„Der Zaunfink“ beschreibt was es heutzutage heißt, sich als Schwuler in der Öffentlichkeit zu bewegen:
Will man verstehen, was Homos bspw. dazu antreibt, Bildungspläne für sexuelle Vielfalt in Schulen zu befürworten, muss man sich oben beschriebene Situation bewusst machen; eine Situation, die Heteros nicht kennen, weil sie sie nicht erleben müssen.
Es ist der Versuch, endlich Normalität zu atmen.
Das beschreibst du richtig, es ist der Versuch… Wie lange versuchen wir schon Migranten und Asylbewerbern eine atmungsaktive Umwelt zu verpassen. Im Gegensatz zu den meisten Migranten können Schwule jedoch noch dimmen. Was gab es alles für Kampagnen, mein Freund ist Ausländer, wir sind alle Ausländer – fast überall… Interessant wäre, warum Du glaubst durch eine solche Aktion würde sich mehr Akzeptanz einstellen? Vor allem, wenn man nach diesen „tollen“ Übungen die Kiddis in das gleiche homophobe Klima entlässt, aus dem sie morgens zur Schule gekommen sind… Erfahren das Schwule eben ganz normale Menschen sind, das tun die Kinder durch solche Übungen eben nicht, sie wissen zwar was ne Regenbogenfamilie ist, dass der Samen aus Dänemark und Canabis aus Holland kommt, doch glaubst Du wirklich das ändert irgendwas? 1933 hat man es geschafft eine halbwegs aufgeklärte Nation nicht nur gegen Juden aufzuhetzen, nein, auch gegen ihre Nachbarn, Ärzte, Gemüse-, Buch- und sonstige Händler. Gegen Klassenkammeraden, ehemalige Freunde, teilweise sogar gegen Familienangehörige. Nur weil sie auch Juden waren…
Ich möchte den Versuch nicht gleich schlechteren, auch wenn ich an einigen Punkten mehr als Bauchschmerzen habe, doch sollte man ein Konzept mal etwas weiter fassen…
@ Kai V
„doch glaubst Du wirklich das ändert irgendwas?“
Natürlich. Sichtbarkeit und Wissen schadet in den seltensten Fällen. Was wäre die Alternative? Homosexualität verschweigen?
@ Kai V
Und würdesdt Du wirklich bestreiten, dass Ausländer heute mit anderen Augen gesehen werden, als noch vor 20, 40 Jahren?
Hallo Adrian,
natürlich ist Verschweigen keine Lösung und sollte es nicht sein! Ich habe aber auch geschrieben was ich von diesem „Lückentext“ Regenbogenfamilie halte.
Wir haben in unserer Schule über den Holocaust geredet, wir hatten Lehrbücher dazu mit erschreckenden Bildern und Texten… Es gibt immer noch Rechtsextreme. Hier machen wir das gleiche und hoffen auf andere Ergebnisse…
Ich selbst bin in einer „kriegsfreien“ Familie aufgewachsen. Meine beiden Großväter waren bereits gestorben, meine Großmütter sind beide auf dem Land groß geworden. Ja, es gab auch sowas wie Kristallnacht, doch die war viele (für damalige Verhältnisse) Kilometer weit weg in der Stadt und meine Großmütter selber noch Jugendliche…
Für mich ist der Krieg und Holocaust erst begreifbar geworden als wir mit Überlebenden gesprochen haben, sie uns ihre Geschichte erzählen und wir fragen konnten. Vorher war es für mich etwas, das in ferner Vergangenheit lag. Das Wissen dazu, wie so oft, in Büchern festgehalten, aber eben weit weg.
Durch diesen „Projekttag“ wurde mir auch bewusst, Antisemitismus gibt es auch heute noch und Ausländerfeindlichkeit hat ähnliche Ursachen. Ich hatte einfach wirklich und wahrhaftige Menschen kennen gelernt, an ihren persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen teilgenommen…
Ich halte nicht viel von „Lückentexten“ (vor allem nicht wenn sie die nur politischen Ziele der Community vermitteln sollen). Wenn man wirklich etwas ändern möchte, dann muss man in den Familien ansetzen (leider fast unmöglich), dann muss man Homosexualität etc. „begreifbar“ und sichtbar machen.
Man kann Kinder mit 1000 Dildos spielen lassen, es bringt nichts. Man muss Homosexuelle in die Schulen bringen, als Lehrer, für „Projekttage“ oder sonst etwas. Ein Caravaggio im Kunstunterricht bringt nicht viel, ein Transsexueller der über seine Erfahrungen im Ethik- oder Politikunterricht spricht aber 1000 mal mehr!
Zu Deiner Frage:
„Und würdest Du wirklich bestreiten, dass Ausländer heute mit anderen Augen gesehen werden, als noch vor 20, 40 Jahren?“
Ja, vor 20 Jahren hatten wir Hoyerswerda, heute haben wir Pegida… Und das ist ein gutes Beispiel, die Menschen im Osten haben die gleichen Schulen, sehen aber kaum Ausländer, sind aber eher ablehnend. Dort wo man sie als Menschen, Ärzte, Kollegen, Nachbarn begreift, ist die Qualität anders. Hier der gute Türke dessen Papa schon nach Deutschland kam und der mit mir arbeitet oder den Blinddarm entfernt hat, dort der böse Asylant, der nur wegen der Wirtschaft hier herkommt und auf unsere Kosten lebt…
Gruss
Kai
„Ja, vor 20 Jahren hatten wir Hoyerswerda, heute haben wir Pegida… Und das ist ein gutes Beispiel, die Menschen im Osten haben die gleichen Schulen, sehen aber kaum Ausländer, sind aber eher ablehnend. Dort wo man sie als Menschen, Ärzte, Kollegen, Nachbarn begreift, ist die Qualität anders. Hier der gute Türke dessen Papa schon nach Deutschland kam und der mit mir arbeitet oder den Blinddarm entfernt hat, dort der böse Asylant, der nur wegen der Wirtschaft hier herkommt und auf unsere Kosten lebt…
Gruss
Kai“
Denkst du nicht, dass man da differenzieren kann?
Ich kann den Wunsch nach Akzeptanz absolut verstehen. Und natürlich unterstütze ich diesen auch, wo immer ich kann.
Ich mag den Lehrplan aber trotzdem nicht. Würde ich glauben, dass dieser zu mehr Akzeptanz fühte, würde ich die Femi/Genderkröten die da eingebaut werden, auch schlucken. Ich will aber nicht, sollten meine zwei Kleinen Heteras sein, dass sie ständig ihre Privillegien reflektieren sollen, bevor sie sich äussern. Alle Lehrbücher sollen auf LBTTG Inalte geprüft werden. Wie weit ist es zu Autorenquoten?
Erinnern wir uns an unseren Sexualunterricht. Haben wir den, jenseits der STDs, ernst genommen? Die Leute, die heute starren, das waren die, die sich in der Schule über Vagina und Penis kaputtgelacht haben. Das wird bestimmt klasse, wenn es gezielt um Homosexualität geht. Ich stelle mir das auf einer Hauptschule unterhaltsam vor. Aber eben nicht wirklich zielführend.
Ich weiss, es viel verlangt, aber ich glaube, sich zeigen, so wie der Zaunfink im Park, ist hier das Mittel der Wahl. Wenn es nichts besonderes mehr ist, wenn zwei Frauen oder Männer Händchen halten, dann hört das Starren auf. Der bewegte Mann, die CSDs, in deren Folge die Fernsehserien. Wowereit, Westerwelle. Die Sichtbarkeit schafft hier Akzeptanz. Ich habe keine Ahnung, wie hoch die Homosexuellen Dunkelziffer in meinem Umfeld ist, ich kenne zwar einige, aber sogar für mich ist es etwas Besonderes, zwei händchenhaltende oder gar küssende Frauen oder Männer zu sehen. Nicht schlecht besonders, aber sehr sehr selten und somit aussergewöhlich. Und natürlich würde ich auch ein bisschen Starren aber mir denken „good for them“
Also, ich weiß nicht. Endlich „Normalität atmen“ – ist doch ganz normal dieser Wunsch. Den haben auch Heterosexuelle Männer im Zeichen von Gender und Feminismus.
Zu den Christopher-Street-Days kommen Politiker, der Bürgermeister spricht und die Presse schreibt wohlwollend darüber (man zeige mir ein Gegenbeispiel aus der normalen Berichterstattung).
In den 80ern kamen Schwulenfilme (Titel fallen mir nicht mehr ein, zwei davon habe ich aber gesehen), welche ebenfalls gute Rezensionen durch die Medien bekamen – und nun muss man unterhalb „des Radars“ gehen?
Ich bin sogar geneigt, dies zu glauben, allerdings auf bestimmte Stadtteile mit einer vorherschenden Ethnie bezogen. Da gehen auch Frauen z.B. lieber mit dunkel gefärbtem Haar durch, was man aber nicht mehr sagen darf, da es eine Willkommenskultur verletzt
Spaziert man aber durchs Glockenbachviertel in München, dann sieht man da niemand unter dem Radar kriechen, sondern bekommt das Gegenteil mit.
Und man ekelt sich nicht oder dreht sich angewidert weg, sondern kommt auch mal ins Gespräch. Es ist also weitestgehend akzeptiert.
Wird aber jetzt konterkariert durch eine Herausstellung, die ich eher bei Lesben im Zusammenhang mit Bildungsplänen sehe, welche ich in dieser Form absolut ablehne und dies an anderer Stelle schon mehrfach begründet habe.
Und dagegen wehren sich viele Menschen – nicht gegen Schwule, z.B. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man durch solche Lehrpläne eher Widerstand erzeugt, als dass man Akzeptanz schafft.
Wenn ich mir die Vehemenz ansehe, mit der Lesben dafür ‚gekämpft‘ haben, so aus meiner Münchener-Zeit, einen Christina-Street-Day alternierend zu etablieren, dann könnte man sich ggf. auch mal fragen, ob das wirklich die Verbündeten sind.
Man mag mich nun dafür lynchen, teeren und federn und anschließend filetieren, aber das ist meine Meinung zum Thema.
@ emannzer
„Man mag mich nun dafür lynchen, teeren und federn“
Den Gefallen tu ich Dir nicht.
@Actacama
„Denkst du nicht, dass man da differenzieren kann?“
Klar kann man da differenzieren…
„In der Innenstadt kannst Du heute Nachts nicht mehr allein rumlaufen, da sind zu viele Ausländer, da musst Du Angst haben dass die Dich abstechen“ – „Mein türkischer Kollege ist voll nett“ – Zwei Aussagen von einer Person (Westdeutschland) zu unterschiedlichen Zeiten. Er differenziert da schon.
„In der Firma habe ich ja keine Probleme mit denen [Ausländer], alle ganz nett. Aber du kannst ja nicht mal mehr durch die Stadt gehen ohne Türkisch zu sprechen oder von türkischen Jugendlichen blöd angemacht zu werden.“ Differenziert auch sehr schön, war übrigens jemand der sozial eingestellt war, also eher nicht rechts. Der würde heute auch bei Pegida mitlaufen, wegen der Leitkultur. Und es war im Westen, da wo halt noch alles differenzierter gesehen wird…
Oder wie möchtest Du hier differenzieren? Das damals (Hoyerswerda) zur Tat geschritten wurde nachdem ein entsprechendes Klima, übrigens auch von der Politik, aufgebaut wurde; und man heute erst noch das passende Klima aufbaut? Dass es damals gegen Asylanten ging, heute „nur“ gegen Muslime? Solange Du ein solches gesellschaftliches Klima hast, egal ob gegen Ausländer, gegen Schwule, gegen sonst was, ist es schwer für Mitglieder dieser Gruppe…
Hier in Paris gibt es viele Schwule, es gab nie einen 175er, nie eine offene Ablehnung von Homosexuellen, die Freiheiten der goldenen 20er wurden schnell nach der Nazibesatzung wieder eingeführt, die meisten Schwulen jedoch dimmen weiter. Es gibt aber auch einige die sich von ihrer Art wie Dandys geben und somit schnell erkennbar sind. Ich kenne nur einen von dieser Gruppe. Doch er sagt mir, er hat keine Probleme in der Öffentlichkeit und er arbeitet eh im Kantinenbereich, da sind nach seiner Aussage eh alle Stockschwul. Ich weiß nicht ob er beleidigt wird oder nicht und kann es nicht nachprüfen… Trotzdem gab es im Umfeld der „manif pour tous“ eben auch Übergriffe gegen Schwule (nur gegen Schwule, Lesben hat hier noch keiner verprügelt), weil das Klima dazu geschaffen wurde. Ich selbst werde übrigens auch und trotz Deutsch/Französischer Freundschaft und allen pipapo ab und an als Nazi, Bosh oder sonst was bezeichnet, ich kann da aber auch drüberstehen.
Jetzt sag mir bitte, was glaubst Du, was man ändert, wenn man Kindern beibringt was Regenbogenfamilien sind, dass der Samen aus Dänemark kommt und das man Dildos zum Ficken nutzen kann? Nach diesen Übungen sehen die Kinder Homosexualität als normal an? Normal ist nur was man kennt, wenn Du in einem Umfeld ohne Homos aufwächst, ist das nun mal genau so fremd wie Ausländer im schicken Vorort. Genau so regen sich die Oberschichten über Pegidademonstranten auf, aber sobald ein Asylbewerberheim in Harvestehude errichtet werden soll, ist auch im Nobelviertel Schluss mit lustig.
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/fluechtlingsheim-hamburg-harvestehude-streit-geht-nach-baustopp-weiter-a-1015794.html
Mich erstaunt diese Debatte immer wieder. Schwule in der Politik, das geht gar nicht, bis dann einer kommt und sagt, ich bin Schwul und das ist gut so. Alle, bis auf ein paar Deppen bei der CDU schreien super. Dann gibt es das gleiche in Hamburg mit einem CDUler, alles easy. Da wurde nicht mal groß diskutiert, es wurde zur Kenntnis genommen, mehr nicht! Dann kommt ein Ex-Fußballer, alle jubeln, aber viele warnen, Fußball ist ein homofeindliches Terrain etc. etc. etc. Ist es das? Jetzt ein Ex-Topmanger, der auch bis zum Karriereende gewartet hat, weil die ja auch alle so schwulenfeindlich sind (schlimmer wie die CDU?)… Beim Fußball kann ich es wegen einiger Spackos bei den Fans ja noch kapieren, aber im Management? Es sind hier seine ureigensten Vermutungen, mich würde das wundern. Nur wenn sich niemand outet und alle auf andere warten, dann machen wir die nächsten 100 Jahre noch irgendwelche nutzlosen Bildungspläne…