Holt die Flagge ein!

18 Jun

Jedes Jahr im Sommer wiederholt sich das Phänomen, dass vor Rathäusern, Amtsstuben und Ministerien quer durch die Republik die Regenbogenflagge gehisst wird. So richtig weiß keiner wieso, die offizielle Begründung lautet aber stets, dass der Staat damit ein Zeichen der Solidarität mit der LGBTI-Cmmunity setzen will.  Was so harmlos und kuschelig erscheint, entpuppt sich bei näherer Überlegung, als eine ziemlich fragwürdige Angelegenheit, und zwar gleich aus mindestens zwei Gründen.

Zum Ersten steht es einem Staat, der alle Bürger repräsentieren sollte, nicht sonderlich gut zu Gesichte, wenn er mit dem Hissen einer Flagge ein Zeichen für eine bestimmte Gruppe der Gesellschaft setzt. Mir erscheint das befremdlich, zumal wenn man den Gedanken weiterspinnt. Wir wäre es zum Beispiel, wenn demnächst auch die Flaggen von Familienverbänden gehisst werden, als Zeichen für die Wichtigkeit der Familie als vielbeschworene „Keimzelle der Gesellschaft“? Oder die türkische Flagge, als Audruck der Solidarität mit der deutsch-türkischen Community? Und wie wäre es eigentlich mit einer heterosexuellen Flagge?

Zum Zweiten ist die staatliche Beflaggung nicht mehr als ein billiges Zeichen, welches nichts kostet, und nichts einbringt. Sie ist nicht mehr als eine symbolische Geste von Seiten des Staates, jenes Staates, der queeren Menschen immer noch gleiche Rechte vorenthält, und Intersexuelle verstümmeln lässt. Adrian und Co. dürfen staatlicherseits zwar nicht heiraten, kein Blut spenden und nicht adoptieren, aber wenigstens dürfen wir uns einmal im Jahr an der gehissten Regenbogenflagge ergötzen.  Niemand braucht so etwas. Insofern:

Holt die Flagge ein!

5 Antworten zu “Holt die Flagge ein!”

  1. aranxo 18. Juni 2014 um 23:51 #

    Sehe ich auch so.

    Stell Dir mal vor, das Kennzeichen einer Gruppe würde nicht nur einmal im Jahr aufgehängt, sondern jeden Tag in jedem Klassenzimmer, jedem Gerichtssaal und sogar den Plenarsälen hängen, obwohl sich der Staat neutral verhalten sollte. Unvorstellbar? Ist aber so, seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten. Und diejenigen, die sich dran stören, werden immer wieder als miesepetrige Außenseiter gebrandmarkt.

  2. Adrian 19. Juni 2014 um 02:44 #

    Ich merke gerade, dass ich in diesem Zusammenhang bereits einmal ein wenig anders argumentiert, zumindest aber einen anderen Schwerpunkt gesetzt habe:
    https://gaywest.wordpress.com/2008/06/05/die-homo-schlacht-zu-reinickendorf/

  3. m 19. Juni 2014 um 09:37 #

    Adrian ist so erfrischend unideologisch. Ich fordere eine Adrian-Flagge! 😀

  4. Ralf 19. Juni 2014 um 13:03 #

    Ich halte es für gut und richtig, wenn Rathäuser von Städten, in denen gerade ein CSD stattfindet, die Regenbogenflagge hissen, und hätte nichts dagegen, das auch mit der gelb-weißen Flagge der Katholiken zu tun, wenn dort ein Katholikentag veranstaltet wird. Die Regenbogenflagge an einem Ministerium hingegen ist Heuchelei in einem Staat, der Schwule und Lesben nach wie vor benachteiligt und schlechterstellt, und sie ist erst recht Heuchelei von Ministern, die der homofeindlichen Regierung angehören, die wir derzeit haben. In Luxemburg hat das Parlament gerade mit einer 93%igen Mehrheit die Ehe geöffnet. Der Deutsche Bundestag verfügt über eine satte 80%-Mehrheit dagegen. Wir sind wieder dort angekommen, wo wir unter Helmut Kohl mal waren, der sich dachte, mit der Abschaffung des § 175 sei es genug, und man erinnere sich: Helmut Schmidt war selbst das noch zu viel gewesen. Die Bundespolitik ist in die 80er Jahre zurückgestürzt, und dort wird sie so lange bleiben, wie die SPD stolz darauf ist, Nachfolgepartei der FDP als Mehrheitsbeschaffer von Angela Merkel und Horst Seehofer zu sein.

  5. Rastar 25. Juni 2014 um 18:46 #

    Im Grunde hast du Recht Adrian. Aber ich finde wir sollten unsere Empörung lieber aufsparen – etwa darauf, dass ein Staat, der alle Bürger repräsentieren sollte, nahezu alle seiner Bemühungen darauf zu richten scheint, die Interessen von weniger als 1% der Bevölkerung zu vertreten – und das ganz ohne Flagge und 365 Tage im Jahr. 🙂

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