Sex, Tuider und ich

30 Nov

Kommentator „only_me“ hat mich auf einen Beitrag auf dem Blog „man tau“ aufmerksam gemacht, in dem es ebenfalls um den Bildungsplan und Elisabeth Tuider geht. Dieser Beitrag ist durchaus lesenwert, hat m. E. allerdings einen erheblichen Schwachpunkt: Er ist alleine aus der heterosexuellen Perspektive geschrieben und bezieht die Verunsicherungen die einem homo-, trans- oder intersexuellem Schüler angesichts der (bisherigen?) heteronormativen Sexualpädagogik auferlegt werden, nicht ein.

Interessant finde ich insbesondere die Kritik an Tuiders Konzept, Normen in Frage zu stellen:

Weder Sieler noch Tuider kommt jedoch jemals auf die Idee, zu fragen, ob Normen nicht einen positiven Sinn haben und eine Funktion erfüllen könnten – Normen werden von ihnen jeweils blind als Reproduktionen von Herrschaftsverhältnissen hingestellt.

Eben das aber ist gerade für Kinder und Jugendliche natürlich ganz anders. Wer sich einigermaßen verlässlich im Rahmen einer Gruppe orientieren und dort handeln will, muss ein Bild davon bekommen, was er gemeinhin von anderen erwarten kann – welche Erwartungen andere an ihn haben, welche Erwartungen er also seinerseits erwarten kann – was geschieht, wenn diese Erwartungen enttäuscht werden, welche Spielräume es für Regelübertretungen gibt.

Tatsache ist allerdings, dass meine eigene anerzogene und geprägte heteronormative Weltsicht in meinen Jugendjahren eben durch das Bewusstsein der Realität meiner eigenen Homosexualität in Frage gestellt worden ist. Die Realität, das ich homosexuell bin, hat nicht zur Norm einer heterosexuellen Welt gepasst. Meine Verunsicherung in dieser Hinsicht war Teil des Verstehens, dass es eben nicht nur Heterosexualität gibt. Insofern würde ich Verunsicherung und das Hinterfragen von Normen als Teil des Prozesses auf dem Weg vom Kind zum Erwachsenen sehen.

Wenn nun die Gegner des Bildungsplanes darauf insistieren, dass Heterosexualität weiter zur Norm erklärt wird, und all jene – einschließlich mich -, die nicht dieser Norm (oder der Norm der Zweigeschlechtlichkeit) entsprechen, lediglich als Abweichungen von dieser Norm zu tolerieren seien – dann ist das Audruck eines Herrschaftsverhältnisses, sei es nun beabsichtigt oder nicht.

8 Antworten zu “Sex, Tuider und ich”

  1. derdiebuchstabenzaehlt 30. November 2014 um 11:35 #

    Wir wollen es mal bis ans bittere Ende weiterdenken. Da bei JEDEM Menschen seine Eigenart, hier Sexualität, eben seine eigene Art ist, müsste es um KEINE Herrschaftsverdachte aufkommen zu lassen soviele Berücksichtigungen im Bildingsplan geben, wie es Schüler gibt … Na, dann mal viel Spaß allein mit dem Schreiben dieses Bildungsplans! 🙂

    PS Ist die Schulpflicht nicht schon eine Art Herrschaft?

    • Adrian 30. November 2014 um 11:38 #

      @ ddbz
      Es geht aber eben nicht primär um Sexualität, sondern um sexuelle Orientierungen, sowie um Trans- und Intersexualität.

      „Ist die Schulpflicht nicht schon eine Art Herrschaft?“

      Ja, ist sie.

  2. derdiebuchstabenzaehlt 30. November 2014 um 11:59 #

    @ Adrian

    In mein Beispiel rübergesponnen: – Es geht aber primär um eigenartige Orientierung.

    Ich denke uns beiden ist klar was jeweils gemeint ist?!

    • Adrian 30. November 2014 um 12:15 #

      @ ddbz
      Nein, mir ist nicht klar, was Du meinst.

  3. derdiebuchstabenzaehlt 30. November 2014 um 12:26 #

    @ Adrian

    Einfach gefragt. Warum sollte der Bildungsplan oder sonst was auf LGBT beschränkt bleiben? Was spricht denn gegen eine beliebige Ausweitung auf alle möglichen Orientierung?

    • Adrian 30. November 2014 um 12:33 #

      @ ddbz
      Im Grunde genommen nichts.

  4. derdiebuchstabenzaehlt 30. November 2014 um 12:35 #

    @ Adrian

    Na dann sind wir uns ja einig … soweit.

  5. WTF 2. Dezember 2014 um 14:25 #

    @ddbz
    Der Bildungsplan ist doch auch nicht auf LGBT beschränkt, sondern wird darum erweitert.

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