Keine Heten, bitte!

14 Mai

Am 9. Juni findet in Berlin die Karrieremesse MILK statt, die sich auf dem Markt eine Nische als Jobmesse erobert hat, die gezielt Schwule und Lesben anspricht. Das Besondere an der MILK versucht dabei deren Organisator Stuart B. Cameron auf „queer.de“ zu erklären:

Jeder wünscht sich einen offenen Arbeitgeber. Auf der MILK bieten genau solche Unternehmen Jobs und Praktika in verschiedenen Branchen. Aber auch Vorträge und Workshops, die normalerweise viel Geld kosten, gibt es bei uns kostenlos. Man kann seinen Lebenslauf vorher hochladen und noch auf der Messe ein Bewerbungsgespräch haben. Unsere Karriereexperten checken kostenlos Bewerbungsmappen auf Schwachstellen. Und, und, und… Die Unternehmen sind von unserem Konzept überzeugt. Wir sind für dieses Jahr ausgebucht, mehr als 70 Unternehmen erwarten die Besucher.

[….]

Unsere Aussteller outen sich selbst als stolze Unternehmen, die Vielfalt fördern.

Es geht also um Arbeitgeber, die offen sind und Vielfalt fördern. Aber soll das tatsächlich der große Unterschied zu einer gewöhnlichen Jobmesse sein? Man erlaube mir meinen Einwand, aber haben wir in Deutschland nicht ein Antidiskriminerungsgesetz, das jeden Arbeitgeber ohnehin dazu zwingt offen für alles und jeden zu sein?

Und wozu braucht man eigentlich eine Jobmesse, die sich irgendwie als „queer“ vermarktet, sich also von der Heterosexualität abgrenzt, und dann doch offen für Heteros ist. Wozu braucht man eine Messe „für Schwule, Lesben und Heteros“?

Nicht die sexuelle Identität zählt, sondern das, was man drauf hat. Deswegen ist bei uns jeder willkommen. Wir möchten Heteros auch die Möglichkeit geben, die Community abseits des CSD kennenzulernen. Außerdem möchten wir selbst nicht ausgeschlossen werden. Vielen Heteros gefällt das, sie möchten über die MILK an einen offeneren Arbeitgeber gelangen.

Offener für was? Für Heterosexualität? Für die Ehe zwischen Mann und Frau? Dafür, dass man(n) auf seinem Schreibtisch ein Foto von seiner Feundin/Frau aufstellen darf ohne Anstoß zu erregen?

Seien wir mal ehrlich, sonderlich originell ist dieser ganze Sermon von wegen „Offenheit“ und „Vielfalt“ nun wirklich nicht. Jedes große Unternehmen vermarktet sich heute so, im selben Atemzug mit dem Bekenntnis, dass man selbstverständlich klimaneutral wirtschaftet und den gesamten Profit an soziale Projekte spendet.

Wirklich originell wäre die MILK dann, wenn sie explizit Heteros ausschließen würde. Wenn sie verlauten würde, sie wolle keine Heteros, die könnten woanders hingehen. Oder wenn sie Heteros lediglich als notwendiges „Übel“ ansehen würden, die man auf so einer Messe nun mal hinnehmen muss.

Der Teufel in mir  grinst bei dem Gedanken. Das wär doch mal was…

4 Antworten zu “Keine Heten, bitte!”

  1. morus 14. Mai 2012 um 12:17 #

    Bezugnehmend auf diesen Artikel:
    https://gaywest.wordpress.com/2012/05/12/schwule-ticken-anders/,
    lieber möglichst nur Heteros, ansonsten möchte ich dann nicht die Bewerbungsunterlagen durchschauen müssen….

  2. Peter 14. Mai 2012 um 16:11 #

    Seien wir mal ehrlich, sonderlich originell ist dieser ganze Sermon von wegen “Offenheit” und “Vielfalt” nun wirklich nicht. Jedes große Unternehmen vermarktet sich heute so, im selben Atemzug mit dem Bekenntnis, dass man selbstverständlich klimaneutral wirtschaftet und den gesamten Profit an soziale Projekte spendet.

    Das ist Teil der Vermarktung – corporate identity.

    Schon mal darüber nachgedacht, warum die Fragen rund um Homosexualität und sexuelle Orientierung in der politischen Auseinandersetzung derart breiten Raum einnehmen?
    Es dient der politischen Abgrenzung und Profilierung. Es sind sozusagen die Gretchenfragen der Politik. Es ist doch auffällig, dass Homosexualität selbst dann ein Thema ist, wenn es kein Thema sein sollte. Ein aufgeschlossener Arbeitgeber sollte sich doch auf den Standpunkt stellen, dass die sexuelle Orientierung seiner Mitarbeiter deren Privatsache ist und er sich weder dafür interessiert noch dass er es in irgend einer Weise für das Anstellungsverhältnis für relevant hält.

    Die leicht zu entschlüsselnde Botschaft ist klar: Wir sind sowas von aufgeschlossen!

    Wirklich originell wäre die MILK dann, wenn sie explizit Heteros ausschließen würde. Wenn sie verlauten würde, sie wolle keine Heteros, die könnten woanders hingehen. Oder wenn sie Heteros lediglich als notwendiges “Übel” ansehen würden, die man auf so einer Mese nun mal hinnehmen muss.

    Ähhm ja, originell wär das schon. Aber auch nicht origineller als Schwule von vornherein auszuschliessen. Und jetzt sag bloss nicht, es sei zwar das Gleiche, aber nicht dasselbe! Ersteres wäre wohl möglich, letzteres ganz sicher nicht, weil die vereinigte Linke dagegen Sturm laufen würde – das wär eine einmalige Gelegenheit, sich mal wieder als Kämpfer gegen rechts, Homophobie und Phibaphabophobiophobie zu profilieren.

    Apropos Vielfalt fördern: Wie sollen die Heteros, Schwulen und Lesben eigentlich als solche identifiziert werden? Man sieht es ja nun nicht jedem oder jeder gleich an, von welchem Ufer sie oder er aufgebrochen ist. Na ja, gut, das ist wohl zu pragmatisch gedacht. Es geht ja bloss darum, die oben formulierte Botschaft zu übermitteln.

  3. Leszek 14. Mai 2012 um 23:04 #

    Heterophobie ist genauso scheiße wie Homophobie!

  4. Jan 20. Mai 2012 um 13:24 #

    Naja, die letzten Jahre war die Veranstaltung besuchermäßig ein Flot – warten wir mal ab^^

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