Heterosexuelle Identitätskrise

17 Jan

Nils Pickert im „European“:

Dabei ist es nicht etwa so, dass die homosexuelle Minderheit, wie gegenwärtig gerne suggeriert wird, sich ohne Notwendigkeit zu ihren sexuellen Präferenzen äußern, obwohl eigentlich niemand mehr groß Aufhebens darum macht. Stattdessen ist es die heterosexuelle Mehrheit, die nicht aufhören kann, über Homosexualität zu reden, zu spekulieren und den Kopf zu schütteln, weil sie Menschen, die ein gleichberechtigter Teil dieser Gesellschaft sein sollten, immer noch dazu benutzt, sich ihrer selbst zu vergewissern.

Weil es nach wie vor und in zunehmendem Maße darum geht, dass die Mehrheit ihre moralische Selbstverortung durch das Ausgrenzen von Minderheiten stabilisiert. Wenn die heterosexuelle Mehrheitsgesellschaft wegen der sozioökonomischen Veränderungen, die sie selber initiiert hat, schon nicht mehr weiß, was genau ihre Identität ausmacht, so weiß sie doch zumindest, dass „die“ nicht so sind wie sie.

Gerade letzterer Satz trifft meines Erachtens den Kern der Problematik. Wie oft musste man in den Kommentardebatten der Berichterstattung um Hitzlsperger lesen, dass das mit der Toleranz den Homos gegenüber ja schön und gut sei, aber dass man nun doch mal wieder über Heteros reden müsse, weil diese schließlich für die Zukunft der Gesellschaft unentbehrlich seien. Und gar nicht so wenige Heteros betonen weiterhin, dass Homosexualität nicht gleichwertig sein kann, weil nur aus der Verbindung von Mann und Frau neues Leben hervorgehen würde.

Das Problem an dieser Ansicht ist nur: Heteros erfüllen diesen Anspruch selbst nur noch in ungenügendem Maße: Sie leben als Single oder in wilder Ehe, sie leisten sich weniger Kinder als zur Aufrechterhaltung der Reproduktion notwendig wäre. Und sie sehen sich einer selbstbewussten Schar homosexueller Freunde, Bekannte und Kollegen gegenüber, die darauf insistieren, an den Segnungen „heterosexueller Institutionen“, wie Ehe und Familie, teilzuhaben, und die für sich in Anspruch nehmen, nicht anders zu sein als Heteros.

Was aber macht Heterosexualität dann noch zu etwas Besonderem?

4 Antworten zu “Heterosexuelle Identitätskrise”

  1. m 17. Januar 2014 um 11:09 #

    Hetero-Bashing.

    Macht das eigentlich Spass? ^^

    • Adrian 17. Januar 2014 um 11:17 #

      @ m
      Das musst Du diejenigen fragen, die Heteros bashen.

  2. keppla 17. Januar 2014 um 15:04 #

    @adrian

    Das hier…

    Stattdessen ist es die heterosexuelle Mehrheit, die nicht aufhören kann, über Homosexualität zu reden, zu spekulieren und den Kopf zu schütteln, weil sie Menschen, die ein gleichberechtigter Teil dieser Gesellschaft sein sollten, immer noch dazu benutzt, sich ihrer selbst zu vergewissern.

    …hat imho schon was von Bashing und Feindbildschüren.

    Der für die heterosexuelle Mehrheit ist Homosexualität keine Neuigkeit.

    Eine ziemlich klare Mehrheit (75% laut http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-02/homo-ehe-befuerworter-umfrage) befürwortet beispielsweise die gleichstellung im Eherecht. Hey, sogar 66% der CDU-Wähler sind laut Artikel dafür.

    Hier setzt jemand ziemlich undifferenziert eine Menge Menschen mit einer (zugegeben recht lauten) Gruppe von Konservativen, Religiösen, Rechten und anderen Spinnern gleich, weil sie die gleichen sexuellen Präferenzen haben.

    Du hast in deinem Blog mit umgekehrten Vorzeichen schon in weniger ein Bashing erkannt.

  3. Bud 25. Januar 2014 um 19:25 #

    Also ich sehe das etwas anders. Die Medienkampagne nach dem Outing Hitzlspergers war nicht mehr als genau das, eine künstlich erzeugte Kampagne. Eine Sau, die durchs Dorf getrieben wurde, wie sie es immer machen, wenn grad nicht genug andere Themen verfügbar sind. Das merkt man ganz einfach daran, daß praktisch jeder, dem sie ein Mikrofon hingehalten haben, im wesentlichen das gleiche gesagt hat, nämlich daß ihn persönlich das überhaupt nicht interessiert, welches Geschlecht das Herz von Hitzlsperger höherschlagen läßt. Am Ende blieb dann nur noch, es auf eine ominöse Fanbase zu schieben, die angeblich so homophob wäre, freilich ohne Belege.

    > > Stattdessen ist es die heterosexuelle Mehrheit, die nicht aufhören kann, über Homosexualität zu reden, [..]

    Das stimmt nicht. Die Scheindebatte wurde allein innerhalb der Medien geführt. Normale Menschen (normal i.S.v. nicht im Medienbetrieb) hat das überhaupt nicht interessiert. Für mich sieht das so aus, als ob sich der feministische Teil des Mediensumpfes mal wieder wichtig machen wollte. Die Feministen benutzen Homosexuelle ja nachwievor für ihre Agenda, damit sie mehr „Opfer“ haben, die sie vermeintlich vertreten können. Die meisten Menschen sind davon freilich genervt. Unabhängig davon, wie tolerant sie wirklich sind, weisen die Menschen den ständigen Vorwurf der Intoleranz zurück. Das ist ganz ähnlich wie mit dem ständigen Vorhalten der deutschen Erbschuld, das nervt die meisten Adressaten ebenso und ist für das Anliegen kontraproduktiv.

    > > Weil es nach wie vor und in zunehmendem Maße darum geht, dass die Mehrheit ihre moralische Selbstverortung durch das Ausgrenzen von Minderheiten stabilisiert. Wenn die heterosexuelle Mehrheitsgesellschaft [..] nicht mehr weiß, was genau ihre Identität ausmacht, so weiß sie doch zumindest, dass „die“ nicht so sind wie sie.

    Dieses Phänomen gibt es auf jeden Fall. Allerdings trifft es heutzutage nicht mehr die Homosexuellen. Wer außer feministischen Kampflesben zieht denn heutzutage noch seine Sexualität zur Identitätsbildung heran? Das ist Unsinn. Wenn wir uns von jemandem abgrenzen, dann in erster Linie von diversen Volksgruppen und Ethnien, also Ausländer im allgemeinen, und in diesem Jahrzehnt vor allem unsere südöstlichen Miteuropäer betreffend. Gerade eben haben wir doch schon wieder eine Zuwanderungsdebatte am laufen.

    > Und gar nicht so wenige Heteros betonen weiterhin, dass Homosexualität nicht gleichwertig sein kann, weil nur aus der Verbindung von Mann und Frau neues Leben hervorgehen würde.

    Also ich weiß nicht, in welchem Kontext hier das Wort „gleichwertig“ zu verstehen ist, aber daß nur der sexuelle Akt zwischen Mann und Frau zu Kindern führt, ist ja wohl Fakt, also laß uns mal realistisch bleiben.

    > Das Problem an dieser Ansicht ist nur: Heteros erfüllen diesen Anspruch selbst nur noch in ungenügendem Maße

    Ja, das ist ein ernstes Problem. Das ist imho die Folge aus zwei Sachverhalten, die aber Hand in Hand gehen, nämlich dem unmenschlichen kapitalistischen Wirtschaftssystem und dem feministischen Terror. Beide Dinge müssen angegangen und überwunden werden. Ich denke, es ist klar, daß das in den nächsten 5 Jahren noch nicht ganz zu schaffen ist.

    > Und sie sehen sich einer selbstbewussten Schar homosexueller Freunde, Bekannte und Kollegen gegenüber, die darauf insistieren, an den Segnungen “heterosexueller Institutionen”, wie Ehe und Familie, teilzuhaben, und die für sich in Anspruch nehmen, nicht anders zu sein als Heteros.

    Das will ich jetzt nicht ausführlich kommentieren. Das würde zu sehr ausufern, und ich hab auch nicht die Zeit, meine Gedanken dazu umfassend darzulegen. Unterm Strich ist meine Meinung: Homo-Ehe ja, Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliuche Paare nein. Kinder brauchen Mutter /und/ Vater für eine gesunde Entwicklung, und ich denke, sie sollten auch ein /Grundrecht/ auf beide Elternteile haben.

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