Liebe, Schmerz und Traurigkeit

31 Mär

Das Christentum gehört zu der am meisten verfolgten Religionsgemeinschaft der Welt. Daran erinnert zu Ostern ein Beitrag der „Welt“. Skandalös ist in der Tat nicht nur die schändliche, abscheuliche, widerwärtige Behandlung und Verfolgung christlicher Menschen in – wen wundert’s? – überwiegend islamischen Ländern, skandalös ist vor allem die weitgehende Indifferenz gerade in der westlichen Welt, jener Welt also, in der das Christentum einer der Grundpfeiler von Zivilisation und Kultur ist.

Es scheint, als hätten viel Menschen vergessen, dass die Werte des Christentums Werte sind, die es sich zu verteidigen lohnt, dass diese Werte auf Idealen bauen

ohne die eine Gesellschaft nicht lebens- und liebenswert ist: Toleranz, Empathie, Gerechtigkeit, Vergebung.

Doch möglicherweise haben diese Menschen des Westens diese Werte gar nicht vergessen. Vielleicht haben sie nur den Eindruck, dass das Christentum diese Werte überhaupt nicht (mehr) vertritt (wobei dann allerdings die Frage zu stellen ist, warum sich gerade die westliche, „progressive“ Linke so unkritisch gegenüber dem Islam verhält). 

Eine Religion der „Toleranz, Empathie, Gerechtigkeit, Vergebung“? Ja, das ist das Christentum!

Wie kommt es dann aber, dass ich mich in meiner Haut unwohl fühle, wenn mir jemand – den ich gerade erst kennen gelernt habe – zu verstehen gibt, dass er gläubiger Christ ist? Wie kommt es, dass ich annehme, dass er bestimmt auf mich herabsehen, über mich richten, mich als Sünder betrachten wird, wenn er erfahren wird, wer ich bin, wen ich liebe, mit wem ich mein Leben und mein Bett teile?

Es ist vermutlich unfair von mir, – einem schwulen, de facto atheistischen Mann – meine kleine, unbedeutende Existenz in die Waagschale zu werfen, „dem“ Christentum seine Sünden vorzuwerfen, und angesichts des christlichen Eigenlob als Religion der „Toleranz, Empathie, Gerechtigkeit, Vergebung“ nur müde und traurig zu lächeln.

Doch es gibt einfach zu viel offene Wunden und mögen sie auch winzig und unbedeutend sein – schmerzen tun sie dennoch.

13 Antworten zu “Liebe, Schmerz und Traurigkeit”

  1. Max Flocke 31. März 2013 um 01:32 #

    Ich sag das mal als ‚ “progressiver” Linker‘:

    „Gott ist der einzige Herr der Welt, der weniger zu sagen hat als seine Diener.“ (Karlheinz Deschner)
    Wem, wenn nicht dem Christentum, sollte man denn sonst seine Sünden vorwerfen? Die werfen doch der ganzen restlichen Welt ihre Sünden vor (oder das, was die dafür halten).
    Gott höchstselbst hat dazu ja anscheinend bis jetzt keine Meinung abgegeben.
    Ich halte den Islam da übrigens für keinen Deut besser, und kenne auch keine anderen Linksorientierten die das tun.

    Ich werde dir nie vorwerfen, schwul und de facto atheistisch zu sein.
    Ich würde auch immer dafür eintreten dass jedeR Abergläubige den jeweiligen Glauben ausleben darf, solange die mich nicht mit Glockenterror nerven oder Muezzinrufen oder Bekehrungsversuchen.
    “Toleranz, Empathie, Gerechtigkeit, Vergebung” sind Werte die nicht von irgendeiner Religion erfunden wurden, die Erfinder der Religion haben das nur aufgegriffen; wenn die Leute sowas naturgegeben menschliches ohne die Krücke Religion nicht zu leben schaffen kann die Religion ja schon nix so Dolles sein.
    Ich find Leute netter die von Natur aus so sind.

    Ich find bei dir klingt da sowas wie Absolutionshoffnung wg. schwuler Lebensweise mit, ansonsten könntest du die Leute doch einfach an ihren Worten messen. Oder dir wär scheissegal was die von dir halten. Sollte es auch sein.
    Bei mir und meinesgleichen musst dich wg. ’sowas‘ nicht entschuldigen.
    Abgesehen davon finde ich es obwohl ich Ignostiker bin auch widerwärtig, mit welchem Hass die christliche Religion teilweise auf der Restwelt verfolgt wird. Aber in Deutschland hat die ja eher schon zuviel zu melden. Oder warst du Karfreitag irgendwo tanzen?

  2. Adrian 31. März 2013 um 10:28 #

    @ Max Flocke
    „Ich halte den Islam da übrigens für keinen Deut besser, und kenne auch keine anderen Linksorientierten die das tun.“

    So? Die Linke ist doch heute ganz vorne dabei, wenn es darum geht, den Islam zu umarmen.

    “Toleranz, Empathie, Gerechtigkeit, Vergebung” sind Werte die nicht von irgendeiner Religion erfunden wurden“

    Es geht auch nicht darum, wer es erfunden hat, sondern darum, wer dafür eintritt.

    „Ich find bei dir klingt da sowas wie Absolutionshoffnung wg. schwuler Lebensweise mit“

    Sicher. Ich habe immer die Hoffnung, dass Menschen moralisch handeln und andere Menschen auch moralisch behandeln.

    „Oder dir wär scheissegal was die von dir halten. Sollte es auch sein.“

    Wie sollte mir das egal sein, solange es Folgen hat? Ist Dir etwa Opposition gegen alles Linke egal?

  3. Ralf 31. März 2013 um 10:36 #

    Und wieder mein Lieblingssatz von Abraham Lincoln: „Wer Anderen die Freiheit verweigert, verdient sie nicht für sich selbst.“ Man kann nicht einerseits über die eigene Verfolgung jammern, wenn man gleichzeitig größtmögliche Intoleranz verbreitet. Toleranz kennen Christen grundsätzlich nur sich selbst gegenüber, wenn sie in der Minderheit sind. Und noch was: Wenn schon, wie üblich geworden, staatliche Maßnahmen gegen kirchliche Homohetze als Verfolgung gedeutet wird, tritt die Kirche die Würde derjenigen Christen, die echter Verfolgung ausgesetzt sind, selbst auch noch mit Füßen.

  4. Max Flocke 1. April 2013 um 02:19 #

    “Toleranz, Empathie, Gerechtigkeit, Vergebung” sind Werte die nicht von irgendeiner Religion erfunden wurden”

    „‚Es geht auch nicht darum, wer es erfunden hat, sondern darum, wer dafür eintritt.“‚

    -Sörry, genau das tut die nervende Mehrheit der Christen eben nicht.
    Beschwerst du dich nicht auch genau darüber?

    […]

    “Oder dir wär scheissegal was die von dir halten. Sollte es auch sein.”

    „‚Wie sollte mir das egal sein, solange es Folgen hat? Ist Dir etwa Opposition gegen alles Linke egal?“‚

    -Mal im Ernst, welche schwerwiegenden Folgen hat das denn? Beispiel? Wenn ein Christ dich nicht so akzeptiert wie du bist, ist er keiner. Warum liegt dir soviel an der Anerkennung von Leuten die nicht mal ihren eigenen Glauben kapiert haben?

    Opposition gegen alles Linke heisst auch mal Überfall von Treffpunkten, Verprügeln wg. verkehrtem Aussehen, oder auch mal aus Hass getötet.
    So hart ist kein Christ drauf, da muss ich keinen Vergleich ziehen.

  5. Adrian 1. April 2013 um 11:17 #

    @ Max Flocke
    „Mal im Ernst, welche schwerwiegenden Folgen hat das denn? „

    Muss ich Dir jetzt wirklich die vielfältigen Probleme homosexueller Menschen aufzählen?

  6. Atacama 2. April 2013 um 14:48 #

    „Es scheint, als hätten viel Menschen vergessen, dass die Werte des Christentums Werte sind, die es sich zu verteidigen lohnt, dass diese Werte auf Idealen bauen “

    Diese Werte sind gegen das Christentum erkämpft worden und werden es auch heute noch.
    Das Christentum halte ich für keinen Deut besser als den Islam, auch wenn es da keine Scharia gibt die einem für ein geklautes Brötchen die Hand abhakt.
    Freiheit und Vergebung und Nächstenliebe, das ist Bullshit. Das ist für mich so wie wenn irgendwelche ausbeuterischen Großkonzerne vordergründig Werbung für irgendwas Tolles (Nachhaltigkeit, Anti-rassismus oder so) machen und in Wahrheit in Bangladesh die Leute für einen Hungerlohn schuften lassen. Image ist alles.

    Wie friedlich und toll das Christentum ist, kannst du ja in rußland sehen. Dort steht die Kirche hinter all diesen Anti-Homogesetzen und die Schläger aus Argentinien haben das wohl auch nicht ganz kapiert, dein Christentum wie du es siehst.

    Oder hier

    http://www.queer.de/detail.php?article_id=18909

  7. Adrian 2. April 2013 um 22:00 #

    @ Atacama
    „Das Christentum halte ich für keinen Deut besser als den Islam, auch wenn es da keine Scharia gibt die einem für ein geklautes Brötchen die Hand abhakt.“

    Und schon hast Du Deine Aussage selbst widerlegt.

    „Das ist für mich so wie wenn irgendwelche ausbeuterischen Großkonzerne vordergründig Werbung für irgendwas Tolles (Nachhaltigkeit, Anti-rassismus oder so) machen und in Wahrheit in Bangladesh die Leute für einen Hungerlohn schuften lassen.“

    Großkonzerne waren zumindest unter den ersten, die Homo-Paaren in ihrer Belegschaft gleiche Rechte gewährt, lange bevor entsprechende Regierungen dies gesetzlich vorgeschrieben haben. Und den Arbeitnehmern in Bangladesh bezahlen sie üblicherweise mehr als einheimische Konzerne.

    „Wie friedlich und toll das Christentum ist, kannst du ja in rußland sehen. Dort steht die Kirche hinter all diesen Anti-Homogesetzen und die Schläger aus Argentinien haben das wohl auch nicht ganz kapiert, dein Christentum wie du es siehst.“

    Aber man kann Christen zumindest an ihren sich selbst zugeschriebenen Werten messen.

  8. Atacama 2. April 2013 um 23:56 #

    „Und schon hast Du Deine Aussage selbst widerlegt.“

    Naja im Christentum gibts dann eben Inquisition, schwarze Pädagogik und ebenfalls eine Sittenpolizei.
    Gut man kann natürlich sagen, lieber ins zuchthaus als tot, aber andererseits gab es in katholischen EInrichtungen vor ein paar Jahrzehnten ncoh Skandale über kastrierte vermeintlich oder tatsächlich schwule Jungen und sonstige Experimente. Ich halte es für naiv, das christentum für grundsätzlich harmloser zu halten.

    „Aber man kann Christen zumindest an ihren sich selbst zugeschriebenen Werten messen.“

    Naja die problemtischen christen können ihr Verhalten doch auch religiös begründen. Die basteln sich dann eben irgendeine Erklärung dass sie Gottes Schöpfungsplan verteidigen oder „die Familie“ (als bedrohender gegenpol dzau wird Homosexualität ja gerne aufgebauscht) oder die Moral oder so einen Quark.

  9. Blub 3. April 2013 um 01:35 #

    Ein Teil der Diskussion hier geht ja um die Sache, ob es richtig ist, Missetaten mit kleinem Impact mit Missetaten mit großem Impact gleichzusetzen („Dort werden Schwule gehängt“ „Na und, hier ist die Homo-Ehe nicht gleichberechtigt“). Und auch um die Frage, ob Ereignisse, aus dem Kern des Christentums herkommen, oder einfach von Christen verübt worden sind, die die Feinheit zwischen etwas nicht für ganz richtig halten und jemand vermöbeln nicht ganz verstanden haben.

    Wenn man mal die Religionsgründer und die von denen dargelegten Regeln vergleicht, so ist im Christentum doch eine signifikant humane und friedliche Message drin. Bei aller Abgründe von fast 2000 Jahren Staatsreligionswesen…

  10. Max Flocke 3. April 2013 um 06:18 #

    ‚“@ Max Flocke
    “Mal im Ernst, welche schwerwiegenden Folgen hat das denn?

    Muss ich Dir jetzt wirklich die vielfältigen Probleme homosexueller Menschen aufzählen?“‚

    -Das wäre information overload und OT. Ich hatte speziell danach gefragt, welche schwerwiegenden Probleme du mit sich als christlich bezeichnenden Leuten hast, die dich nicht akzeptieren. Ich kenne auch jede Menge Leute die mich nicht akzeptieren, aber auf die kann ich auch scheissen, ich bettel nicht um deren Akzeptanz.

    (du woanders:)
    ‚“Aber man kann Christen zumindest an ihren sich selbst zugeschriebenen Werten messen.“‚

    -Das habe ich gemeint, als ich schrieb: „Warum liegt dir soviel an der Anerkennung von Leuten die nicht mal ihren eigenen Glauben kapiert haben?“

    Die homophoben Moslems biegen sich ihren Glauben nicht anders zurecht als die homophoben Christen. Arschlöcher sind beide.
    Wie schon George Orwell so schön sagte: „As with the Christian religion, the worst advertisment for Socialism is its adherents.“

  11. Adrian 3. April 2013 um 10:15 #

    @ Max Flocke
    „Ich hatte speziell danach gefragt, welche schwerwiegenden Probleme du mit sich als christlich bezeichnenden Leuten hast, die dich nicht akzeptieren.“

    Das kommt darauf an, wie man es definiert. Ich wohne in Berlin, Hier gibt es kaum Christen im religiösen Sinne des Wortes, die mir persönlich das Leben schwer machen könnten. Aber das Konzept der Sündhaftigkeit der Homosexualität macht einem das Leben schwerer als es sein müsste. Nicht nur mir, sondern Homos im Allgemeinen.
    Klar könnte mir das alles völlig egal sein. Ist es aber nicht. Ich interessiere mich nun mal für Fragen nach dem menschlichen Miteinander, nach Fragen von Moral und Ethik. Mich interessieren Meinungen und Menschen. Und ich kann Heuchelei, Bigotterie und Ungerechtigkeiten nicht leiden.

  12. Atacama 3. April 2013 um 12:42 #

    @Blub

    “ “Na und, hier ist die Homo-Ehe nicht gleichberechtigt”“

    So will ich nicht verstanden werden. Ich rede nicht von dem Ist-Zustand. ich rede von dem Zustand den sich bestimmte Gruppen in der Gesellschaft wünschen.
    Und die gibt es auch hier.
    Schaut doch bitte einfach mal rüber nach Osteuropa, an die Schikanen die es in Rußland, Weißrußland und Ukraine gibt da ist das Christentum dominant und christliche Gruppen sind ganz vorne mit dabei wenn es ums Hetzen geht.
    Ich rede nicht von Sachen wie „Eheöffnung“, sondern von Unterdrückung, massiver Diskriminierung, Verfolgung und Angriffe.

  13. Martin 13. April 2013 um 01:41 #

    @ Blub „Wenn man mal die Religionsgründer und die von denen dargelegten Regeln vergleicht, so ist im Christentum doch eine signifikant humane und friedliche Message drin. Bei aller Abgründe von fast 2000 Jahren Staatsreligionswese“

    Das sehe ich ehrlich gesagt nicht so. Als ich die Bibel das erste mal durchgelesen habe dachte ich mir dreht sich der Magen um. Wenn dieses Buch heute als Basis einer neuen Religion rauskäme wäre das Geschrei über all den Mord und Totschlag und das Wesen der angebeteten Gottheit grenzenlos.

    Z.B. die Sodom und Gomorra Sache bei der Lot dem Mob seine Töchter zur Vergewaltigung anstelle der Engel anbietet und das von Gott als rechtschaffen befunden wird (der Mob bekommt die Töchter). Oder die Sache bei der man sein aufmüpfiges Kind an den Rand der Stadt bringen und töten soll. Es ist nicht so das „du sollst nicht töten“ tatsächlich „du sollst nicht töten“ heisst, es heisst vielmehr „du sollst nicht ausserhalb der dir auferlegten Regeln töten“.

    Klar, da kommt oft der Einwand das das ja das alte Testament ist, Jesus hat das alles abgeschafft. Nur das Jesus im neuen Testament sagt: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.“

    Leute wie die Phelps Sippe sind unter denen die behaupten nach der Bibel zu leben noch die, die der Sache am nächsten kommen.

    Das was das Christentum heute ist, ist es nicht aus eigener Kraft oder aus eigenem Willen geworden, sondern durch notwendige Anpassung in einer zunemend sekularen Welt in der eine barbarische Blutreligion keinen Platz mehr hatte. Wenn es einen Christlichen Gottesstaat vergleichbar der islamischen Gottesstaaten gäbe, dann würden die sich nicht viel nehmen.

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