„Sexuelle Vielfalt“ – ein PR-Gau?

30 Apr

Die Gegner des umstrittenen Bildungsplans in Baden-Württemberg haben insofern eine Erfolg verbucht, als das dieser nicht wie geplant nächstes Jahr, sondern erst im Jahre 2016 eingeführt wird. Ohne den Argumenten der Gegner nun allzu viel Relevanz einzuräumen – denn letztendlich ist da nicht viel außer „Ich mag keine Homos“ -, möchte ich an dieser Stelle einen Vorschlag unterbreiten, der möglicherweise helfen könnte, künftig die größten PR-Fallen zu vermeiden. Ich beziehe mich da auf einen eben gerade gelesenen Artikel der Zeitung „Der Westen“ mit der Überschrift „Sexuelle Vielfalt in der Jugendarbeit fördernin dem es darum geht, wie man es mittels Jugendarbeit schaffen kann,

flächendeckend Angebote für junge Lesben und Schwule zu schaffen und Vorbehalte abzubauen.

Nun mein Vorschlag: Könnte man nicht auf die Formel „Sexuelle Vielfalt“ verzichten?

Auch ich gehöre zu den eher „altmodischen“ Menschen, die ein gewisses Unbehagen verspüren, wenn Kindern und Jugendliche allzu offensiv mit sexuellen Praktiken konfrontiert weden sollen. Genau der aber impliziert der Begriff „sexuelle Vielfalt“. Was mir dabei in den Sinn kommt, sind Assoziationen zu Pornografie, Gruppensex, Schwanz lutschen, SM, vögeln, abspritzen… An das ganz normale Leben von LGBTI denke ich dabei allerdings nicht.

Nun könnte man mir den Vorwurf machen, meine Assoziationen deuten eher darauf hin, ich sei „oversexed and underfucked„. Mag sein. Aber dennoch: Wäre es nicht denkbar, dass dieser Begriff mehr schadet als nutzt? Dass er Homo-Gegner geradezu eine Steilvorlage gibt, die Mär zu verbreiten, es ginge darum, Kindern allerlei „sexuelle Perversionen“ beizubringen? Und trägt der Begriff nicht dazu bei, das Klischee zu verfestigen, dass es den Homos eh nur um Sex geht?

flächendeckend Angebote für junge Lesben und Schwule zu schaffen und Vorbehalte abzubauen.

Sexuelle Vielfalt in der Jugendarbeit fördern | WAZ.de – Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/staedte/muelheim/sexuelle-vielfalt-in-der-jugendarbeit-foerdern-id9288603.html#plx734111536

14 Antworten zu “„Sexuelle Vielfalt“ – ein PR-Gau?”

  1. tom174 30. April 2014 um 11:44 #

    „Und trägt der Begriff nicht dazu bei, das Klischee zu verfestigen, dass es den Homos eh nur um Sex geht?“
    Was, ausser das Homos gleichgeschlechtlichen Sex haben, unterscheidet sie denn sonst noch von Heteros?

    • Adrian 30. April 2014 um 11:46 #

      @ tom174
      „Was, ausser das Homos gleichgeschlechtlichen Sex haben, unterscheidet sie denn sonst noch von Heteros?“

      Nichts. Außer, dass sie auf dieser Grundlage diskriminiert werden.

      • tom174 30. April 2014 um 11:58 #

        Was schlimm ist. Aber was mir auffällt ist, dass oft viel mehr daraus gemacht wird. Der „LBGT Lebensstil“, schwule Lebensweisen… das suggeriert, dass schwule lesben und transen fundamental anderst leben. Dass schwulsein eben mehr ist als eine sexuelle Orientierung. Damit wird transportiert, dass ihr „anders“ seid. Und damit werden bei Spiessern abwehreflexe geweckt. Die Verschwulung der gesellschaft war ja so eine Befürchtung der Petitionsgegner. Ich glaube nicht, dass nur einer die Sorge hatte dass er dann ab morgen auf schniedel steht, sondern auf das „Eidadei“ Ding abzielte.

        Ich kann verstehen, dass es da Subkulturen gibt, ich verstehe auch, warum es diese gibt und das die sinnvoll sind (und glaub mir, auf ein paar eigenschaften dieser Kultur sind viele heten neidisch), aber mit begrifflichkeiten wie oben reduziert die Presse oder ihr selbst euch, euer komplettes Dasein, auf eure sexuelle Orientierung. Würde ich für mich nicht wollen.

  2. torwine 30. April 2014 um 11:59 #

    Womöglich denke ich zu sehr um die Ecke… ?

    Die Kritik an der Kritik gegen den Bildungsplan läuft (fast?) ausschließlich unter der Überschrift ‚Homophob‘.
    Die, die gegen den Bildungsplan sind, sind eben homophobe Ewiggestrige.

    Nun bin ich dummerweise nicht im geringsten homophob, und dennoch gegen den Bildungsplan.
    Hups !?

    Ich wundere mich zum Beispiel, wieso nicht generell ‚Toleranz‘ Bestandteil des Bildungsplans werden soll.
    Wieso nur diese Spezialtoleranz ??
    Aber DIESE Frage wird medial/öffentlich nicht gestellt oder diskutiert.
    Muss ja nun auch nicht mehr diskutiert werden.
    Denn jetzt ist ja klar, wie man denken muss, um zu den Guten, Aufgeklärten und Modernen zu gehören.

    Mit der Homophobiekeule sind Kritiker ganz geschmeidig diskreditiert.
    Glücklicherweise sind ja genügend homophobe auf den Zug aufgesprungen, so dass man sie als ‚Beweise‘ vorführen kann.
    Eine sachliche Auseinandersetzung ist damit erledigt, weil man die Kritiker nun nicht mehr ernst nehmen muss. Reaktionäre Dummbratzen eben.

    Ich würde das als geschickten Schachzug bezeichnen.

    So gesehen also eher in PR-Erfolg.

  3. Rastar 30. April 2014 um 12:28 #

    Du bist also für ‚Generaltoleranz‘ aber gegen Spezialtoleranz, die nichtsdestoweniger von einer ‚Generaltoleranz‘ gewährleistet oder abgedeckt wäre! Also eigentlich müßte jemand der generaltolerant ist auch spezialtolerant sein. Alles andere wäre unlogisch und würde nach einer Erklärung verlangen. In diesem konkreten Fall wäre die Diagnose ‚Homophobie‘ nicht unbedingt naheliegend aber zumindest diskutabel. Das hat nichts mit geschickten Schachzügen oder angestrebten PR-Erfolgen zu tun…

  4. derdiebuchstabenzaehlt 30. April 2014 um 13:10 #

    Ich bin gegen solche Bildungspläne weil solche Dinge nicht in Bildungspläne gehören. Weiter ging es doch offensichtlich darum noch mehr Gender in die Schulen zu tragen. Da bin ich erstrecht gegen. Genderpolitik hat dort nix zu suchen!!

    • Adrian 30. April 2014 um 23:05 #

      @ ddbz
      „Ich bin gegen solche Bildungspläne weil solche Dinge nicht in Bildungspläne gehören.“

      Und wieso nicht?

  5. Atacama 30. April 2014 um 16:17 #

    @torwine

    Weil Verständnis die Basis für wirkliche Toleranz ist. Wenn du der Meinung bist, Homosexuelle missbrauchen Kinder, wollen die Gesellschaft verändern, „die Familie“ „zerstören“, haben einen „schlimmen“ „Lebensstil“ oder sogar den Welt- oder zumindest Volksuntergang herbeiführen usw.
    wieso soll man sowas tolerieren?

    Das ist für manche doch so als würde man sagen „Toleriere bitte Josef Fritzl und sein Kellerverlies“. Ist doch verständlich dass sich dann gewehrt wird.

    also muss man erstmal ei´ne Basis schaffen, indem Vorurteile abgebaut werden, dass Toleranz bzw. Akzeptanz überhaupt verinnerlicht wird.

    Menschliche Vielfalt könnte man es ja nennen. Oder Liebesvielfalt.

    Das Problem fängt aber schon früher an, als bei sexueller Vielfalt, nämlich bei der Bezeichnung „homo-hetero-bi-SEXUALITÄT“. Das allein schafft ja schon eine Sex-Assoziation.

  6. Ralf 30. April 2014 um 17:13 #

    Sexuelle Vielfalt meint ja gerade nicht irgendwelche sexuelle Handlungen, sondern einfach nur die Akzeptanz der verschiedenen sexuellen Orientierungen. Freilich scheint der Begriff unsere reaktionären katholischen, evangelikalen und muslimischen Mitmenschen zu allerlei Phantastereien anzustacheln, was insbesondere zwei Männer miteinander im Bett (oder andernorts) treiben könnten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, was man sich da so für perverse Gedanken macht, häufig weit jenseits sowohl der tatsächlich gängigen schwulen Sexualität wie der anatomischen Möglichkeiten. Nach der Veröffentlichung manches Leserbriefs von mir zum Thema in der regionalen Presse ereilten mich Telefonanrufe empörter christlicher Leser (die sich auch ausdrücklich als Christen bzw. Gläubige zu erkennen gaben). Fast alle schwelgten in hasserfüllten Beschreibungen fäkaler und sadistischer Sexpraktiken, die sie sich ausmalten und mir als Alltagssex unterstellten, wofür ich dermaleinst in der Hölle schmoren werde. Mag sein, dass vernünftiges Vorgehen den Begriff sexuelle Vielfalt ersetzen sollte, z.B. durch rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz von Schwulen und Lesben (eine platzraubende Wendung, die ich selbst meist benutze). Das klingt nach Gesetz und menschlicher Gemeinschaft und ist nicht praktisch-sexuell auszulegen. So macht man gewollte Missverständnisse sehr viel schwerer und zwingt die Gegenseite zur offenen Ablehnung von gleichen Rechten und zur offenen Bekundung von Intoleranz.

  7. mitm 30. April 2014 um 22:31 #

    Nach meinem Eindruck sind Überschriften wie “Sexuelle Vielfalt in der Jugendarbeit fördern” in der Tat ein PR-GAU.

    Diese Aussagen sind hochgradig doppel- bzw. mehrfachdeutig. Die Überschrift und der erste Absatz (und viel mehr lesen viele nicht, und normalerweise hätte ich auch danach aufgehört zu lesen) können bedeuten:

    1. Wir sind bisher schon sexuell ziemlich vielfältig, das reicht aber nicht, statt 58 Geschlechter bei FB fordern wir 95.

    2. Die Jugendlichen sollen die 58 Geschlechter genauer lernen, vor allem die Unterschiede, also welche sexuellen Praktiken wo vorkommen und wo nicht oder verstehen, welche biologischen Besonderheiten vorliegen.

    3. Ein Teil der Aktivitäten **in der Jungendarbeit** beschäftigt sich mit sexuellen Themen (Liebeskummer und wie an sich tröstet), und das soll thematisch vielfältiger werden

    4. Ein Teil der Aktivitäten **in der Jungendarbeit** beschäftigt sich mit sexueller
    Vielfalt (Einführung in Homos für Heteros), dieser Teil der Jugendarbeit soll gefördert werden und mehr Geld bekommen.

    5. Weil die Homos die große Mehrheit bilden und das nicht vielfältig ist, wird (so ähnlich die die Werbung, Frauen sollen MINT-Fächer studieren) dafür geworben, wenigstens bi oder noch besser Homo zu werden.

    usw. usw.

    Wenn man in den Artikel hineinsieht, soll im Gegensatz zum Titel die sexuelle Vielfalt offenbar gar nicht gefördert werden, sondern gleich bleiben. Stattdessen sollen scheinbar überall ein paar Räume oder Termine, die bisher von den Heteros benutzt werden, für Homos abgezwackt werden, weil die was separates brauchen, oder eventuell auch neue spezielle Zentren für Homos errichtet werden, wo Heteros nicht reindürfen (was aber zu teuer sein dürfte). Auch hier bleiben mehr Fragen als Antworten.

    Der GAU besteht darin, sich dermaßen unklar auszudrücken, daß fast niemand außer ein paar Insidern versteht, was gemeint ist (selbst ich verstehe nicht so ganz genau, was wirklich passieren soll), aber zugleich die wildesten Mißverständnisse und Spekulationen provoziert werden.

    Außerdem wunderte mich der Satz „Geschätzt 5 bis 7 Prozent der jungen Menschen haben eine gleichgeschlechtliche Orientierung“: nach früheren Diskussionen hier gibt es bestenfalls 3%. So oder so, bei vielleicht 100 Jugendlichen, die ein Zentrum besuchen, wären das dann 3 – 5, und für die jetzt eine Extrawurst braten? Allles sehr verwirrend.

    Also kurz gesagt: das ist definitiv ein PR-Gau.

  8. Alreech 30. April 2014 um 22:49 #

    es geht eben nicht um die Akzeptanz der verschiedenen sexuellen Orientierungen.
    Weder die Sado-Maso Szene noch die Swinger werden im Unterricht bedacht, oder ?

    Dabei ist es wirklich nicht o.k. wenn eine junge Frau die gerne Sex mit mehreren Männern gleichzeitig hat als Gangbangschlampe bezeichnet wird (ausser sie bezeichnet sich selber so).

    Allerdings scheint weder die SM- noch die Swingerszene scharf darauf zu sein das ihre sexuelle Orientierung in den Leerplänen besonders erwähnt wird.

  9. mitm 30. April 2014 um 23:08 #

    „Sexuelle Vielfalt meint … einfach nur die Akzeptanz der verschiedenen sexuellen Orientierungen“

    Also ich bilde mir ein, so halbwegs die deutsche Umgangssprache zu kennen, und für mich ist es undenkbar, aus “Sexuelle Vielfalt fördern” die Bedeutung abzuleiten „die Akzeptanz der verschiedenen sexuellen Orientierungen [herstellen / fördern?]“.

    Vielfalt bedeutet, daß es viele verschiedene Sorte von etwas gibt, also biologische Vielfalt = viele Pflanzensorten, genetische Vielfalt = viele unterschiedliche Genkombinationen usw.
    „Vielfalt fördern“ bedeutet die Anzahl steigern. Wenn die Anzahl gleich bleibt, dann bleibt auch die Vielfalt gleich.

    Selbst wenn verrät, was mit „Sexuelle Vielfalt fördern” eigentlich gemeint ist, stehen die Leute, die zumindest in ihrer Selbstwahrnehmung tolerant sind und nichts gegen die verschiedenen sexuellen Orientierungen haben, und das scheint mir heute die große Mehrheit, immer noch vor einem Rätsel, denn nach eigener Wahrnehmung IST MAN längst tolerant, also soll offenbar ausgedrückt werden, daß man immer noch nicht tolerant genug ist.

    Man versteht bei diesen schlagwortartigen Formulierungen nicht, was wirklich das Problem ist und inwieweit man selber auf der Anklagebank sitzt.

    Mein Ratschlag: versuchen, sich klarer und unmißverständlicher auszudrücken. Man könnte z.B. Textentwürfe testlesen lassen von ein paar Heteros, die NICHT mit dem Szene-Slang vertraut sind, und sehen, ob die verstehen, was gemeint ist.

  10. derdiebuchstabenzaehlt 1. Mai 2014 um 00:19 #

    „Und wieso nicht?“

    Sowas gehörte in Erziehungspläne nicht in Bildungspläne. Wenn der Staat denn den Eltern die Erziehung entziehen möchte soll er das offen sagen.

    Ausserdem war dieser Zusatz zum Bildungsplan offensichtlich ein Versuch Genderpolitik in den Bildungsplan zu bringen. Wenn der Staat auch dies will so soll er das auch offen sagen.

  11. gracuch 2. Mai 2014 um 20:47 #

    @ddbz
    Die Gesellschaft, damit auch sämtliche Bildungseinrichten, erziehen die Kinder ohnehin mit, das ist nicht nur die Arbeit der Eltern. Wenn du nicht möchtest, dass deine Kinder Akzeptanz und Toleranz erlernen, schlage ich dir vor, dass du sie wie Rousseau seinen Emile abgeschottet von der Zivilisation aufziehst.

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