Ich gelobe Besserung

24 Sept

Wie war es denn nun auf der Demonstration gegen den Papst, der ich mit großer Spannung entgegengefiebert habe? Nun ja, es war nicht so aufregend wie ich gedacht habe. Die Protestparolen waren für links-grüne Verhältnisse relativ intelligent, die Reden anhörbar und die Menschen im Großen und Ganzen aufgeschlossen und friedlich. Aber irgendwie habe ich mich nicht heimisch gefühlt, irgendwas hat gefehlt.

Eines ist klar: Ich nehme nichts an meiner Kritik am Papst oder der katholischen Kirche zurück, aber zeitweilig habe ich mich gefragt, was ich dort überhaupt mache. In einem säkularen Land, in dem Kirchenkritik zum Mainstream gehört, gegen das Oberhaupt einer Religion zu protestieren, deren Dogmen sowieso niemand mehr so recht für voll nimmt, und zwar einschließlich derjenigen, die mit eben jenem Oberhaupt im Olympiastadion gebetet haben. Macht das Sinn? Wie stehe ich überhaupt zum Glauben an sich, zum Christentum, zu Gott, zum Metaphysischen? Ja und um Himmels willen, sind mit meinen knapp 30 Jahren bereis die ersten Anzeichen einer Sinnkrise bemerkbar?

Als ich wieder zu Hause war, habe ich mir die Rede des Papstes im Bundestag zu Gemüte geführt. Sie hat mir gefallen, vor allem der eher rechtsphilosophische Teil am Anfang, dem ich gut folgen konnte. Besonders witzig fand ich die Seligsprechung der Grünen und die Tatsache, dass Ströbele mit seinem selbstgerechten Abgang, diese Pointe verpasst hat.

Hat sich dieser Tag nun gelohnt? Zweifellos. Ich denke weiterhin, dass die katholische Kirche ein merkwürdiger Verein mit ziemlich altertümlichen und albernen Ansichten ist. Aber es tut auch gut zu wissen, dass man immer noch bereit ist zuzuhören, dass man sich selbst, seine Ansichten und Motive hinterfragen kann, dass man tolerant genug ist in sich zu gehen, zu lernen, zu verstehen. Ich jedenfalls habe mit Schaudern an eine Zukunft gedacht, an der ich mit Kondomen nach dem Papst werfe und nebenbei Witze über Frauen reiße. Natürlich wäre es albern, seine Standpunkte zu verleugnen, aber ein wenig Demut in bestimmten Fragen täte ganz gut.

Insofern war der Besuch des Papstes eine geistige Anregung, die ich nicht missen möchte.

Eine Antwort zu “Ich gelobe Besserung”

  1. christianhannover 24. September 2011 um 11:26 #

    amen. 😀

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