Conchita und der Kommunismus

16 Mai

Ach was waren das noch für Zeiten, als die Genossin Kollontai vor gut 1oo Jahren das Eherecht lockerte und das Recht auf Abtreibung durchsetzte. Volksküchen und kollektive Kindererziehung sollten die Frauen aus dem Joch der Kleinfamilie befreien, die Menschen in Kommunen leben und freie Liebe und Sexualität genießen. Und was erzählen die russischen Kommunisten heute?

Waleri Raschkin, Chef der Kommunistischen Partei, droht mit der schärfsten Waffe im weltweiten Klassenkampf,

dem Ausstieg Russlands aus dem Song Contest.

Kommunisten setzen schließlich Prioritäten:

Der Sieg von Conchita Wurst habe das Fass zum Überlaufen gebracht und es sei für Russland nun an der Zeit, den Wettbewerb zu verlassen. Die Geduld sei einfach erschöpft.

Denn was ist schon die Ausbeutung der Arbeiterklasse, das Vordringen des Imperialismus, die Kriegsgefahr, der Klimawandel, der Hunger in der Welt und der ganze Rest gegen dieses Problem:

„Wir müssen diesen Wettbewerb verlassen, wir können diesen endlosen Wahnsinn nicht tolerieren“, so der Politiker weiter.

Doch Raschkin hat nicht nur zu mäkeln, er hat eine Lösung:

Seine Alternative: Eine familiäre Veranstaltung, für die er auch schon einen Namen hat: „Voice of Eurasia“.

Darin sind sie sich übrigens einig, die Extremisten von Links bis Rechts, von kommunistisch bis katholisch, dass eine Frau mit Bart, ein Mann mit Damenbart, ein Mann in Frauenkleidern, dass so etwas sich einfach nicht gehört. Und keiner wundert sich über das falsche Lob von der jeweils anderen Seite der politischen Lager.

Dabei sagte schon der Genosse Lenin:

Sage mir, wer Dich lobt, und ich sage Dir, worin Dein Fehler besteht.

Was wir da beobachten, ist die Verkleinbürgerlichung des Kommunismus. Was für ein Elend!

4 Antworten zu “Conchita und der Kommunismus”

  1. Yadgar 16. Mai 2014 um 15:02 #

    Die Modernität des Sowjetkommunismus war doch von Anfang an, spätestens seit dem Aufstieg Stalins wenig mehr als ein Potemkinsches Dorf, ein grandios inszenierter Schwindel… Raumstationen im Orbit, aber auf den Dörfern wurde noch mit Ochsen gepflügt. Und Millionen Linke (längst nicht alle Linken, aber trotzdem viel zu viele) im Westen sind jahrzehntelang darauf reingefallen – ich blicke es bis heute nicht! Und nach 1989 dann der große Katzenjammer und die Flucht in noch spinnertere Ideologien (abgedrehter Verschwörungskokolores, Mahler, Langhans, Elsässer und was es sonst noch an Querfront-Abenteurern gab und gibt)… da bin ich rückblickend ja fast froh, dass ich den ganzen Quatsch nur als pubertierender Zaungast in den 80ern mitgemacht habe!

  2. Leszek 16. Mai 2014 um 23:45 #

    „Darin sind sie sich übrigens einig, die Extremisten von Links bis Rechts, von kommunistisch bis katholisch, dass eine Frau mit Bart, ein Mann mit Damenbart, ein Mann in Frauenkleidern, dass so etwas sich einfach nicht gehört.“

    Gibt aber auch Linksextremisten, die das anders sehen und damit keine Probleme haben, ich zum Beispiel. 🙂

    • Damien 17. Mai 2014 um 10:41 #

      Danke für die Ergänzung, Du hast natürlich Recht, ich war etwas undifferenziert 😉

  3. Rastar 19. Mai 2014 um 11:20 #

    GayWest Universität Lektion 47 (Zusammenfassung):

    Die meisten politisch radikalen Orientierungen waren und sind Ausdruck der verzweifelten Bemühungen von Kleinbürgern, die klaustrophobische Enge ihrer Lebens- und Vorstellungswelt zu durchbrechen. Das hindert sie freilich nicht daran, in den Bereichen, die ihnen nicht von zentraler Bedeutung zu sein scheinen wie Ästhetik oder Sexualmoral, hoffnungslos rückständig und spießig zu bleiben, sich also gleichsam zu verraten. Das ist geradezu ein Charakteristikum – ein ‚Erkennungsmerkmal‘.

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