You are not welcome

31 Aug

Nach Adrians humoristischer Betrachtung des PBC-Wahlwerbespots habe ich versucht, mich dem Inhalt ernsthaft auszusetzen. Und das macht keinen Spaß mehr: Die inhaltlich prägenden Bilder von zwei Männern, die ein Mädchen in ihrer Mitte an den Händen halten und mit ihr in Richtung eines Waldes laufen, evozieren den Gedanken an Missbrauch. Konsequent sieht man die zwei Männer nur von hinten, sie bleiben gesichtslos. Die Missbrauchs-Assoziation haben auch andere:

Der Osnabrücker Medienexperte Dr. Thorsten Stegemann fühlt sich bei der Filmsequenz an Märchen der Brüder Grimm erinnert: „Ein blondes Rotkäppchen wird von zwei Männern von einer Wiese in Richtung eines dunklen Waldes gebracht. Der erste Gedanke, der sich aufdrängt,ist, dass es hier um eine Entführung oder um Missbrauch geht.“

Als das Kind dann spricht, ist mein erster Gedanke „was für ein Missbrauch, dieses Kind für die Propaganda gegen Schwule zu benutzen“. Der Medienexperte meint dazu:

Wenn das Kind in die Kamera spreche, wirke es verängstigt. Stegemann: „Es wirkt wie ein Hilfeschrei.“

Skuril finde ich die Äußerungen des PBC-Funktionärs Gervelmeyer, der erklärt:

„Wir sind keine homophobe Partei, und ich bin nicht homophob.“ Der Spot rufe keinesfalls zum Hass auf Schwule auf: „Wir machen lediglich deutlich, dass für uns eine Familie aus Vater, Mutter und Kind besteht.“

Doch wenn man es genau nimmt, macht die Partei an dieser Stelle eben nicht deutlich, woraus für sie eine Familie besteht, sondern woraus für sie eine Familie nicht besteht, nämlich aus zwei Männern und einem Kind. Und was soll das sonst sein als homophob? Wenn die Tatsache, dass statt eines Mannes und einer Frau zwei Männer mit einem Kind Familie leben so eine Aufregung hervorruft, kann man wohl davon ausgehen, dass da jemand Angst vor Homosexuellen hat. Gervelmeyer ist sich nicht einmal zu blöde, Homos in seiner Gemeinde „willkommen“ zu heißen und dieses „willkommen“ im nächsten Satz wieder zurückzunehmen:

Homosexuelle seien auch in seiner Gemeinde, der Lebensquelle, willkommen. Dürfen sie dort auch offen homosexuell leben? „Wir nehmen auch Diebe auf, aber wir können nicht tolerieren, dass sie weiterstehlen.“

Gervelmeyer setzt also Homosexualität mit Diebstahl gleich und will uns ernsthaft zugleich erzählen, er sei nicht homophob. Doch warum eigentlich? Vielleicht wäre man mit einem selbstbewußten Bekenntnis zur Homophobie bei der PBC viel attraktiver, nicht zuletzt für Volker Kauder, der gerade

versichert (hat), dass Homo-Paare das Adoptionsrecht und das Recht auf Eheschließungen nicht erhalten werden, sollte die CDU wieder an die Regierung kommen. „Ein volles Adoptionsrecht kann mit der Union in keiner Koalition vereinbart werden. Darauf können sich Christen, die uns wählen, verlassen“, sagte Kauder, der seit 2005 Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU im Bundestag ist.

Diese Aussage hat allerdings zwei Haken.

Einzige Ausnahme der Regel: eine „Weisung“ des Bundesverfassungsgerichts.

Anders gesagt: Es ist nur eine Frage der Zeit bis das Adoptionsrecht kommt. Und: Was ist mit Christ_innen, die die CDU wählen und für ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare sind? Die kommen in der Weltsicht des Herrn Kauder ebenso wenig vor wie in der der Queer.de-Redaktion. Dabei können Christ_innen schwul sein, lesbisch, trans*, queer, intersexuell oder – hetero. Sicher sind manche von ihnen gegen ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare, doch andere sind dafür. Schade, wenn das von Politiker_innen und Journalist_innen durch eindimensionale Betrachtungen unkenntlich gemacht wird.

5 Antworten zu “You are not welcome”

  1. Adrian 31. August 2013 um 10:11 #

    Also ich hatte keine Assoziation von wegen Missbrauch. Für mich sind es zwei Männer, die mit einem Mädchen an den Händen durch einen Park spazieren.

    • Damien 31. August 2013 um 11:48 #

      @ Adrian: Versuch mal, den Spot aus der Sicht eines potenziellen PBC-Wählers zu sehen.

  2. Namib 31. August 2013 um 13:08 #

    Wollten die einen Missbrauch durch Schwule andeuten, hätten sie kein Mädchen für den Spot genommen.

    • Damien 31. August 2013 um 13:13 #

      Wenn sie einen Jungen genommen hätten, wäre das zu offensichtlich gewesen.

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