Selektiver Antikolonialismus

27 Okt

Das westafrikanische Land Nigeria hat nicht viel, worauf es stolz sein kann. Nun aber wurde endlich ein Grund gefunden:

„Endlich schaffen wir mal etwas“, jubelt Nigerias Internetgemeinde und wirkt ungewohnt stolz auf das eigene Land. Dessen Regierung hat nämlich vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen deutlich gemacht: Nigeria duldet keine Einmischung, wenn es um die Frage von Homosexualität gilt.

Man muss schon ein ziemliches dürres Selbstbewusstsein haben, um seinen Patriotismus ausgerechnet mit der Verfolgung von Schwulen und Lesben zu begründen. Aber immerhin kann man sich so im Nachhinein der Illusion hingeben, noch einmal am antikolonialen Befreiungskampf teilzuhaben:

Doch bei aller Freude ärgert die Nigerianer nun eines: die Einmischung von außen, vor allem aus den USA und Europa. Mehrfach kritisierten die Vereinten Nationen das Gesetz als schlicht unvereinbar mit den Menschenrechten. Die einstige Kolonialmacht Großbritannien drohte sogar zwischenzeitlich damit, einen Teil der finanziellen Hilfe zu streichen.

Viele Nigerianer reagierten auf diese Drohung jedoch gelassen und fanden: Auf das Geld aus Großbritannien können wir auch verzichten. Aber nicht auf unsere Kultur und unsere Traditionen. All das würde sich schließlich nicht damit vereinbaren lassen und wird sogar als eine Art Neokolonialismus empfunden. Mit diesen ganzen Forderungen aus dem Westen würde Nigeria etwas aufgezwungen werden, das doch gar nicht in das Land passe, beklagen sich reihenweise Internetnutzer.

„Kultur“ und „Tradition“ als Deckmäntelchen für die Unterdrückung von Menschen zu benutzen, ist unter repressiven Staaten ja mittlerweile en vogue. Dabei ist es selbstverständlich eine Ausrede. Denn das Internet, welches auch viele Nigerianer verwenden, gehört ebenfall nicht zur „Kultur“ und „Tradition“ des Landes, sondern wurde in den USA erfunden.

Eine Antwort zu “Selektiver Antikolonialismus”

  1. Stefan 30. Oktober 2013 um 13:14 #

    Ich weis gar nicht, was du hast, ist doch ein tolles Land, auf das man uneingeschränkt stolz sein kann 🙂

    http://www.spiegel.de/sport/fussball/nigerian-premier-league-heim-teams-siegen-fast-immer-a-930772.html

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