Damien wollte sich zum Artikel von Matthias Matussek in der „Welt“ nicht weiter äußern. Was ich verstehen kann. Ich für meinen Teil aber, kann nicht anders. Zum ersten Mal gelesen, empfinde ich Matusseks geistigen Erguss als erfrischenden Quell nächtlicher Inspiration:
Für den Schöpfungsauftrag würde es prinzipiell ausreichen, als Mann in einen Becher zu ejakulieren und den Inhalt anschließend in eine fruchtbare Frau zu überführen. Zum Beispiel einer lesbischen Frau, die zusammen mit einer anderen lesbischen Frau ein Kind haben möchte, deren Lebensglück also nicht von einer „Polarität der Geschlechter“ bestimmt ist.
Wenn diese Kirchenleute „Präferenzen“ für den „Normalfall von Ehe und (heterosexueller) Familie“ erkennen ließen, wäre das kaum der Rede wert. Was Kirchenleute aber allzuoft tun ist, Beziehungen, die nicht ihrem Idealbild entsprechen, als defizitär zu bezeichnen. Matussek sollte begreifen, dass es Menschen gibt, die Präferenzen für das gleiche Geschlecht hegen. Daraus muss im Umkehrschluss aber keine Abwertung heterosexueller Beziehungsformen folgen.
Dazu ist nur folgendes zu sagen: Es gibt keinen Widerspruch zwischen Normalität von und Interesse an etwas. Das Mittagessen ist beispielsweise etwas völlig Normales. Dennoch ist es zumindest mir nicht „wurscht“, was es zum Mittagessen gibt. Abgesehen davon, dass niemand die Meinung vertritt, dass jedem alles, was rund um den Sex passiert, „wurscht“ zu sein habe.
Das erinnert mich an meine Schulzeit, in der ich den Aufklärungsunterricht rüde mit der Forderung unterbrochen habe, dass ich, wenn man mich schon mit Heterosexualität indoktriniert, bitte auch etwas über Sadomasochismus lernen möchte…
Mag ja sein, dass in unserer Gesellschaft wenig für Familien getan wird. Aber was haben Homosexuelle damit zu tun?
Sandra Maischbergers Spürsinn lag richtig. Denn wer Homosexuelle toleriert, hat etwas gegen Homosexuelle. Andernfalls bräuchte er sie nicht lediglich zu tolerieren.
Und wie defizitär muss eine Liebe sein, die sich über den Zweck der Fortpflanzung definiert?
Um zu überleben, braucht man keinen Nachwuchs. Weder die sexuelle Anziehungskraft zum anderen Geschlecht, noch Nachwuchs werden verhindern können, dass man vom Auto überfahren, von Grizzlybären gefressen oder an Altersschwäche sterben wird.
Ich lasse mir meine Gedankenfreiheit nicht nehmen, das gehört zu meinem Stolz als Publizist.
Ich lasse mir meine Kritik nicht nehmen, das gehört zu meinem Stolz als Blogger.
Ich weiß, dass ich damit keine Beliebtheitswettbewerbe am katholischen Stammtisch oder in örtlichen Schützenvereinen gewinnen werde,
aber ich habe nach wie vor Reserven, wenn ich im Fernsehen zwei schwule Männer serviert bekomme,
aber ich habe nach wie vor Reserven, wenn ich im Fernsehen ein heterosexuelles Ehepaar serviert bekomme,
die perfekte Eltern sind und völlig normaaaal einen kleinen Jungen adoptiert haben,
die perfekte Eltern sind und völlig normaaaal einen kleinen Jungen adoptiert haben,
oder eine andere Kleine mit ihrer Liebe beschenken, die sie sich über Leihmütter in der Ukraine oder Indien organisiert haben.
Nicht, dass die Veranlagung Sünde wäre – ich glaube, der liebe Gott liebt alle seine Geschöpfe.
Auch ich glaube, dass Gott sein Geschöpf Matussek liebt – zumindest ein wenig.
Und ich glaube an das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, an Sex und an die Liebe.
Wahrscheinlich bin ich homophob wie mein Freund, und das ist auch gut so.
Und ganz sicher finde ich Matusseks Standpunkt hanebüchen. Was auch gut so ist. Weil ich mich andernfalls für mich schämen müsste.
Für den Schöpfungsauftrag würde es prinzipiell ausreichen, als Mann in einen Becher zu ejakulieren und den Inhalt anschließend in eine fruchtbare Frau zu überführen.
Und das dürfte technisch sogar schon zu Abrahams Zeiten grundsätzlich möglich gewesen sein. Möglicherweise mit hygienischen Problemen und geringerer Erfolgswahrscheinlichkeit, aber grundsätzlich verstanden und machbar, bin ich sicher.
Und wie defizitär muss eine Liebe sein, die sich über den Zweck der Fortpflanzung definiert?
Gerade im kirchlichen Bereich gibt es jede Menge Liebe, die sich eben nicht über den Zweck der Fortpflanzung definiert. Die Liebe des Hirten zu seinen Schäfchen oder auch der höheren Hirten zu ihren Untergebenen, Gottes Liebe zu den Menschen, die tätige außerfamiliäre Nächstenliebe, die im christlichen Glauben eine wichtige Rolle einnimmt.
Keine Spur von Fortpflanzung (bzw. die hat sich mit Jesu Geburt erledigt). Aber da würden die kirchlichen Puppen tanzen, wenn jemand diese Sorten Liebe als defizitär zu bezeichnen wagte.
>Denn wer Homosexuelle toleriert, hat etwas gegen Homosexuelle. Andernfalls bräuchte er sie nicht lediglich zu tolerieren.
Diese Folgerung leuchtet mir nicht ein. Warum „lediglich“?
Ich toleriere z.B. viel, was ich nicht nachvollziehen kann. Als Windsurfer toleriere ich Menschen, die Skifahren ganz super finden, ich toleriere Leute, die eine – für mich schnarchlangweilige – Vorstellung von Familie haben, ich toleriere Menschen, die langweilige Dinge sammeln. Usw. usf. Sollen sie doch, wenn sie damit glücklich sind und niemandem schaden.
Das ist wirklich NUR Toleranz. Ich kann es nicht nachvollziehen, was die an ihren Dingen so toll finden, für mich ist manches langweilig, manchmal kommt es mir sogar hirnlos vor.
Nur: Folgt daraus, dass ich etwas gegen die Betreffenden habe oder dass ich insgeheim der Meinung bin „das sollte man verbieten!“?
Ich finde Toleranz in diesem Sinne völlig ausreichend, damit wir uns nicht gegenseitig überfordern. Was will man denn mehr? Das andere Menschen die gleichen Vorlieben haben wie ich? Die gleichen Dinge genau so erleben wie ich? Müssen die von dem, was ich so denke, fühle und mache, begeistert sein?
Mir fehlt also die Angabe, inwiefern die Toleranz so defizitär ist.