten Samstag der Slutwalk in Berlin stattfand, bin ich lieber rüber zu den Gedenk-Feierlichkeiten anlässlich des 50. Jahrestags des Mauerbaus. War mir irgendwie wichtiger.
Hallo Adrian,
ich frage mich, wann die ersten Sprüche auftauchen, mit dem Inhalt: „Auch homosexuelle Männer sind Männer. Stoppt die Gaffer“ oder dergleichen. Ich frage mich immer noch, warum die meisten homosexuellen Männer nicht verstehen, dass es diesbezüglich um MÄNNER im allgemeinen geht. Ihr habt den großen Vorteil, dass ihr noch den Minderheitenstatus inne habt. Ich bin mir jedoch sicher, dass dieser euch nicht mehr lange vor feministischer Agitation bewahren wird. Was Quote, Rente, Gesundheitsversorgung angeht sitzen wir eh schon in einem Boot.
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass solche Märsche auch für Por-No Kampagnen ausgeschlachtet werden. Und kein Porno für mich bedeutet letztlich auch kein Porno für dich 😉
@ Ludowka
Meine Rede 🙂
Das man einfach körperliche sexuelle Reize ausblenden können soll ist glaube ich für die meisten Männer unvorstellbar.
Für Frauen, die wesentlich mehr durch Status als Attraktivitätsmerkmal beeinflusst werden, mag dies eher der Fall sein
@ Christian
Ja, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Frauen ihre Kleidung danach auswählen, nicht auch mal angeschaut zu werden. Ich glaube, den meisten gefällt das.
Es könnte natürlich durchaus sein, dass Frauen es gar nicht auf die Aufmerksamkeit von Männern anlegen, sondern, dass es ihnen in erster Linie um die Aufmerksamkeit anderer Frauen geht, wie schon Esther Vilar vermutete.
@terminator
Bedauerlicherweise begreifen viele schwule Männer nicht, dass sie für Feministinnen bestenfalls nützliche Idioten waren und sind.
Wenn der schwule Durchschnittsmann „Shorts und Tanktop“ trägt, bin ich eher peinlich berührt – ich laufe selbst aus naheliegenden Gründen (BMI 39,5) auch nicht so rum. Shorts und Tanktop gehen nur bei mediterranen (nicht zwingend langhaarigen) Ausnahme-Schönlingen, die sieht man aber selbst im ach so schwulen Köln eher selten. An sich liegt meine Hauptpriorität aber ohnehin eher bei Gesichtern und den in und um sie herum wuchernden Haaren, der restliche Körper ist weniger interessant…
Frauen können gegen alles sein! Und kommen damit durch!
Siehe Homodenkmal Berlin! Frauen wurden totgeschwiegen!
Was anscheinend schlimmer war als das totmachen!
Wer sowas kann hat Macht!