Schwarzer Mann disst weiße Frau

25 Mai

Unter diesem Label hätte man den Vorgang um Sarah Kuttner und Mola Adebisi wenigstens nahe dem Niveau des linksradikalen Triple-Oppression-Ansatzes diskutieren können. Aber selbst unter diesem Niveau bleibt die öffentliche Diskussion. Was war passiert? Kuttner hatte aus ihrem aktuellen Buch gelesen, in dem eine Frau über eine „Negerpuppe“ ihrer Kindheit reflektiert. Die Protagonistin bzw. Kuttner tut dies durchaus politisch korrekt, indem sie die Puppe als materialisierten „Rassismus“ bezeichnet, ausgestattet

mit einem obszön großen Kopf, der so schwer ist, dass er der Puppe immer wieder auf die schmalen Schultern fällt und ihr so permanent einen ergreifend niedergeschlagenen Eindruck verleiht.

Diesen Eindruck nennt sie „entsetzlich“ und distanziert sich im Fortgang

von einem furchterregenden Paar praller, aufgenähter Wurstlippen

und ist sich schließlich sicher:

Vollkommen undenkbar, dass so etwas heute noch verkauft würde.

Und dann? Kam Benjamin Bäumle und war
in seiner Ehre beleidigt.
Weil?
Das war einfach nur rassistisch.
Unterstützung für Kuttner kommt von prominenter und der Verharmlosung von Rassismus bisher wahrlich unverdächtiger Seite:
„Sie erzählte, dass sie die Puppe als stereotyp wahrgenommen hat und sich wunderte, warum ihre aufgeklärten Eltern ihr in den Achtzigern eine solche Puppe geschenkt haben“, sagt Frank Spilker, Sänger der Band Die Sterne, der als Zuhörer bei Kuttners Lesung war. „Sie hat den Altagsrassismus [Fehler im Original, Anm. D.] thematisiert, der ihr jetzt vorgeworfen wird.“
Erschreckend finde ich den zum Vorgang gehörenden Titel in der Welt:
„Minderbemittelte“ Kuttner faselt über „Negerpuppe“
Immerhin, das „minderbemittelt“ steht in Anführungszeichen und wird damit als Zitat gekennzeichnet. Dem „faselt“ aber fehlen die Anführungszeichen, womit der Boden journalistischer Seriosität verlassen wird, denn statt mit einer Beschreibung wird der Bericht mit einer beleidigenden Bewertung überschrieben.
Und Mola Adebisi? Nutzt den Anlass, um mal gehörig vor den Juden den Hut zu ziehen:
Ich würde mich freuen, wenn Sie mal Juden-Witze machen würde, dann wäre ihre Karriere nämlich beendet! Aber Türken und Afro-Deutsche leisten nicht den Widerstand. Juden lassen sich keine Beleidigung gefallen.
Juden haben in der deutschen Medienlandschaft schließlich die Fäden in der Hand. Das hat Adebisi vermutlich so nicht gemeint. Aber warum sollten beim Antisemitismus andere Maßstäbe gelten als beim Rassismus? Da reicht es sogar aus, ein falsches Wort zu verwenden, egal in welchem Zusammenhang:
Tahir Della, Vorstandsmitglied der „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“, findet den Rassismus-Vorwurf gerechtfertigt: „Wer rassistisch handelt, ist Rassist. Ob das nun Absicht war oder nicht. Man kann sich da auch nicht unbedarft rausreden und sagen, das war nicht so gemeint. Der Begriff ist heutzutage unzulässig. „

Es gibt also „unzulässige“ Begriffe, egal aus welchem Motiv heraus man sie verwendet. Was für eine prima Möglichkeit, sich gegen Beleidigungen zur Wehr zu setzen, die gar nicht existieren und dafür ganz reale Probleme zu vernachlässigen. Political correctness at its worst!

4 Antworten zu “Schwarzer Mann disst weiße Frau”

  1. Thommen_62 28. Mai 2012 um 12:59 #

    Der Begriff Rassismus wird immer nebulöser,. Es geschieht das gleiche wie mit dem Begriff Pädophilie. Politische Korrektheit dominiert die Differenzierung. Vielen Leuten ist das zu kompliziert. Und ich habe oft den Eindruck, dass Texte, die sich damit befassen auch zuwenig differenziert geschrieben werden – vom öffentlich sprechen ganz zu schweigen!

    Rassismus und Sexismus gibt es immer auch nach beiden Seiten! Und oft sind sie miteinander verbunden. Zudem gibt es nur wenige wirklich „schwarze“ Menschengruppen. Die meisten haben sich so gemischt – was Rassismus übrigens verbietet! – dass von „Farbigen“ geredet und geschrieben werden sollte. Somit wäre der Ausdruck „Schwarze“ logischerweise auch rassistisch – eben weil er Mischungen verbietet…

    Das Wort „rassistisch“ impliziert, dass es mehrere von sich unterschiedliche Rassen unter den Menschen gäbe. Das ist falsch. Sie unterscheiden sich höchstens durch die Hautfarbe, wenn man/frau bereit ist, von Lippen, Nasen und Schwänzen usw. abzusehen! Es gibt nur eine menschliche Rasse (Racine frz. („rassine“) = Wurzel) und diese hat sich verschieden entwickelt.

    Schwule kämpfen übrigens in einem bestimmten Muskbereich und aktuell in Zentralafrika gegen den Sexismus von Farbigen, die ihnen das Feuer, den Mord und die Vernichtung androhen und ausüben, um hinterher zu behaupten, es sei alles nur symbolisch – und im Auftrag von ihrem Gott gemeint…

    Wir sollten übrigens die Deutungshoheit des Wortes „schwul“ auch nicht leichtfertig aus der Hand geben. Wer weiss, was irgendwann mal damit gemeint werden wird???

    Unter jungen Schwulen hat sich die Formulierung „Schwulendreieck“ verschiedentlich über das Wort „rosa Winkel“ gestülpt, womit der historische Bezug verloren geht. Schwule haben nichts mit einem „Dreieck“ wie in der Geografie zu tun!

    • Adrian 29. Mai 2012 um 11:34 #

      @ Thommen
      Und wieder einmal stehe ich ratlos vor Deinem Kommentar. Was ist die Aussage?

  2. Sergej 28. Mai 2012 um 16:44 #

    Mola Adebisi ist so dermaßen 90er Jahre. Macht er eigentlich inzwischen bei „Mieten, Kaufen, Wohnen“ (beim Abgehalfterte-drehen-scripted-reality-Sender VOX) mit?

  3. heroinefor1day 28. Januar 2014 um 23:57 #

    ich weiß, der eintrag hier ist schon ziemlich alt mittlerweile, bin aber grad drauf gestoßen und ich füge einfach mal einen meiner einträge hier an, um zu zeigen, was ich derzeit in einem seminar an der uni erlebt habe und wie sehr es mich teilweise irritiert..genauso wie es dieser artikel hier tut.
    btw
    @thommen: ‚farbig‘ ist übrigens eindeutig kein politisch korrekter begriff in dem zusammenhang. der verein ‚initiative schwarze menschen e.v.‘ hat einen ‚leitfaden‘ für politisch korrekte begriffsverwendungen für autoren, journalisten etc. heraus gegeben. dort wird mitgeteilt, dass es nur den begriff ’schwarz‘ gibt, sowie ‚people of color‘.
    http://heroinefor1day.wordpress.com/2013/11/13/in-your-head-in-your-head-theyre-still-fighting/

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