Eine Mitgliederversammlung des KLuST (Kölner Lesben- und Schwulentag), hat beschlossen, „Pro Köln“ von der diesjährigen CSD-Parade auszuschließen. In einer Erklärung heißt es zur Begründung:
Der ColognePride ist ein Festival der Emanzipation, eine Ausdrucksform und Gestaltung unseres Menschseins in all ihrem Reichtum und ihrer Vielfalt und eine Demonstration für Gleichberechtigung und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. Die im KLuST versammelten Vereine, Gruppen und Einzelmitglieder verbinden mit dem CSD Köln gemeinsame Werte, die auch während der Parade zum Ausdruck kommen. Wir treten ein für einen weltoffenen, die Menschenwürde respektierenden CSD. Wir geben ein Beispiel für Respekt, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und Toleranz. Wir stehen für ein gleichberechtigtes Miteinander der verschiedensten Lebensentwürfe, soweit sie auf gegenseitiger Akzeptanz und gegenseitigem Respekt vor- und füreinander beruhen.
Warum nun soll „Pro Köln“ nicht an der Parade teilnehmen?
Die Entstehungsgeschichte, ihre vergangenen und aktuellen Aktivitäten und ihre Motive, zuletzt erklärt im Rahmen ihrer Pressekonferenz am 31. Mai 2013, machen deutlich: Pro Köln steht im absolutem Widerspruch zu den Zielen und den Grundwerten des Kölner Lesben- und Schwulentag e.V. und der CSD-Parade – verdeutlicht durch die Vereinssatzung, der kommunalpolitischen Erklärung von 2004 und der CSD-Charta von 2009 – sowie der gesamten Stonewall-Bewegung.
Bei besagter Pressekonferenz erklärte Michael Gabler für „Pro Köln“:
Wen wollen wir? Wollen wir die Muslime oder wollen wir die Homosexuellen bei uns haben? Beides zusammen, das wird nicht funktionieren.
Für „Pro Köln“ mag das zweifelsohne stimmen, dort sind Moslems unerwünscht. Und Schwule nützliche Idioten. Doch kurioserweise richtete Gabler seine Frage an
die linken Parteien
– dabei müssen die sich die Frage eben nicht stellen. Schließlich ist es dort wie überall sonst in einer offenen Gesellschaft selbstverständlich, dass Moslems und Christen, Juden wie Atheisten, Lesben und Heteras wie Menschen anderer sexueller oder geschlechtlicher Identität gemeinsam Gesellschaft gestalten. Da gibt es kein „entweder – oder“, nur ein Miteinander. In der KLuST-Erklärung heißt es weiter:
Pro Köln verfolgt nicht unsere Forderung nach einer rechtlichen Gleichstellung von Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle. Pro Köln will mit aggressiver Propaganda Aufmerksamkeit und Gegenproteste hervorrufen und sich anschließend als Opfer von Meinungsdiktatur und Politischer Correctness inszenieren. Pro Köln möchte unsere Parade instrumentalisieren, unsere Community Spalten und Minderheiten gegeneinander aufhetzen.
Weshalb man sich für einen Ausschluß entschieden hat:
Wir brauchen keine rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Gruppierungen im Kampf gegen Homo- und Transphobie und wollen mit ihnen keinen Dialog auf Augenhöhe führen. Denn wer Rechtsextreme als Gäste toleriert, macht sie zum normalen Bestandteil der politischen Meinungsvielfalt. Dort aber gehören sie nicht hin.
Wieso? Weil jede Entscheidung für einen Diskurs mit Nazis eine Entscheidung gegen die von ihnen zu Gegnern Erklärten ist:
Wer mit den Rechtsextremen diskutiert, schließt die Opfer der Nazis und Neonazis und ihrer Ideologie aus. Diese aber brauchen unsere uneingeschränkte Solidarität und unsere Unterstützung.
Spannend wird es im Folgenden. Offensichtlich ist man sich beim KLuST nicht sicher, ob ein „Pro Köln“-Ausschluß juristisch haltbar ist. Trotzdem hat man sich für diesen Weg entschieden:
Auch wenn die Gesetze und die Rechtsprechung in Bezug auf einen Ausschluss von Pro Köln vermutlich nicht eindeutig auf unserer Seite sind, halten wir diesen Schritt, aufbauend auf das oben genannte Wertefundament, für folgerichtig und unerlässlich. Wir zeigen unseren lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, intersexuellen und heterosexuellen Freundinnen und Freunden mit Migrationshintergrund unseren uneingeschränkten Schulterschluss. Wir zeigen, dass in unseren Reihen kein Platz ist für populistische, extremistische und antidemokratische, rassistische, nationalistische, antisemitische, antiislamistische, frauenverachtende und gewaltverherrlichende Anschauungen und Darstellungen. Und wir zeigen, dass der ColognePride und der CSD Köln auch für rechtspopulistische Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle keine Toleranz übrig hat. Keine Toleranz für Intoleranz!
Eine klare Kante gegen die Teilnahme von Menschen, die die Werte, für die man an diesem Tag auf die Straße geht, regelmäßig mit Füßen treten. Warum hier allerdings „antiislamistisch“ steht statt „antiislamisch“, ist mir nicht nachvollziehbar. Ich nehme nicht an, dass der KLuST damit zum Ausdruck bringen will, dass man Islamisten für diskursfähig hält und hoffe, dass es sich hier nur um eine ungenaue Formulierung handelt.
Markus Danuser, bis vor kurzem selbst noch im KLuST-Vorstand, hält die Ausschluß-Begründung für gefährlich:
Dieses Jahr Ausschluss von ProKöln. Tosender Jubel, Rechtsradikale beim CSD braucht kein Mensch. Nächstes Jahr vielleicht dann doch die CDU, wie es die Berliner schon dieses Jahr versuchen? Oder eine Bareback-Porno-Produktion, wie ebenfalls vor Jahren schon einmal diskutiert? Und was ist eigentlich mit den vielen SM-Gruppen, die für Einige mit ihrem Auftritt schon lange zu weit gehen, wäre das nicht auch einen Ausschluss-Versuch wert?
Ich kann die Bedenken von Danuser grundsätzlich nachvollziehen, wir haben auch hier immer wieder auf bedenkliche Ausschlußversuche bei CSDs hingewiesen:
Warum sollen in diesen Tagen nicht alle die Stonewall gedenken, die das tun möchten? Und warum sollen sie es nicht gemeinsam tun? Sicher gibt es unter den Beteiligten stets Sympathische und Unsympathische. Wer mag, kann ja Flugblätter verteilen oder Plakate hochhalten, in denen die jeweils nicht Genehmen gedisst werden. Aber fällt eigentlich niemand auf, dass die politischsten Diskussionen im Zusammenhang der CSDs in den vergangenen Jahren fast immer darum gingen, wer dieses Mal auszuschließen ist? Sei es 2011 in München, wo die Männer schon aus dem Namen der Veranstaltung getilgt werden sollten, 2010, als man sich in Köln über Deutschlandfahnen auf der CSD-Parade erschreckte, in Madrid an Juden beim CSD störte und in Toronto an denen, die die Juden nicht mögen und in Berlin versuchte, die Parade zu einem Aufmarsch der Friedensbewegung umzufunktionieren oder 2007, als Transsexuelle an der Kölner Parade nicht teilnehmen durften, weil sie im falschen Etablissement beschäftigt waren.
Bei all diesen Beispielen handelt es sich in der Regel um Menschen und Gruppen, denen der CSD ein Herzensanliegen ist und die Erinnerung an Stonewall eine Mahnung daran, dass wir nicht fertig sind mit unserem Kampf für sexuelle Gleichberechtigung in einer offenen Gesellschaft. Der entscheidende Unterschied zu der angekündigten Teilnahme von „Pro Köln“ ist jedoch, dass diese sich selbstredend gar nicht als Teil der LGBTIQ-Community sehen und mit den Zielen von Stonewall schon gar nichts zu tun haben. Vielmehr wollen sie die Parade für ihre politischen Zwecke instrumentalisieren. Und deshalb ist ihr Ausschluß kein Dammbruch, wie Danuser meint.
Beispiel für die Instrumentalisierung gefällig?
Das Motto unseres Wagens wird lauten „Proud to be Kölsch“. Dementsprechend wird der Wagen in den Kölner Farben Rot und Weiß geschmückt sein. Wir sehen uns auch anders als die Anderen, entsprechend werden wir unsere Inhalte präsentieren. Dazu gehört auch, dass wir bestimmte Strömungen im Islam kritisieren, eben die Homosexuellenfeindlichkeit. Dementsprechende Werbemittel werden wir parat haben. Wir wollen dabei auf eine Initiative aus unserer Ratsarbeit aufmerksam machen: Wir haben den Oberbürgermeister per Antrag aufgefordert, sich im Zuge der Städtepartnerstadt mit Istanbul dafür einzusetzen, dass es auch dort einen CSD gibt.
Irritierte Rückfrage an „Pro Köln“-Fraktionsgeschäftsführer Markus Wiener:
Sie wissen, dass es in Istanbul bereits seit Jahren einen CSD gibt…?
Wiener: Der muss aber gut versteckt sein dieser CSD…
Ein kurzer Blick ins Internet gibt da reichlich Auskunft….
Wiener: Das wär mir neu. Dann muss es da eben einen größeren CSD geben.
Das ist also das Resultat, wenn sich Leute über Themen äußern, von denen sie keine Ahnung haben. In welchem politischen Spektrum sich „Pro Köln“ selbst verortet, macht eine weitere Äußerung Wieners deutlich, auch wenn sie in der Form eines Dementis erscheint:
Wir werden auch musikalische Beiträge haben, die unser Motto widergeben. Sprich, es wird kölsche Musik laufen, es werden aber auch Titel dabei sein, die uns inhaltlich präsentieren…
Es gibt ja unzählige Lieder mit bestimmten politischen Aussagen, mit denen wir übereingehen. Also jetzt nicht in die Richtung Rechtsrock, sondern ganz normale Lieder. Auf Anhieb fällt mir jetzt keins ein, das ist noch in der Planung…
Nicht nur auf Anhieb fällt mir da außer Rechtsrock tatsächlich auch nichts Passendes ein. Richtig spannend wird es noch einmal bei dem Versuch von Wiener, das homopolitische Programm der Partei zu skizzieren:
Wir sind als Partei gegen die völlige Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft.
Und bereits damit regelrecht prädestiniert für die Teilnahme an der Parade…
Wir sind auch gegen die finanzielle Förderung der Schwulen und Lesben, weil wir sagen: Sexualität ist Privatsache. Ich brauche auch keine finanzielle Förderung der Heterosexuellen.
Die brauchen auch keine spezielle „Förderung“, weil die ganze heteronormative Gesellschaft im Wesentlichen immer noch eine einzige Förderung der Heterosexuellen ist.
Und was soll das folgende Versprechen bedeuten?
(…) von uns gibt es keine Gefährdung für die eigene Lebensführung an sich.
Angesichts des zuvor postulierten „Sexualität ist Privatsache“, soll das heißen, Schwulsein hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen? Küsse unter Frauen nur hinter verschlossenen Türen? Lederhosen nur im Darkroom? Doch was ist, wenn jemand ander(e)s lebt als die seitens „Pro Köln“ zugestandene Lebensführung an sich? Ist die Nicht-Gefährdung dann schon nicht mehr garantiert?
Was passiert nun, wenn der „Pro Köln“-Ausschluß gerichtlich unterlaufen wird?
„Wenn wir die Rechten mitfahren lassen müssen, dann müssen so viele wie möglich zur Parade kommen, um dagegen zu protestieren“, so ein Vertreter des LSVD. Ausschreitungen, Handgreiflichkeiten, Beschimpfungen, mit all dem sei zu rechnen, aber dies müsse vor allem die Polizei verhindern, so KLuST-Vorstand Pascal Siemens. Der friedliche politische Widerstand sei dann unsere Sache.
Wenn tatsächlich ein Gericht die Teilnahme von „Pro Köln“ an der Parade mit einem Urteil erzwingt, was sollte die Polizei anderes machen, als all ihre staatlicherseits hierfür verliehene Gewalt einzusetzen, zur Verteidigung des grundgesetzlich geschützten Rechts auf Demonstrationsfreiheit? Unsere Parade müssten wir, Schwule und Lesben, Trans*, Inter- und Bisexuelle wie Queers schon selbst verteidigen. 1969 sah das so aus.
“ Schließlich ist es dort wie überall sonst in einer offenen Gesellschaft selbstverständlich, dass Moslems und Christen, Juden wie Atheisten, Lesben und Heteras wie Menschen anderer sexueller oder geschlechtlicher Identität gemeinsam Gesellschaft gestalten. Da gibt es kein “entweder – oder”, nur ein Miteinander.“
In einer moslemischen Gesellschaft gibts kein Miteinander von Heteros und Schwulen, Männer und Frauen.. Das schliesst sich schon gegenseitig aus.
Ihr Homos müsst ja irgendwann die Konsequenzen tragen…
@Basti: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Vol. II:
Ich schrieb – Du zitierst es auch noch – von offenen Gesellschaften, nicht von moslemischen Gesellschaften.