Was sind die Wurzeln der Homophobie?

27 Mär

Leser „Rastar“ fragt mich:

In ALLEN Gesellschaften auf diesem Planeten, in denen ein halbwegs vernünftiger oder besser: angemessener Umgang mit Homosexualität anzutreffen ist, hat es vorher – häufig nach einem langwierigen, auch ‘ideologischen’ Bewusstseinswandel – eine weitgehende Gleichberechtigung der Geschlechter gegeben.

In ALLEN Gesellschaften, die traditionell, patriarchalisch und ‘maskulinär’ geprägt sind, ist Homosexualität in der Tendenz ein Gräuel, Verrat, eine moralische Pest, Beleidigung des ‘gesunden Volksempfindens’, ja mithin todeswürdiges Verbrechen. Und dies völlig unabhängig von dem jeweiligen kulturellen Hintergrund – egal ob in Osteuropa, der islamischen Welt, Afrika oder Indien.

Für diesen beeindruckenden, eindeutigen Befund ist durchaus keine besondere Vereinfachung nötig! Hast Du eine Erklärung für diesen Zusammenhang, oder betrachtest Du ihn als rein zufällig?

Meine kurzfristige Antwort darauf, war eher halbherzig und deutlich unbefriedigend – auch für mich persönlich:

Ich würde spontan sagen, dass Männer homopober sind, als Frauen. Das ist allerdings keine besonders gute Erklärung, weil sie letztendlich gar nichts erklärt.
Homophobie ist ein komplexes Phänomen und fußt m. E. auf biologischen Wurzeln mit weitreichender kultureller Ausgestaltung als Krone.

Aber was bedeutet das konkret? Scheint so, als müsste ich mich mit diesen Fragen noch einmal gründlicher befassen:

Was sind die Wurzeln der Homophobie? Warum erzeugt die simple Tatsache, dass Menschen des gleichen Geschlechts romantisch-sexuelle Beziehungen miteinander eingehen, derartig negative Emotionen, die bis zur Strafbarkeit durch Tod reichen? Warum wird Sexualität zwischen Männern durchweg härter bestraft als die zwischen Frauen? Warum sind Männer homophober? Und stimmt das überhaupt?

Die klassische „linke“, „feministische“ Erklärung halte ich für nicht ausreichend, obwohl sie durchaus nicht unüberzeugend ist. Diese lautet ja im Grunde genommen, Schwulenfeindlichkeit sei ein Machtmittel des Patriarchats, sei ein Ausdruck von Frauenfeindlichkeit, indem diejenigen Männer dafür bestraft werden, sich „wie Frauen“, also wie das „minderwertigere“ Geschlecht, zu verhalten.

Aber wäre es nicht ebenso plausibel, dass eine patriarchale, von Männern beherrschte und Frauen verachtende Gesellschaft, die Sexualität unter Männern preisen und fördern müsste, weil es eben jene Sexualität sei, die zwischen Angehörigen des als „höherwertig“ postulierten Geschlechts stattfindet? Wäre es dieser Prämisse zufolge nicht ebenso logisch, dass ein Mann, der mit Frauen sexuelle Beziehungen eingeht, zwar toleriert (immerhin braucht man Frauen zur Fortpfanzung) aber eben belächelt wird, da er eben mit dem als „minderwertig“ postulierten weiblichen Geschlecht verkehrt?

37 Antworten zu “Was sind die Wurzeln der Homophobie?”

  1. Christian - Alles Evolution 27. März 2014 um 06:31 #

    Ich hatte mit ja hier auch schon mal ein paar Gedanken dazu gemacht:http://allesevolution.wordpress.com/2013/10/21/evolutionare-wurzeln-der-homophobie/

    Ich könnte mit vorstellen, das gerade konservative Gesellschaften intrasexuelle Konkurrenz stark betonen und dabei eben alle Merkmale, die in einem Wettbewerb um Frauen interessant sind. Homosexualität wird dann in diesen Zusammenhang mit weiblichen verhalten verbunden, also als etwas, was einen in dieser Konkurrenz zurück wirft.

  2. Andreas 27. März 2014 um 07:19 #

    Wir hatten das Thema schon einmal.

    Das, was als Homophobie bezeichnet wird, ist keine Phobie (Angsstörung).

    Die Abwehrhaltung gegenüber Sex unter Männern ist ein Teil der männlichen Heterosexualität, sonst wäre sie keine. Was den toleranten von dem schwulenfeindlichen Hetero unterscheidet, ist lediglich, dass Letzterer aus seinem Impuls im Wege einer Post-hoc-Rationalisierung eine Gesinnung daraus macht, Ersterer seinen Impuls verpuffen lässt.

    Da, wo männliche Homosexualität weitgehend unsichtbar ist, gibt es dementsprechend auch sehr wenig Schwulenfeindlichkeit, da der Initialimpuls zu der auf der Wahrnehmung derselben, nicht aber auf einer Gesinnung, beruht.

    Dazu passend ist in männerdominierten Gesellschaften eine männliche Homosexualität ablehende Strömung stärker, weil dort männliche Tendenzen, die stets zu ca. 90 % männlich heterosexuelle Tendenzen sind, stärker zum tragen kommen, also auch der schwulenablehende Teil unter ihnen.

    Gegenüber der weiblichen Homosexualität gibt es keinen Spontan-Impuls aus der männlichen Heterosexualität heraus, da sexuelle Anziehung gegenüber Frauen mit dieser übereinstimmend ist.

    Was die Haltung von Heteras gegenüber Homosexualität betrifft:

    Frauen sind sehr viel stärker von adaptiven Verhalten geprägt als Männer. Sie geben viel eher polit-korrekte Aussagen wieder, ohne sie innerlich zu teilen. Dies in der Öffentlichkeit, privat verhält es sich oft anders.

    Gegenüber der männlichen Homosexualität sind Heteras aus ihrer eigenen Sexualität heraus indifferent. Also habe ich bei den Frauen, mit denen ich etwas hatte, nicht selten eine Verachtung gegenüber Schwulen dahingehend beobachtet, dergestalt: der könne mich ja gar nicht bedienen, d.h. mir nicht sexuell nützlich sein.

    Gegenüber weiblicher Homosexualität äußern Heteras sehr häufig Ekelgefühle ganz analog Heteros gegenüber männlicher Homosexualität.

    Der Anteil bisexueller Frauen ist höher als der bisexueller Männer. Bei bisexuellen Frauen ist eine Ablehnung der weiblichen Homosexualität per se nicht gegeben. Beides zusammen trägt auch dazu bei, dass bei als weniger ablehend bezüglich Homosexualität wahrgenommen werden.

    Schließlich: Eine Frau fragt nie, ob etwas generell richtig oder falsch ist. In diesen Kategorien denkt sie gar nicht. Sie fragt vielmehr, ist etwas für mich förderlich oder schädlich. Die männliche Homosexualität ist für sie einfach die abgwandte Seite des Mondes. Die Toleranz beruht also auf Interesselosigkeit und Indifferenz.

    Wer die Probe aufs Exempel machen will, höre aus den Heteras ihre Einstellung zur männlichen Bisexualität heraus! Da sind für sie ihre eigenen Interessen im Spiel.

    Also es hat wenig mit Machtstrukturen und viel mit der Eigentümlichkeit der Sexualität an sich zu tun. Das, was als Homophobie bezeichnet wird, lässt sich nur dimmen, herunterregeln, nicht wegaufklären.

  3. 1falt 27. März 2014 um 08:15 #

    Mit dem letzten Absatz beschreibst Du ziemlich exakt, was die griechische Antike unter platonischer Liebe verstand … http://de.wikipedia.org/wiki/Platonische_Liebe

  4. m 27. März 2014 um 08:59 #

    Achtung, Wie wäre es so:

    Homosexualität bedeutet, dass Männer ihrer angestammten Aufgabe, nämlich der Versorgung und Prioisierung von Frauen und Kindern nicht nachkommen, sie so ihre Resourcen „verschwenden“ und daher das überleben des Stammes, Volkes, whatever schwächen oder sogar gefährden. Eat this, Feminism! 😉

    (Das hakt natürlich denn es blendet lesbische Beziehungen zwischen dem als wertvoller betrachtetem Geschlecht Frau aus, welche weit weniger sanktioniert werden, aber nun. Discuss.)

  5. quellwerk 27. März 2014 um 10:32 #

    Ohne mich mit dieser Frage theoretisch befasst zu haben, greife ich mal auf meine persönliche Erfahrung zurück und zwar aus der pubertären Zeit: die erwachende sexuelle Ausrichtung auf die Frau ist bei bei nicht wenigen Jungen ein risikoreiches Unterfangen. Immerhin steckt in der sexuellen Attraktion zur Frau notwendig eine vorherige Abgrenzung vom anderen Geschlecht. Diese Abgrenzung kann scheitern. Daher ist meine These, dass Homophobie eher von denen gepflegt wird, die Brüche in der eigenen Identitätsbildung aufweisen und Homosexualität als provokante Erinnerung am eigenen Scheitern empfinden. Diese Abneigung ist umso größer, je patriachaler die Gesellschaft, weil die dort vorgeschlagene männliche Identität so eindeutig ist und das eigene Scheitern noch deutlicher hervortreten lässt.

  6. keppla 27. März 2014 um 10:59 #

    Gibt’s außer der Behauptung irgendeinen Beleg für die Behauptungen?

    In ALLEN Gesellschaften auf diesem Planeten, in denen ein halbwegs vernünftiger oder besser: angemessener Umgang mit Homosexualität anzutreffen ist, hat es vorher – häufig nach einem langwierigen, auch ‘ideologischen’ Bewusstseinswandel – eine weitgehende Gleichberechtigung der Geschlechter gegeben.

    Da fallen sofort das antike Rom, das antike Griechenland und das feudale Japan als gegenbeispiele ein, in denen Homosexualität soazial akzeptiert war, aber eine gleichberechtigung mal gar nicht gegeben war.

    In ALLEN Gesellschaften, die traditionell, patriarchalisch und ‘maskulinär’ geprägt sind, ist Homosexualität in der Tendenz ein Gräuel,

    Patriarchalischer als in Rom geht’s eigentlich kaum, oder?

    Mein Eindruck ist, dass sich diese Behauptungen halt leicht aufstellen lassen, und schnell geglaubt werden, weil sie das „Männer sind Böse“-Mem bedienen, aber sich nicht notwendigerweise mit der Realität decken.

    Die jüngere Entwicklung würde ich eher dem Erfolg einer Liberaleren Weltsicht zuschreiben (die wir so den Frauen nicht verdanken, die sind Afaik im Schnitt konservativer, zumindest was Wahlen angeht. Lass ich auch mal so ohne Quelle stehen 😉 ), deren Effekt sowohl die größere Gleichberechtigung, als auch die größere Sexuelle Freiheit ist.

  7. Adrian 27. März 2014 um 11:07 #

    @ Christian
    Ja, intrasexuelle Konkurrenz spielt da wohl mit rein. Es ist nicht förderlich für einen Hetero-Mann, für schwul gehalten zu werden.

    @ Andreas
    Ohne das belegen zu können: Das Ekelgefühl gegenüber gleichgeschlechtlichem Sex halte ich für weitgehend kulturell bedingt. Ich habe auch keinen Ekel vor Frauen oder vor Sex mit Frauen, und es gibt Kulturen, in denen Männer weitaus intimer miteinander umgehen, ohne homosexuell zu sein.
    Ich denke es wird da auch weniger echter Ekel geäußert, es ist für Heteros erst einmal eine völlig femde Vorstellung, da sie sich im Grunde ja nie mit dem Gedanken an Homo-Sex auseinandersetzen müssen. Analoges gilt für Homos dagegen nicht.

    @ m
    „Homosexualität bedeutet, dass Männer ihrer angestammten Aufgabe, nämlich der Versorgung und Prioisierung von Frauen und Kindern nicht nachkommen, sie so ihre Resourcen „verschwenden“ und daher das überleben des Stammes, Volkes, whatever schwächen oder sogar gefährden.“

    Das halte ich gar nicht für so weit hergeholt. Es passt zu den oftmals gehörten Äußerungen, die Homosexualität mit einem Verfall der Familie und niedrigen Geburtenraten eins in eins setzen.

    @ quellwerk
    „Daher ist meine These, dass Homophobie eher von denen gepflegt wird, die Brüche in der eigenen Identitätsbildung aufweisen und Homosexualität als provokante Erinnerung am eigenen Scheitern empfinden.“

    Auch das ist plausibel und deckt sich mit Beobachtungen aus der Realität.

  8. keppla 27. März 2014 um 11:33 #

    Mal andersherum gedacht: ist Homosexualität vielleicht gerade weil es *nicht* kulturell bedingt ist, so oft ziel von Diskriminierung?

    Dadurch, dass Homosexualität angeboren ist, und man an der Häufigkeit nichts ändern kann, sind Homosexuelle immer eine Minderheit, wie Rothaarige oder Albinos.

    Eine echte Lobby zu kriegen ist schwer, weil man halt keinen zum Albino oder Homosexuellen machen kann, und weil man selbst so relativ selten ist.
    Ausserdem ist (Homo)sexualität nicht wirklich Identitätsstiftend. Wenn man mich fragt: „Was bist du?“ würde wohl erst sehr spät „Hetero“ auftauchen, vmtl noch nach Dingen wie „Informatiker“, „Liberal“, etc und ich haben nicht den Eindruck, dass das bei Homosexualität anders ist. Man hat nicht notwendigerweise was gemeinsam, nur weil man die gleichen Sexuellen Präferenzen hat, was wiederum die Lobby erschwert.

    Man ist also erstmal eine unorganisierte Minderheit, die anders ist.

    Dass „anders“ als positiv wahrgenommen wird, kommt manchmal vor, ist aber eher selten, und wenn die Gesellschaft sich dazu eine Meinung gebildet hat, ist die erstmal Träge. Wenn man guckt, wie viele der Diskriminierenden sich auf eine Textsammlung von Hirten aus der Bronzezeit berufen, sieht mal mal, WIE träge.

    Ohne Biologische Erklärungen ausschließen zu wollen, aber für mich sieht die Diskriminierungssituation eigentlich nach genau dem aus, mit dem man Rechnen sollte, wenn man davon ausgeht, dass Menschen im Schnitt nicht gerade auf Abweichung stehen, und Gruppendenken betreiben.

  9. Christian - Alles Evolution 27. März 2014 um 11:52 #

    @quellwerk

    „Diese Abneigung ist umso größer, je patriachaler die Gesellschaft, weil die dort vorgeschlagene männliche Identität so eindeutig ist und das eigene Scheitern noch deutlicher hervortreten lässt.“

    Das passt ja auch ganz gut mit meiner Theorie zusammen bzw. ergänzt sie

  10. Atacama 27. März 2014 um 12:42 #

    Ich denke, es liegt an monotheistischen Religionen.
    Vorher war das nach allem was man weiss nicht so das Problem. Dass man sich in der Steinzeit darum Gedanken gemacht hat, kann ich mir auch nicht vorstellen.
    Mehr eine kulturelle als eine biologische Sache, meiner Meinung nach.

    @Andreas

    Wir hatten das Thema schon einmal.

    Das, was als Homophobie bezeichnet wird, ist keine Phobie (Angsstörung).

    Die Abwehrhaltung gegenüber Sex unter Männern ist ein Teil der männlichen Heterosexualität, sonst wäre sie keine“
    Du denkst, männliche Heterosexualität definiert sich durch etwas Negatives (negativ in dem Fall nicht wertend gemeint), also den Ausschluss von Männern? „Männliche Heterosexualität = Männer NICHT mögen“ und nicht „Männliche Heterosexualität = Frauen mögen“?

    „Was die Haltung von Heteras gegenüber Homosexualität betrifft:

    Frauen sind sehr viel stärker von adaptiven Verhalten geprägt als Männer. Sie geben viel eher polit-korrekte Aussagen wieder, ohne sie innerlich zu teilen. Dies in der Öffentlichkeit, privat verhält es sich oft anders.“

    Nicht verallgemeinerbar. Bei vielen Frauen liegt nämlich eine starke Sympathie gegenüber schwulen Männern (oder dem was man dafür hält) vor, die über bloßes Nachplappern von Zeitgeist weit hinausgeht.
    Dann gibt es den Bereich „Slash“ wo prominente oder Fiktive männliche Personen miteinander verkuppelt werden, angefangen hat das wohl bei Kirk und Mr.Spock. Autorinnen solcher Geschichten sind ebenfalls meistens Frauen, ich bemerke dieses Phänomen seit meiner Pubertät.
    So wie auch Romantik- und Manga Genres die fast ausschliesslich von Frauen kreiert und konsumiert werden.
    Das glaubt doch kein Mensch, dass solche Rosamunde-Pilcher-Romantikschinken für Männer gedacht sind.

    Das Verhältnis Frauen + Schwule kann nicht allein auf „Die Frauen tun halt was man ihnen sagt“ heruntergebrochen werden.

    m 27. März 2014 um 08:59 #

    Achtung, Wie wäre es so:

    „Homosexualität bedeutet, dass Männer ihrer angestammten Aufgabe, nämlich der Versorgung und Prioisierung von Frauen und Kindern nicht nachkommen, sie so ihre Resourcen „verschwenden“ und daher das überleben des Stammes, Volkes, whatever schwächen oder sogar gefährden. Eat this, Feminism! ;)“

    Macht aber insofern keinen Sinn, als dass es 1. völlig „normal“ ist, dass nicht jeder Mann sondern nur wenige sich fortpflanzen, ob homo oder nicht und 2. gefährdet es das Überleben eines Stammes nicht. 2 Jäger die sich nicht fortpflanzen, können ja trotzdem etwas für den Stamm beitragen, zum Beispiel durch Jagdaktivitäten oder sonstige hilfreiche Tätigkeiten. Wer sagt denn, dass die ihre Ressourcen verschwenden?
    Wenn überhaupt, verschwenden sie ihre Gene, wenn sie sich nicht fortpflanzen. Aber das sollte bei intrasexueller Konkurrenz doch eigentlich kein Thema sein, sondern eher wohlwollend betrachtet werden.
    Jeder der etwas von Biologie versteht, weiss doch ausserdem, dass „Möglichst viel Fortpflanzung“ nicht erstrebenswert ist, sondern früher oder später zu einem Zusammenbruch und einer drastischen reduzierung der Pupolation führt, entweder durch Hunger oder durch Ausbreiten von Seuchen. Wäre das anders, müsste Mali das erfolgreichste Land des Planeten sein, da die durchschnittliche Kinderzahl dort bei 7 liegt.

    @quellwerk

    “ Immerhin steckt in der sexuellen Attraktion zur Frau notwendig eine vorherige Abgrenzung vom anderen Geschlecht. Diese Abgrenzung kann scheitern. Daher ist meine These, dass Homophobie eher von denen gepflegt wird, die Brüche in der eigenen Identitätsbildung aufweisen und Homosexualität als provokante Erinnerung am eigenen Scheitern empfinden. Diese Abneigung ist umso größer, je patriachaler die Gesellschaft, weil die dort vorgeschlagene männliche Identität so eindeutig ist und das eigene Scheitern noch deutlicher hervortreten lässt.“

    Kannst du das näher ausführen?
    Was meinst du mit Abgrenzung, was meinst du mit Scheitern und wo ist der kausale Zusammenhang zu Homosexualität?

    „Ohne Biologische Erklärungen ausschließen zu wollen, aber für mich sieht die Diskriminierungssituation eigentlich nach genau dem aus, mit dem man Rechnen sollte, wenn man davon ausgeht, dass Menschen im Schnitt nicht gerade auf Abweichung stehen, und Gruppendenken betreiben.“

    Was eigentlich schade ist, weil nur Abweichler (in welchem Bereich auch immer) für Fortschritt sorgen.

  11. Seitenblick 27. März 2014 um 13:13 #

    >Homophobie ist ein komplexes Phänomen

    Ja. Ich vermute, wir haben bei der Einstufung des homosexuellen Begehrens wieder mal ein Motivbündel, weil verschiedene Gruppen an der negativen Wertung beteiligt sein können.

    Nehmen wir mal diesen Punkt:
    >Warum wird Sexualität zwischen Männern durchweg härter bestraft als die zwischen Frauen?

    Das Verbot könnte den Hintergrund haben, dass hier etwas angetastet wird, auf das man sich gerne bei Männern verlassen will:

    Wenn Männer historisch bsw. für die Verteidigung herangezogen wurden/werden und auf der Feindesseite auch Männer stehen, die sie gegebenenfalls töten sollen, dann erscheint jemand, der Männer begehrt, als möglicherweise unzuverlässig. Seine Ausrichtung könnte dazwischenfunken, wenn man ihn für diese Funktion einplant. Aber auch intern, in der eigenen Streitmacht: Es könnten Gefühle auftauchen, die die eigene Truppe irritieren und sie damit schwächen. Im Feld will man Killer, nicht Menschen, die Liebesobjekte um sich herum haben. Die sollen wenn schon, dann weit weg sein, als Motivation, besser zu kämpfen, um zurückzukommen.

    Noch mal anders steht es bei der Ablehnung durch manche Männer: Ich glaube, es gibt – ganz grob – zwei Gruppen von Männern, die sich in ihrer Einstellung zu den gesellschaftlich geforderten Eigenschaften von Männern unterscheiden: Die, die sich nicht daran stoßen, sondern das vorherrschende Männerbild für sich ausfüllen und akzeptieren. Und die, die die Ambivalenz dieses Bildes sehen (Bsp: Wer von einer Ernährerfalle redet, sieht für sich Nachteile in den Anforderungen).

    Die erste Gruppe akzeptiert die Forderung, dass ein Mann über bestimmte Eigenschaften identifiziert wird, und zwar nicht nur äußerliche. Dazu gehört für ihn auch die männliche Begehrensstruktur. Gepuscht wird die dadurch, dass sie über die Fortpflanzung, gesellschaftserhaltend ist.
    Für diese Gruppe ist die Irritation größer als die Erleichterung „Hey, der ist für mich bei Frau xy also kein Konkurrent.“ Außerdem wird die Eindeutigkeit („Männer stehen auf Frauen“) durch die Existenz von Schwulen angetastet, und manche Menschen brauchen sehr viel Eindeutigkeit.

    Aber auch bei Frauen ist das Verhältnis nicht so simpel: Die normale Kommunikationssituation zwischen ihnen und den Männern, bei der ein bestimmtes Verhalten als Ausdruck der Anerkennung als prinzipiell erotisches Wesen erwartet wird, ist bei einem schwulen Gegenüber aufgehoben. Das kann in manchen Fällen entlastend wirken, aber es beinhaltet auch einen Machtverlust: Wenn jemand nichts von mir will, habe ich schlechtere Karten, wenn ich etwas will.

    Das Ganze ist also in der Tat eine komplexe Kiste …

  12. Atacama 27. März 2014 um 13:25 #

    http://www.fanfiktion.de/s/503d3045000227950c905dc0/1/Phaenomen-Slash-ein-subjektiver-Deutungsversuch

    http://www.fanfiktion.de/s/460953ee00002b900c9061a8/1/Slash-Aber-bitte-mit-Sahnehaeubchen-und-Kirsche-

    Ich finde, dieses Phänomen wurde bisher viel zu wenig untersucht obwohl es durchaus verbreitet ist. Könnt ihr das nicht mal ansprechen?

    Und ich bin überzeugt, dass mann/männliche Sexualität von vielen Frauen ähnlich anziehend gefunden wird, wie weiblich/weibliche von vielen Männern (oder die verzerrte Vorstellung davon), nur im Schnitt halt „anders“.

    Zumindest kann man solche Sachen wie Slash, Yaoi, und Gay-Romance nicht als völlig irrelevante Randerscheinung abtun oder als Produkt einer Anpassung an political Correctness, die ungefähr so häufig vorkommt wie siamesische Zwillinge.

    Jedenfalls beobachte ich bei vielen Frauen auch positiven Sexismus gegenüber schwulen Männern. Es werden ihnen alle möglichen optischen und verhaltensmäßigen Eigenschaften angedichtet, die sie zu etwas besonders tollem machen sollen, selbst wenn garkein Schwuler anwesend ist, dem man irgendwie Honig um den Bart schmieren müsste.

    Und dann ist da doch noch das Phänomen „Gaby“, also platonische Freundin eines schwulen Mannes, was es andersherum (Hetero-Mann mit lesbischer bester Freundin oder dem Drang nach einer solchen) irgendwie nicht so gibt.
    Das können doch keine Zufälle sein.

  13. martin 27. März 2014 um 13:59 #

    @ Atacama:

    „Macht aber insofern keinen Sinn, als dass es 1. völlig “normal” ist, dass nicht jeder Mann sondern nur wenige sich fortpflanzen, ob homo oder nicht und 2. gefährdet es das Überleben eines Stammes nicht. 2 Jäger die sich nicht fortpflanzen, können ja trotzdem etwas für den Stamm beitragen, zum Beispiel durch Jagdaktivitäten oder sonstige hilfreiche Tätigkeiten. Wer sagt denn, dass die ihre Ressourcen verschwenden?“

    Dem würde ich entgegenhalten, dass wir (1) vielleicht nicht von kleinen Gruppen ausgehen sollten, sondern von größeren Gemeinschaften, in denen die Abneigung gegenüber Dritten nicht durch eine persönliche Nähe aufgefangen werden kann, und dass es (2) sehr wohl einen Unterschied macht, ob sich ein Mann aus einer Laune der Natur heraus einfach nur nicht fortpflanzt oder ob er sich diese Aufgabe gewissermaßen ausdrücklich und von vornherein verweigert.
    Ich glaube, man muss zwei Aspekte unterscheiden: Inwieweit gleichgeschlechtliche (mann-männliche) Sexualität gesellschaftlich toleriert wird, ist wahrscheinlich in hohem Maße von kulturellen Umständen abhängig, aber es ist eine ganz andere Frage als die nach der Akzeptanz schwuler Partnerschaften als heterosexuellen Partnerschaften gleichberechtigter Lebensentwürfe. Bei aller Toleranz für Homosexualität im antiken Griechenland wäre dort doch niemand auf die Idee gekommen, die Beziehung zwischen einem älteren Mann und einem Knaben als der von Mann und Frau entsprechend zu empfinden. Deshalb würde ich doch den Gedanke unterstreichen wollen, dass Homophobie in einem Widerwillen oder gar einer Form von Neid heterosexueller Männer wurzelt, die es als unerträglich empfinden, dass andere Männer sich der (empfundenen) gesellschaftlichen Verpflichtung zur Reproduktion der Gesellschaft in der Beziehung von Mann und Frau verweigern.
    Ich glaube übrigens auch nicht, dass es an den monotheistischen Religionen liegt. Der Monotheismus mag vielleicht im Unterschied zum Polytheismus Intoleranzen verschärft haben. Aber warum sollte die Vorstellung, dass Homosexualität verwerflich sei, aus dem Monotheismus hervorgehen? Ich kann da keinen Zusammenhang erkennen. Homophobie war als kulturelles Potenzial vielmehr vorher schon vorhanden – und zwar weil sie auf einer empfundenen Asymmetrie von Heterosexualität und Homosexualität beruht. Das homophobe Bewusstsein ist ein Bewusstsein eigener Zurücksetzung, das dem homosexuellen Anderen eine ungerechtfertigte Besserstellung zuschreibt. Wenn man sich in der Steinzeit tatsächlich keine Gedanken über Homosexualität gemacht haben sollte, dann doch eher deshalb, weil es dort keine abstrakten Gesellschaften – keinen abstrakten Anderen – gab. Umgekehrt dürfen wir aber nicht so tun, als ob Homosexualität bei polytheistischen Völkern akzeptiert gewesen wäre – jedenfalls nicht in unserem Sinne. Natürlich gab es im antiken Griechenland Homosexualität, aber akzeptiert war sie nur in ganz engen Grenzen – und sie war natürlich keine gleichberechtigte Alternative zur heterosexuellen Ehe.

  14. quellwerk 27. März 2014 um 17:35 #

    @Atacama
    Wie du schon treffend zu @m ausgeführt hast, ist ein Erklärungsversuch der Homophobie, welcher eine gesellschaftliche Kosten-/Nutzenrechnung verwendet, nicht rational, da der gesellschaftliche Input Homosexueller beachtlich ist.
    Ich glaube, dass in Wettbewerbsgesellschaften, deren Aufgaben nur lösbar scheinen, wenn die männlichen Hauptakteure mutig, selbstbestimmt, aufopferungsbereit, leidensfähig, rational usw sind, Vorkehrungen getroffen werden müssen, um sie zu solchen zu erziehen. Wenn man die patriarchale Familie betrachtet, und man, im Gegensatz zum Feminismus, eine zwischen Mutter und Vater ausgehandelte Situation annimmt, so sind beide aktiv daran beteiligt, einen Sohn großzuziehen, der die oben genannten Anforderungen erfüllt. Da diese Anforderungen überdurchschnittlich und nicht equilibriert sind ( um eben ein überdurchschnittliches Ergebnis zu erzielen), sind auch die Merkmale der Beziehungen des Sohnes zu den Eltern unausgewogen, auf der Kippe, nicht selbstverständlich, kritisch usw.
    Es ist kein Zufall, dass die Familie seit Ewigkeiten Angriffen ausgesetzt ist. Mir scheint, dass das Zustandebringen eines Sohnes mit obigen Eigenschaften, einem Kunstwerk gleichkommt, was nur selbstbewußten, liebenden und in sich ruhenden Eltern gelingt. Zur Identitätsbildung ist die Anerkennung beider Elternteile wichtig. Wenn dem Sohn aufgrund eigener charakterliche Defizite oder derjenigen der Eltern, diese Anerkennung nicht gewährt wird, so kann er sich sich nicht erfolgreich abgrenzen und eine gesicherte, unabhängige Position einnehmen. Seine Identität ist gefährdet. Kommt die Gefährdung von der Mutter (durch mangelnde Anerkennung, i.S.v. symbiotische Beziehung, gefühlskalte Beziehung, Projektionen auf den Sohn, etc), dann wird der Sohn, der sich um Anerkennung ewig bemüht, durch Verächtlichmachung der Homosexualität, den Verdacht seiner Mutter, er sei ihrer Anerkennung nicht würdig, zu zerstreuen versuchen. Denn ein offen schwul lebender Homosexueller signalisiert ja, dass er nicht daran interessiert ist, von einer Frau als Geschlechtspartner akzeptiert zu werden. Es ist ihm nicht nur egal, sondern es würde ihm auf die Nervern gehen.
    Ist es der Vater, der die Anerkennung nur unter Vorbehalt gewährt, so handelt es sich hier meiner Meinung nach um den gleichen Mechanismus, der nur durch den Vater um ein Glied erweitert wird.
    In modernen Matriachaten, wie sie wohl u.a. in Südafrika vorkommen sollen, wo praktisch keine männlichen Vorstände in schwarzafrikanischen Familien anzutreffen sind, ist der berufliche Wettbewerb kein bestimmendes Merkmal. Die Homophobie ist jedoch noch viel ausgeprägter, als in den westlichen Gesellschaften, was den Verdacht nahelegt, dass nicht die Gesellschaftsform (Patriarchat/Matriachat) Urheber der Homophobie ist. Hier wird der oben skizzierte Mechanismus seine entsprechenden Blüten treiben.

    Ich würde Religionen nicht als Homophobiestifter einzuschätzen, weil sie Homosexualität verdammen. Die Gläubigen werden nicht dadurch homophob, weil sie die Schrift vollstrecken. Dafür hat die Geschichte schon zu viele Beispiele gezeigt, wie religiöse Normen unterwandert, wertlos werden können. Die Verbannung der Homosexualität in der Religion hat einen Zweck, der, wie ich vermute, in der gesellschaftlichen Organisation der Familie liegt.

    Diese Gedanken sind hier von mir spontan entwickelt und erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

  15. Atacama 27. März 2014 um 18:49 #

    @Martin

    „Dritten nicht durch eine persönliche Nähe aufgefangen werden kann, und dass es (2) sehr wohl einen Unterschied macht, ob sich ein Mann aus einer Laune der Natur heraus einfach nur nicht fortpflanzt oder ob er sich diese Aufgabe gewissermaßen ausdrücklich und von vornherein verweigert.“

    Auch das ist etwas gutes, da die Frau(en) die dieser Mann sonst „blockieren“ würde, frei sind. Monogame ist ja keine besonders alte Erfindung und in polygamen und/oder feudalen Gesellschaften (wo Heirat von der Erlaubnes des Lehnsherren abhing) schauten mit Sicherheit viele Männer in die Röhre.

    1 Man + 5 Frauen ist ja theoretisch kein Problem.

    “ Aber warum sollte die Vorstellung, dass Homosexualität verwerflich sei, aus dem Monotheismus hervorgehen?“

    Weil der Monotheismus sagt: Sex/lust/alles was Spaß macht = böse = nur mit höherem Zweck (Fortpflanzung) und unter festen Strukturen (Ehe) ok.
    Dementsprechend ist jede Sexualität die sich ausserhalb dieses Rahmens bewegt böse.

    Dazu kommt eine generelle Abneigung gegen Lustwandeln, Lebensfreude usw. Stichwort „Das Leben ist ein Jammertal“. Belohnung gibt es erst nach dem Tod, wenn man sich vorher brav zurückgehalten hat.

    @Seitenblick

    „Wenn Männer historisch bsw. für die Verteidigung herangezogen wurden/werden und auf der Feindesseite auch Männer stehen, die sie gegebenenfalls töten sollen, dann erscheint jemand, der Männer begehrt, als möglicherweise unzuverlässig. “

    ´so blöd kann doch niemand sein.
    „Oh, ich kann den Feind der grade in mein Land einfällt nicht bekämpfen, weil er zu sexy ist“ als ob ein schwuler Soldat so denken würde.

    Die Heilige Schar von Theben bestand z.B nur aus männlichen Pärchen. Die Logik war u.a. dass man besser kämpft, wenn man seinen Liebhaber gleich neben sich hat, einerseits um ihm gegenüber nicht weich zu wirken und andererseits um einander zu beschützen. Das klingt für mich mindestens ebenso logisch wie
    „Die sollen wenn schon, dann weit weg sein, als Motivation, besser zu kämpfen, um zurückzukommen. “

    Man könnte auch sagen, wer wieder nach Hause will, kämpft vermutlich weniger risikobereit, weil er am Leben bleiben will.

    „Wenn man sich in der Steinzeit tatsächlich keine Gedanken über Homosexualität gemacht haben sollte, dann doch eher deshalb, weil es dort keine abstrakten Gesellschaften – keinen abstrakten Anderen – gab“

    Transgender gab es aber schon.

    • Seitenblick 28. März 2014 um 10:45 #

      @Atacama
      >´so blöd kann doch niemand sein.

      Du unterschätzt die Bedeutung der geforderten Uniformität in so einer Situation. Dabei geht es auch um eine erwünschte Gruppendynamik.
      In einer Situation, in der Fehler tödlich sind, sind nicht kalkulierbare Emotionen unerwünscht. Die erwünschte Verlässlichkeit – und damit Verplanbarkeit – bezieht sich nicht nur auf das Verhalten, sondern auch auf die verhaltensauslösenden Emotionen. Deshalb sollen schwer kalkulierbare Emotionen als mögliche Störfaktoren ausgeschlossen werden.

      Nebenbei: Warum wohl hat es wohl mehrfach vor Kriegen staatlich organisierte Massenhochzeiten gegeben, z.B. im Iran vor dem Iran-Irak-Krieg? Und zwar gerade für die Soldaten/Kämpfer?
      Weil man über die Einbindung und Gleichschaltung zwei Sachen erreichen wollte:
      1. Im Individuum sollen möglichst wenig Fragen aufkommen wie „Wieso ist der dort drüben eigentlich mein Feind, warum soll ich den umbringen, und wer hat eigentlich was davon, wenn wir uns umbringen?“ Desertionsgedanken sind immer gefährlich für eine Armee.
      2. Das gewünschte Überleben wird eher motiviert durch derartige Einbindungen. Der soll ja möglichst viele andere abmurksen, bevor es ihn selbst erwischt. Das erhöht also seine Kampfkraft.

      >Man könnte auch sagen, wer wieder nach Hause will, kämpft vermutlich weniger risikobereit, weil er am Leben bleiben will.
      Das ist ein Fehlschluss. Es geht ja nicht nur um weniger/mehr Risikobereitschaft. Sondern um mehr/weniger Überlebenseinsatz. In bestimmten Situationen wehrt sich derjenige stärker, der einen Grund hat, zurückzukommen – selbst, wenn der Grund mehr aus Projektionen, Fantasien und Wunschvorstellungen besteht.
      Zugleich hat es Vorteile, wenn das Liebesobjekt weiter weg ist, also nicht im unmittelbaren Umfeld. Dann wirkt es zwar motivierend, stört aber nicht die aktuelle Verarbeitung der Situation (hier geht es auch um Grenzen der kognitiven Kapazitäten). Sprich es lenkt über Wahrnehmungsreize nicht in Situationen ab, wo Ablenkungen tödlich sein können.

      Die heilige Schar von Theben ist natürlich ein Super-Beispiel. Das ist doch ein singuläres Ereignis. Oder wann sonst gab es sonst die Konstellation „schwule Kämpferpärchen“?

  16. Graublau 27. März 2014 um 19:49 #

    Ich wundere mich über den Artikel. Ich dachte, die Frage sei spätestens mit „Homophob? Muss nicht sein“ beantwortet. Da wird schön auf wissenschaftliche Quellen verwiesen.

    Zitat:
    „Vor allem drei Faktoren beeinflussen die Entstehung von Homophobie: rigide Geschlechternormen, eine fundamentalistische Religiosität und Unkenntnis.“

    Anfang Februar ging es bei „Alles Evolution“ ja darum, wie man zur Frau bzw. Mann wird. Kurz gesagt: Frau wird man automatisch durch die Biologie, Mannsein muss man erkämpfen. (Im ZEIT-Artikel: „In unserer Gesellschaft wird Weiblichkeit als etwas gesehen, das biologisch erworben wird, während Männlichkeit immer wieder neu erkämpft und bewiesen werden muss“) In Zeiten unklarerer Rollen dient dann Ablehnung von Homosexualität dazu, die eigene Rollenunsicherheit zu übertünchen.

  17. Andreas 27. März 2014 um 21:51 #

    @Adrian:

    >Ohne das belegen zu können: Das Ekelgefühl gegenüber gleichgeschlechtlichem Sex halte ich für weitgehend kulturell bedingt. Ich habe auch keinen Ekel vor Frauen oder vor Sex mit Frauen,

    Alle Heteros, die ich kenne (mein ganzer Freundeskreis besteht aus Heteros mit Ausnahme eines Bisexuellen) ekelt sich vor der Vorstellung Sex mit einem Mann zu haben. Alle sind sie aber gegenüber der weiblichen Homosexualität indifferent.

    >und es gibt Kulturen, in denen Männer weitaus intimer miteinander umgehen, ohne homosexuell zu sein.

    Alle Kaiser aus dem julisch-claudischen Haus waren bisexuell mit Ausnahme von Claudius (dem Stotterer), der war wals einziger heterosexuell.

    >Ich denke es wird da auch weniger echter Ekel geäußert, es ist für Heteros erst einmal eine völlig femde Vorstellung, da sie sich im Grunde ja nie mit dem Gedanken an Homo-Sex auseinandersetzen müssen …

    Man stößt mitunter darauf. Beim Warten auf Einlass in eine Veranstaltung schlägt man die Zeit an einem Ort tot. Gegenüber ist ein schwuler Sex-Shop. Beim surfen stößt man auf Schwulen-Pornos etc. pp.

    Erklären kann ich es auch nicht.

    @Atacama:

    >Nicht verallgemeinerbar. Bei vielen Frauen liegt nämlich eine starke Sympathie gegenüber schwulen Männern (oder dem was man dafür hält) vor, die über bloßes Nachplappern von Zeitgeist weit hinausgeht.

    Das ist keine wirkliche Sympathie für männliche Homosexualität, sondern eine Projekt weiblicher Heterosexualität auf schwule Männer. Lesben-Szenen kommen auch häufig vor in Hetero-Pornos. Das sind aber Simulationen, Projektionen. Da mimen zwei Heteras, oder wenn es hoch kommt Bi-Frauen, Sex, wie ihn Heteros anregend finden, zu gucken. An echten Lesben sind Heteros nicht interessiert.

    >Das glaubt doch kein Mensch, dass solche Rosamunde-Pilcher-Romantikschinken für Männer gedacht sind.

    Eine groteske Projektion. Das erkenne sogar ich.

    Was das Allerschlimmste ist: Sie wollen diese Rosamunde-Pilcher-Romantik in der Beziehung auch erfahren und leben. Das heißt, das kommt auf den Hetero zu. Ich habe schon eine Art Allergie dagegen entwickelt.

    Tja, es spricht wohl einiges dafür, dass die sexuelle Orientierung auch kulturell bedingt ist, abstrakt betrachtet. Ich kann nur in mir nicht nachfühlen. Mir empfinde meine sexuelle Orientierung als in Stein gemeißelt.

  18. Atacama 27. März 2014 um 23:40 #

    „Das ist keine wirkliche Sympathie für männliche Homosexualität, sondern eine Projekt weiblicher Heterosexualität auf schwule Männer.
    Das sind aber Simulationen, Projektionen. Da mimen zwei Heteras, oder wenn es hoch kommt Bi-Frauen, Sex, wie ihn Heteros anregend finden, zu gucken. An echten Lesben sind Heteros nicht interessiert.

    Man kann da doch nicht sagen, Frauen gäben sich bloß angepasst.

    Und wieso wird es auf Männer projeziert? Es gibt doch auch genug Bücher selber Machart mit heterosexuellem Thema Twilight oder 50 Shades of Grey oder zwanzig Millionen andere Werke dieser Art.

    Und dann wollen ja viele unbedingt einen schwulen besten Freund, weil die so toll zuhören könntn und modebewusst seien.

    • Adrian 27. März 2014 um 23:44 #

      „Und dann wollen ja viele unbedingt einen schwulen besten Freund, weil die so toll zuhören könntn und modebewusst seien.“

      Neben der klassischen „Fag hag“
      http://en.wikipedia.org/wiki/Fag_hag
      gibt es mittlerweile übrigens auch das männliche Gegenstück, den „Fag stag“
      http://en.wikipedia.org/wiki/Fag_stag
      also strunzheterosexuelle Männer, die schwule Männer als Freunde haben, und gerne mit schwulen Männern zusammen sind.

  19. Adrian 28. März 2014 um 11:16 #

    @ Atacama
    “Oh, ich kann den Feind der grade in mein Land einfällt nicht bekämpfen, weil er zu sexy ist” als ob ein schwuler Soldat so denken würde.“

    Ich denke tlws. so. Ich habe eine Abneigung, mich mit Männern zu schlagen, oder ihnen was böses zu tun. Bei Frauen hätte ich da weniger Hemmungen.

  20. martin 28. März 2014 um 11:33 #

    @ Atacama:
    Der Monotheismus sagt, dass Sex einem höheren Zweck dienen sollte und sonst Sünde ist. Ja. Aber liegt das am Monotheismus, daran, dass es nur einen Gott gibt? Oder ist das ein eher zufälliger Zusammenhang? Ich glaube eher letzteres.
    Und auch der Verweis auf das Jenseits hat zwei Seiten. Denn wenn es wirklich allein entscheidend wäre, wie das Leben nach dem Tod aussieht, dann kann das Diesseits eigentlich nicht mehr so wichtig sein – es wird doch stark relativiert. Kann es dann noch so wichtig sein, ob jemand homosexuell ist oder Freude am Sex hat oder nicht? Es scheint doch eher so, dass die Fixierung auf irdische Moral und Sexualität der gleichzeitigen Betonung des Lebens nach dem Tod widerspricht. Wenn es wirklich ausschließlich um das Leben nach dem Tod ginge, dann könnte die irdische Reproduktion eigentlich keine Rolle spielen.
    In meinen Augen kann man deshalb die Homophobie nicht auf die (monotheistische) Religion reduzieren. Es kommt da etwas hinzu, dass sich mit der Religion verbindet, aber eigentlich nicht religiös ist: bestimmte kulturell geprägte Moralvorstellungen oder politische Interessen und Bilder von der guten Gesellschaft.

  21. Atacama 28. März 2014 um 13:29 #

    @Seitenblick
    Und du unterschätzt das Verhalten von Menschen in existenziellen Krisensituationen. Wenn man im Schützengraben liegt, ist es einem wohl egal, ob eventuell ein schwuler Kamerad einem beim Waschen etwas weggucken will.

    „Warum wohl hat es wohl mehrfach vor Kriegen staatlich organisierte Massenhochzeiten gegeben, z.B. im Iran vor dem Iran-Irak-Krieg? Und zwar gerade für die Soldaten/Kämpfer?“

    Möglicherweise deshalb, damit sie noch jeweils eine Frau befruchten bevor sie sterben? Damit diese Lücke dann gleich durch gezeugten Nachschub geschlossen wird und nicht massenhaft alleinstehende Frauen vorhanden sind die keinen Mann mehr finden, weil die Männer tot sind und dann ohne Fprtpflanzung vertrocknen?

    „In bestimmten Situationen wehrt sich derjenige stärker, der einen Grund hat, zurückzukommen – selbst, wenn der Grund mehr aus Projektionen, Fantasien und Wunschvorstellungen besteht.“

    Du denkst also, ein Mann würde besser kämpfen, wenn seine Frau zuhause sitzt, als wenn seine Frau direkt neben ihm zusammengeschlagen/vergewaltigt/aufgeschlitzt wird? kann ich mir nicht vorstellen.

    „Sprich es lenkt über Wahrnehmungsreize nicht in Situationen ab, wo Ablenkungen tödlich sein können.“

    Wieso gab es dann Trosshuren bzw. auch feste Konkubinen oder Frauen für die Zeit im Feld bei vielen Heeren?

    „Die heilige Schar von Theben ist natürlich ein Super-Beispiel. Das ist doch ein singuläres Ereignis. Oder wann sonst gab es sonst die Konstellation “schwule Kämpferpärchen”?“

    Es müssen doch keine Kämpferpärchen sein, es reicht wenn es einfach „normale“ Soldaten sind von denen halt einige schwul sind.
    Und dafür gibt es in der Tat viele Hinweise und Beispiele. Die Fremdenlegion fällt mir da ein, lies mal http://www.amazon.de/Gourrama-Bernhard-Echte/dp/3293203906

    @Adrian

    „@ Atacama
    “Oh, ich kann den Feind der grade in mein Land einfällt nicht bekämpfen, weil er zu sexy ist” als ob ein schwuler Soldat so denken würde.”

    Ich denke tlws. so. Ich habe eine Abneigung, mich mit Männern zu schlagen, oder ihnen was böses zu tun. Bei Frauen hätte ich da weniger Hemmungen. “

    Aus einer neutralen Position heraus ist das verständlich, aber wie sieht es aus, wenn dieser Mann dich extrem beleidigt oder vielleicht seinerseits körperlich angreift und dir SChmerzen zufügt. Oder dein Dorf niederbrennt und deine Familie abmetzelt? Oder wenn du in einer Gesellschaft aufwächst, in den du von klein auf daraufhin sozialsiert wirst, dass Nation xy der absolute Feind, das fleischgewordene Böse ist das deine Vernichtung will wenn du ihm nicht zuvorkommst?

    Und in einer direkten kriegerischen Auseinandersetzung greifen solche Mechanismen garantiert auch nicht mehr, wenn es ums bloße Überleben geht.

    @martin

    “ Denn wenn es wirklich allein entscheidend wäre, wie das Leben nach dem Tod aussieht, dann kann das Diesseits eigentlich nicht mehr so wichtig sein – es wird doch stark relativiert. Kann es dann noch so wichtig sein, ob jemand homosexuell ist oder Freude am Sex hat oder nicht? Es scheint doch eher so, dass die Fixierung auf irdische Moral und Sexualität der gleichzeitigen Betonung des Lebens nach dem Tod widerspricht.“

    Nein, tut es nicht. Das irdische Leben ist nämlich die Bewährungsprobe auf das Leben danach. Stell es dir wie ein DSDS Casting vor, wo du entweder in den Recall kommst – oder eben nicht.
    Und dafür gibt es eben „ein paar“ Bedingungen die einzuhalten sind, Dinge die verboten sind usw.
    Dazu gehört eben die Sache mit dem Sex, eigentlich sogar primär (ist ja auch eins der wichtigsten Dinge für den Menschen).

    „Wenn es wirklich ausschließlich um das Leben nach dem Tod ginge, dann könnte die irdische Reproduktion eigentlich keine Rolle spielen.“

    Den Anführern ging es garantiert primär auch um Machterhalt und -usbau (Wasser predigen, Wein trinken). Das geht in Zeiten hoher (Kinder-)Sterblichkeit halt am besten mit solchen Regelungen. Gehet hin und mehret euch. Damals gab es ja noch reine Feldschlachten,da zählte Quantität mehr als heute.

    Gefestigt werden diese Regeln dann dadurch, dass Gott das so will. Der ist halt ne größere autorität als ein schnöder Mensch.
    Besonders wenn man bedenkt, zu was für Strafen Gott in der lage udn gewillt ist wenn man nicht tut was er sagt.
    Eine Milliarde Jahre in de Hölle, da kann doch kein menschlicher Folterknecht gegenanstinken.

    • Seitenblick 28. März 2014 um 21:15 #

      @Atacama
      >Und du unterschätzt das Verhalten von Menschen in existenziellen Krisensituationen. Wenn man im Schützengraben liegt, ist es einem wohl egal, ob eventuell ein schwuler Kamerad einem beim Waschen etwas weggucken will.

      Ja ja. Aber darum geht es nicht. Die Entscheidung, es gar nicht erst zu dieser Situation kommen zu lassen, ist ja vorher getroffen worden. Man kann das sehr gut als eine Strategie der Risikominimierung auffassen. Und dann ist dein Hinweis keine Widerlegung.

      Abgesehen davon frage ich mich, ob dieses Bild „Wenn man im Schützengraben liegt“ nicht in die Irre führt.
      Wie stellst du dir das denn vor? Wir reden nicht von 10 Sekunden. Was glaubst du, in was für einem Zustand ein Mensch nach einer Stunde Dauerfeuer ist? Nach zwei? Nach sechs? Was für Bilder und welche akustische Überforderung stürmen da auf die Gehirne ein? Was für ein Stresspegel ist das? Und wenn dann eine Pause eintritt – vielleicht, weil der Gegner erst Munition transportieren muss? Dauerstress verändert einen Menschen. Der ist nicht so stabil, wie es dein Bild nahelegt, behaupte ich. Die Situation ist also so, dass sie auch ein Potential hat, abzukippen und verdrängte Bedürfnisse angesichts des eigenen möglichen Todes hochzuspülen. Es haben in diesen Situationen ja auch einige die Nerven verloren.

      >Möglicherweise deshalb, damit sie noch jeweils eine Frau befruchten bevor sie sterben?
      Das ist ein guter Hinweis. Darum ging es sicherlich auch. Aber nicht nur. Man hat ja nicht der Bevölkerung gesagt „Leute, die Männer gehen morgen an die Front, nun amüsiert euch hier heute noch mal so richtig und vergesst für einen Tag einfach mal einigige Vorschriften, die wir sonst so beim Thema Sex haben.“
      Sondern man hat mit Ritualen gearbeitet. Man hat damit eingebunden, Zugehörigkeit versprochen, Zeitdimensionen und damit den Zukunftsaspekt reingebracht – also, da ging es nicht nur um „Sex für Kinder für den Führer“ oder so. Sondern ganz klar um die Kommunikation einer Rolle. Der die Männer doch bitte genügen mögen.

      >Du denkst also, ein Mann würde besser kämpfen, wenn seine Frau zuhause sitzt, als wenn seine Frau direkt neben ihm zusammengeschlagen/vergewaltigt/aufgeschlitzt wird? kann ich mir nicht vorstellen.

      Ja. Das denke ich wirklich. Weil: Wenn sie zuhause ist, ist sie in relativer Sicherheit. Der hat also etwas, was er erhalten will. Was noch da ist. Wenn das dann noch mit positiven Bildern verknüft ist, wirkt das stark.
      Dein Beispiel ist aber interessant. Wenn man nur einen kurzen Zeitraum betrachtet, hast du völlig Recht: In einem kurzen Moment, in einer bestimmten Situation, aktiviert dein Szenario natürlich mehr Kampfkraft. Aber wenn jemand über Monate oder vielleicht Jahre in der Kriegssituation ist – was ist dann eine Motivation zum Weitermachen? Und wie instituionalisiere oder ritualisiere ich solche Sachen?

      >Wieso gab es dann Trosshuren bzw. auch feste Konkubinen oder Frauen für die Zeit im Feld bei vielen Heeren?
      Na, das wirst du doch wohl nicht wirklich gleichsetzen mit der Angetrauten zu Hause, die die eigenen Kinder hütet? ;-).
      Regulierung. Kanalisation. Reicht das als Antwort?

  22. Christian - Alles Evolution 28. März 2014 um 14:15 #

    „Jeder der etwas von Biologie versteht, weiss doch ausserdem, dass “Möglichst viel Fortpflanzung” nicht erstrebenswert ist, sondern früher oder später zu einem Zusammenbruch und einer drastischen reduzierung der Pupolation führt, “

    Das ist eine arg verkürzte Darstellung. Natürlich hat Fortpflanzung der eigenen Gene die alleroberste Priorität, sie ist der ganz wesentliche Motor der Entwicklung. Evolution kann auch keine Ziele haben und auch nicht wirklich vorausplanen, zukünftige Ereignisse können nur beachtet werden, wenn durch bereits geschehene Abläufe eine Selektion eingetreten ist (oder als Startpunkt einer neuen Selektion, dann aber auf die Gegenwart bezogen).

    Überbevölkerung wirkt sich also nur dann aus, wenn aufgrund vergangener Überbevölkerung eine Selektion auf Wesen entsteht, die in diesen Überbevölkerungssituationen Vorteile hatten.

  23. Sebastian 28. März 2014 um 15:58 #

    “Oh, ich kann den Feind der grade in mein Land einfällt nicht bekämpfen, weil er zu sexy ist” als ob ein schwuler Soldat so denken würde.”

    Einer Horde Frauen gegenüber würden viele heterosexuelle Männer so denken.
    Warum sollten Schwule ( gegenüber anderen Männern) da anders sein?

  24. Atacama 28. März 2014 um 18:54 #

    @Christian

    „Das ist eine arg verkürzte Darstellung. Natürlich hat Fortpflanzung der eigenen Gene die alleroberste Priorität, sie ist der ganz wesentliche Motor der Entwicklung.“

    Wieso ist es dann ein Problem, wenn ein Mensch daran kein Interesse hat? Dann sollte man sich doch eigentlich freuen, weil der eigene Nachwuchs dann weniger Konkurrenten um Ressourcen hat.
    Und wenn Fortpflanzung oberste Priorität für jeden ist und der wesentliche natürliche Motor für Entwicklung, wieso muss man das den Menschen dann sagen und Werbung dafür machen, wie manche Konservative es jetzt versuchen? (Hallo, Leute. Ehe und Familie sind die Keimzelle der Gesellschaft)

    „Überbevölkerung wirkt sich also nur dann aus, wenn aufgrund vergangener Überbevölkerung eine Selektion auf Wesen entsteht, die in diesen Überbevölkerungssituationen Vorteile hatten.“

    Überbevölkerung kann sich auch dahingehend auswirken, dass alle Ressourcen ausgebeutet werden und die Population komplett untergeht oder drastisch reduziert wird. Von Tieren kann man diesen Weitblick nicht erwarten, von Menschen eigentlich schon.

    @Sebastian

    „Einer Horde Frauen gegenüber würden viele heterosexuelle Männer so denken.
    Warum sollten Schwule ( gegenüber anderen Männern) da anders sein?“

    Heterosexuelle würden nicht wirklich so denken. Im ersten Impuls mit einer Fantasy von Soldatinnen die ungefähr so aussehen:

    und sich so verhalten wie die Amazonen in Futurama´vielleicht.
    Aber nicht in der Realität. Besonders nicht wenn diese Horde schon ein paar von ihnen umgebracht oder verstümmelt hat.
    Das zeigt auch das reale Verhalten „feindlichen“ Frauen gegenüber in Kriegsgebieten, dazu müssen die Frauen sich nicht einmal a Kampfhandlungen beteiligen, es reicht, dass sie zur Gruppe des Feindes gehören.

    Und da es schwule Soldaten gibt und auch schon immer gab und es bisher nicht dokumentiert ist, dass die sich aus einer Kampfhandlung zurückgezogen haben, weil ihnen plötzlich aufging, dass es sich beim Gegner um Männer handelt, kann ich mir nicht vorstellen, dass das wirklich ein Problem ist.
    Besonders nicht, wie gesagt, in einer Situation in der es um Leben und Tod geht, weil man beschossen und bombardiert wird.

  25. Atacama 29. März 2014 um 01:18 #

    @Seitenblick

    „Sondern man hat mit Ritualen gearbeitet.“

    Weil das Kind andernfalls ein stammbaumloser, nicht erbberechtiger, unehrenhaftre Bastard wäre. Und seine Mutter eine lose Dirne und keine ehrbare Witwe?

    „Ja ja. Aber darum geht es nicht. Die Entscheidung, es gar nicht erst zu dieser Situation kommen zu lassen, ist ja vorher getroffen worden. Man kann das sehr gut als eine Strategie der Risikominimierung auffassen. Und dann ist dein Hinweis keine Widerlegung. “

    Das liegt aber einfach nur daran, dass schwule Männer als unmännlich dargestellt werden und daher für einen männlichen Beruf wie Soldat nicht geeignet. Wenn du in der ganzen Restgesellschaft das Bild von der effimierten Tunte aufrecherhälst, kannst du das beim Militär kaum ausser Kraft setzen.


    Na, das wirst du doch wohl nicht wirklich gleichsetzen mit der Angetrauten zu Hause, die die eigenen Kinder hütet? ;-).
    Regulierung. Kanalisation. Reicht das als Antwort?“

    Weil du oben gesagt hast, die Anwesenheit von sexuellen Reizen im Militärdienst/Krieg sei ablenkend und daher potentiell tödlich. Deshalb keine schwulen Männer dort, weil die ja von den anderen Männern abgelenkt werden könnten. Dasselbe müsste nach deiner Logik für Frauen gelten.

    Besonders Söldner waren übrigens relativ selten klassisch verheiratet und hatten aber eine feste „Gespielin“ (also über bloße Prositution hinausgehend) die sie begleitete, zumindest die die etwas Kohle hatten.

    • Seitenblick 29. März 2014 um 19:24 #

      @Atacama
      >“Sondern man hat mit Ritualen gearbeitet.”
      Weil das Kind andernfalls ein stammbaumloser, nicht erbberechtiger, unehrenhaftre Bastard wäre. Und seine Mutter eine lose Dirne und keine ehrbare Witwe?

      Interessant. Ich finde deinen Hinweis ja nicht falsch, aber bei deiner Betrachtung könnten die Männer dabei auch durch jemand anders vertreten werden ;-).
      Du klammerst die Männer als Adressaten des Rituals aus. Und du unterschätzt den Unterschied zwischen einer Bemerkung auf dem Feldweg im Vorbeigehen und einem Ritual. Derartige Rituale wirken auf die Anwesenden, Männer wie Frauen wie Dorfälteste wie Kinder, so weit sie dabei sein dürfen. Die kollektive Beschwörung einer Identität mit Anforderungen hat noch mal eine eigene Funktionsdimension. Womit wir wieder bei dem erwarteten Verhalten der Männer wären, die man in den Krieg schicken will.

      >Das liegt aber einfach nur daran, dass schwule Männer als unmännlich dargestellt werden und daher für einen männlichen Beruf wie Soldat nicht geeignet. Wenn du in der ganzen Restgesellschaft das Bild von der effimierten Tunte aufrecherhälst, kannst du das beim Militär kaum ausser Kraft setzen.

      Die Frage ist, was ist hier Ursache, was ist Wirkung? Wenn ich in der akuten Kriegssituation störende, schwer kalkulierende emotionale Sttörfaktoren wie zwischenmännliche Anziehung weg haben will, dann kann ich ja auch so ein Bild dankbar aufnehmen und es verstärken.
      Es gibt ja praktische Hinweise, wie sich Emotionen in dieser Situation auswirken können: Als Frauen in der israelischen Armee mitkämpften, war angeblich eine der Folgen:
      „So litt die Kampfesmoral der Truppe deutlich stärker, wenn weibliche Soldatinnen im Kampf fielen.“
      http://www.welt.de/politik/article2207152/Von-wegen-hart-Israel-und-seine-Soldatinnen.html

      Und die Folge: „Denn Frauen werden zwar seit 1995 – freiwillig – zu Kampfsoldatinnen ausgebildet, aber nicht zum Kämpfen eingesetzt.“
      http://www.zeit.de/karriere/2010-05/frauen-israel-armee

      >Weil du oben gesagt hast, die Anwesenheit von sexuellen Reizen im Militärdienst/Krieg sei ablenkend und daher potentiell tödlich. Deshalb keine schwulen Männer dort, weil die ja von den anderen Männern abgelenkt werden könnten. Dasselbe müsste nach deiner Logik für Frauen gelten.

      Siehst du keinen Unterschied darin, ob ich im Schützengraben, also direkt in der Stresssituation möglicherweise mit dem Thema Sex in Kontakt komme – oder nach dem ich ihn verlassen habe? Mir ist nicht bekannt, dass die Gespielinnen mit ins Schlachtfeld gingen. Die räumliche Distanz ist zwar nicht so groß wie bei der Ehefrau im noch unbombardierten Heimatdorf, das ist richtig. Aber trotz der – schön praktischen – kürzeren Wege: die nötige Grunddistanz ist da.

      >Ich finde, man kann das nicht so einfach beantworten wie du es tust.
      Falls das noch an mich gerichtet war: Ich sage auch gar nicht, dass es nur eine Möglichkeit gibt, wie mit diesem Problemkomplex umgegangen wird. Die Situation ist ja so, dass mehrere Faktoren berücksichtigt werden müssen. Die Kampfkraft erfordert, dass Ablenkungsfaktoren, die sich tödlich auswirken können, minimiert werden. Sie erfordert auch, Rollenanforderungen suggestiv zu verankern – schließlich wissen die Personen ja, dass sie ihr Leben riskieren, dazu müssen sie motiviert werden.
      Die Kampfkraft erfordert aber ebenfalls, übermäßige Frustrationen zu minimieren. Sexuelle Frustrationen gehören dazu. Deshalb macht es Sinn, die Gespielin im Lager zu haben. Aber eben nicht direkt neben mir im Schützengraben, denn da könnte sie ebenfalls in Gefahr geraten und mich vielleicht zu Schutzhandlungen bringen, die unerwünschte Folgen haben.

      Wie man diese verschiedenen Anforderungen dann unter einen Hut bringt, hängt natürlich auch von kulturellen Codes und Gepflogenheiten ab.
      Deshalb kann es auch eine Thebenschar geben. Aber die erfordert ganz bestimmte Rahmenbedingungen (kulturelle Wertung der Homosexualität, kulturelle Anforderung an körperliche Fitness und Kampfeswillen, Abhärtungen von Kindheit an etc.) Und diese Rahmenbedingungen kann ich nicht so einfach übertragen bzw. woanders voraussetzen.

  26. Atacama 29. März 2014 um 01:26 #

    Übrigens durften römische Legionäre vor ihrer Entlassung nicht heiraten, waren aber nicht grade unerfolgreich. Zumindest über einen gewissen Zeitraum. Obwohl man ihnen diese angeblich zwingend notwendige Motivation vorenthielt.

    „Kaiser Augustus erließ ein Verbot für Legionäre, vor ihrer Entlassung eine rechtgültige Ehe einzugehen. Damit wollte er verhindern, dass die Zahl nichtkämpfender Personen in der Armee zu sehr anschwoll, bzw. dass Legionen zu sehr an eine bestimmte Gegend gebunden waren. Bei der Notwendigkeit rascher Verlegungen ganzer Einheiten drohten sonst Unzufriedenheit oder sogar Meutereien, wenn die Legionäre ihre Familien zurücklassen mussten. In der Praxis war das Problem allerdings komplexer. Trotz des Eheverbots forderte die Natur ihr Recht auf Fortpflanzung, und Legionäre zeugten an ihren Standorten massenhaft illegitime Kinder mit einheimischen Frauen.

    Schon in der Varusschlacht (9 n.Chr.) passierte genau das, was Augustus eigentlich hatte verhindern wollen – das römische Heer wurde durch seinen großen Tross behindert, in dem sich viele Frauen und Kinder aufhielten. Derselbe ‚varianische Krieg’ zeigte aber auch die andere Seite der Medaille: die Besatzungen der abgeschnittenen Außenposten wehrten sich besonders erbittert, da sie nicht nur sich selbst verteidigten, sondern auch ihre Familien.

    Bei den Preußen und Ritterorden (kreuzzüge) war es genauso. Bei der Fremdenlegion ist es noch heute so.

    Vermutlich damit der Soldat nicht zu ortsgebunden ist und um zu verhindern, dass er seinen Fokus nicht 100% auf seinen Dienst legt. Oder wenn er sich an einem weit entfernten Stützpunkt in feindlichem Gebiet mit einer Landsfrau verheiratet, gerät er ggf. in Gewissenskonflikte,

    Ich finde, man kann das nicht so einfach beantworten wie du es tust.

  27. martin 29. März 2014 um 11:09 #

    @ Atacama:
    Zwei Dinge nachtragend auf unserem „Nebenkriegsschauplatz“ 🙂

    (1) „Das irdische Leben ist nämlich die Bewährungsprobe auf das Leben danach. Stell es dir wie ein DSDS Casting vor, wo du entweder in den Recall kommst – oder eben nicht. Und dafür gibt es eben “ein paar” Bedingungen die einzuhalten sind, Dinge die verboten sind usw.“
    – Das gilt aber nur, wenn der Mensch im irdischen Leben überhaupt in der Lage ist, positiv oder negativ auf sein Schicksal im jenseitigen Leben Einfluss zu nehmen. Das ist aber gerade im Monotheismus eine sehr umstrittene Frage und keineswegs selbstverständlich.

    (2) „Gefestigt werden diese Regeln dann dadurch, dass Gott das so will. Der ist halt ne größere autorität als ein schnöder Mensch. Besonders wenn man bedenkt, zu was für Strafen Gott in der lage udn gewillt ist wenn man nicht tut was er sagt. Eine Milliarde Jahre in de Hölle, da kann doch kein menschlicher Folterknecht gegenanstinken.“
    – Und das ist eben der Punkt: Ist das dann eigentlich noch Religion? Oder wird da Religion zu ganz irdischen Zwecken instrumentalisiert? Ich finde schon, dass man das unterscheiden muss und kann.

    • Adrian 29. März 2014 um 11:22 #

      @ martin
      Zu was soll Religion denn sonst dienen, wenn nicht irdischen Zwecken?

  28. Atacama 29. März 2014 um 11:31 #

    „– Das gilt aber nur, wenn der Mensch im irdischen Leben überhaupt in der Lage ist, positiv oder negativ auf sein Schicksal im jenseitigen Leben Einfluss zu nehmen. Das ist aber gerade im Monotheismus eine sehr umstrittene Frage und keineswegs selbstverständlich.“

    Inwiefern umstritten?
    Es gibt die zeh Gebote, es gibt weitere Regeln, daran kann sich theoretisch jeder halten, wenn er nur genug Glaubensfestigkeit hat.

    „– Und das ist eben der Punkt: Ist das dann eigentlich noch Religion? Oder wird da Religion zu ganz irdischen Zwecken instrumentalisiert? Ich finde schon, dass man das unterscheiden muss und kann.“

    MEINER Meinung nach nicht. Meiner Meinung nach ist organisierte Religion, zumindest Monotheismus, auch nur eine menschliche Erfindung zur Bereicherung Einzelner und Kontrollierung und Lenkung Vieler. Der ganze Aufbau, Inhalt, die Regeln, die Konsequenzen, selbst die Paradiesvorstellung (vor Allem die im Islam) lässt FÜR MICH keinen anderen Schluss zu.
    Aber das interessiert die die daran felsenfest glauben ja nicht und die werden da auch nicht gewillt oder fähig sein, zu differenzieren. Da kommt man mit Rationalität so oder so nicht weit.

    Vielleicht ist es auch erfunden worden um mit der Angst vor dem Tod fertig zu werden oder mit der allgemeinen Ungerechtigkeit und Grausamkeit des Lebens. Auf der Erde wurde ich vielleicht fertig gemacht und habe nichts zu essen, aber wenn ich erst tot bin, dann wird alles besser und all die reichen Sünder die jetzt auf mich herabschauen, gucken dann in die Röhre. Das ist doch tröstlich.

  29. TF 30. März 2014 um 18:00 #

    Ich denke, dass die Neigung, homosexuelle Männer zu unterdrücken tief, auch genetisch, verankert ist. Die Männer sollen dabei nicht getötet werden, sie sollen Kinder bekommen und versorgen. Genau dieses Arrangement findet man in vielen Kulturen.

    Wer hat den größten Schaden (neben dem betroffenen selbst): es sind die Eltern, die gerade beim Menschen viel Resourcen in ihren Sohn investiert haben. Es lohnt sich für die Eltern, möglichst großen Druck aufzubauen, damit der homosexuelle Sohn sich fortpflanzt. Da Männer bei der Partnersuche und Sex aktiv sein müssen, muss der Druck viel höher sein, als bei homosexuellen Frauen.
    Ebenfalls haben die Geschwister, insbesondere die Schwestern, einen Schaden, aber auch andere nahe Verwandte, denn der homosexuelle Bruder senkt ihren „Marktwert“ als Partner. Es ist also im Interesse der Verwandten, dass homosexuelle Männer dies möglichst geheim halten und am besten durch Frau und Kinder widerlegen.
    Die Gruppe (im Sinne einer kleinen Jäger-Sammler-Gemeinschaft) wiederum hat ein Interesse daran, dass ein homosexueller Mann sich nicht nur fortpflanzt, sondern auch in seine Kinder investiert und das nicht den Verwandten der Mutter überlässt, also seine Resourcen nicht dafür einsetzt, Partner zu gewinnen (das gilt ja ganz allgemein: Mütter und ihre Verwandte haben ein Interesse, dass der Vater in die Kinder investiert und nicht in die Suche nach neuen Partnerinnen. Und so bald es einmal Kooperation in Gruppen gibt und die Gruppenkultur über einen eigenen Informationstransfer weitergegeben wird, wird die Kultur sich im Wettbewerb mit anderen so entwickeln, dass Wettbewerb in der Gruppe reduziert wird).

  30. Rastar 31. März 2014 um 23:17 #

    Natürlich ist das Themas sehr komplex – trotzdem mache ich es mir jetzt einmal ein bisschen einfach – is schon spät…

    Mir scheint, der wichtigste äußere Indikator für Schwulenfeindlichkeit ist schlicht der Stellenwert, den eine Gesellschaft oder besser Kultur dem Unterschied zwischen den Geschlechtern zumisst. Wird dieser Unterschied aufgeblasen zu einer Art Apartheid gleichsam zweier verschiedener Spezies mit eigenem sozialen Umfeld, eigenen Tätigkeiten, eigener Sprache und Denken wie teilweise im Islam, ist der kulturell-gesellschaftliche Druck auf den Einzelnen gewaltig, zum Teil sehr detaillierte geschlechtsspezifische Rollenerwartungen zu erfüllen. Ist hier eine Anpassung nicht möglich bleibt nur noch die Lüge oder die Verdrängung bzw. das große Schweigen – alles bekannt und millionenfach durchexerziert. In einem solchen Kontext erscheint offene Homosexualität natürlich als höchst subversive Bedrohung, als ungeheure Provokation.

    Erst wenn in der Wahrnehmung einer Gesellschaft die verhaltensspezifischen Unterschiede der Geschlechter ihren scheinbar grundsätzlichen, qualitativen Charakter verlieren und zu – wenn überhaupt – graduell-statistischen Größen werden, verlieren obige Mechanismen und Zwänge ihre Gewalt. Deswegen sind die Perspektiven und Forderungen der Gender-Theory (so sehr sie auch oft nerven, ich weiß es genau!!) für einer Politik, die Freiheit und größere Akzeptanz für Homosexuelle erreichen möchte, unverzichtbar. Männerrechtler sind da oft nicht die besten Bundesgenossen. Wenn man unter Heteromännern über Schwulen-rechte spricht, trifft man zwar oft durchaus auf eine Art reflexhaftes Verständnis und auch Unterstützung (Homophobie ist nun mal eher uncool), aber es ist unschwer zu sehen, dass den meisten dabei der Gedanke durch den Kopf geht jetzt hoffentlich nicht von irgend jemanden für schwul gehalten werden zu können, o Gott (schon mal aufgefallen?).

    Es käme vielmehr darauf an, eine Gendertheorie zu formulieren, die eben nicht gleichzeitig den Eindruck erweckt, Männer kastrieren und Frauen zu kampfkräftigen Amazonen trimmen zu wollen; – die sich nicht in überflüssige Scharmützel über z.B. sexual-politisch korrekte Sprache verrennt und ähnlich ärgerlicher Mist … Das könnte schwierig werden, aber ich sehe keine Alternative.

  31. JS 10. April 2014 um 12:26 #

    Freuds Begriff der „Pathischen Projektion“ hilft dir bei der Frage weiter Beispielsweise in der Dialektik der Aufklärung: „Die psychoanalytische Theorie der pathischen Projektion hat als deren Substanz die Übertragung gesellschaftlich tabuierter Regungen des Subjekts auf das Objekt erkannt. Unter dem Druck des Über-Ichs projiziert das Ich die vom Es ausgehenden, durch ihre Stärke ihm selbst gefährlichen Aggressionsgelüste als böse Intentionen in die Außenwelt und erreicht es dadurch, sie als Reaktion auf solches Äußere loszuwerden, sei es in der Phantasie durch Identifikation mit dem angeblichen Bösewicht, sei es in der Wirklichkeit durch angebliche Notwehr. Das in Aggression umgesetzte Verpönte ist meist homosexueller Art.“ oder hier “Wenn alle Lust frühere Unlust in sich aufhebt, dann ist hier die Unlust, als Stolz sie zu ertragen, unvermittelt, unverwandelt, stereotyp zur Lust erhoben: anders als beim Wein, läßt jedem Glas Whiskey , jedem Zug an der Zigarre der Widerwille noch sich nachfühlen, den es den Organismus gekostet hat, auf so kräftige Reize anzusprechen, und das allein wird als die Lust registriert. Die He-Männer wären also ihrer eigenen Verfassung nach, als was sie die Filmhandlung meist präsentiert, Masochisten. Die Lüge steckt in ihrem Sadismus, und als Lügner erst werden sie wahrhaft zu Sadisten, Agenten der Repression. Jene Lüge aber ist ist keine andere, als daß verdrängte Homosexualität als einzig approbierte Gestalt des Heterosexuellen auftritt. (…) Am Ende sind die tough guys die eigentlich Effiminierten, die der Weichlinge als ihrer Opfer bedürfen, um nicht zuzugestehen, daß sie ihnen gleichen. Totalität und Homosexualität gehören zusammen. Während das Subjekt zugrunde geht, negiert es alles, was nicht seiner eigenen Art ist.“ Theodor W. Adorno, Minima Moralia, S. 72-73, Frankfurt/M. 1951

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