Tag Archives: Homosexualität erklären

Krass und reaktionär?

10 Mär

In der „Welt“ habe ich gerade den Artikel einer lesbischen Frau gelesen, die über die Schwierigkeiten und Zumutungen in unserer heteronormativen Gesellschaft berichtet. An dem Artikel habe ich grundsätzlich nichts zu kritisieren, möchte aber eine Frage der Autorin herausgreifen, weil diese mir merkwürdig vorkommt.

Zunächst einmal der Zusammenhang:

„Es gibt Dinge, die kannst du nicht überwinden. Kerle wollen was anderes als Frauen.“ Ich höre zu, sie fährt fort: „Solche Probleme habt ihr natürlich nicht. Ich wünschte manchmal, ich wär auch lesbisch.“ Und fügt erbarmungslos hinzu, dass es ja viele Turbofeministinnen gebe, die sich ganz bewusst für eine Frau entschieden, weil sie Männer als Beschränkung ihrer Selbstverwirklichung ablehnten.

Ich kratze mir den Kopf, sage: „Ach, echt?“, und füge, statt zu widersprechen, irgendeinen pseudoprovokanten Scherz zum Thema „Frauenfeindlichkeit unter Lesben“ hinzu. Erst zehn Stunden zu spät und mitten in der Nacht komme ich auf einen wichtigen Gedanken: Ist es nicht die krasseste unter den reaktionären Ansichten über Homosexualität, man könne sich aus marktwirtschaftlichen Motiven für oder gegen sie entscheiden? So wie man sich für eine Partei entscheidet oder eine Wohnzimmereinrichtung? Homosexualität ist in den Augen dieser jungen, aufgeklärten und links orientierten Frau offenbar bloß ein fauler Ausweg aus der Gendermisere.

Die Frage lautet also:

„Ist es nicht die krasseste unter den reaktionären Ansichten über Homosexualität, man könne sich aus marktwirtschaftlichen Motiven für oder gegen sie entscheiden? So wie man sich für eine Partei entscheidet oder eine Wohnzimmereinrichtung?“

Ich möchte diese Frage gerne mit einem überzeugten „nein“ beantworten, weil ich diese Ansicht weder für sonderlich krass noch reaktionär halte. Warum? Weiterlesen

Weisheit des Tages (29)

3 Dez

Unsere gesellschaftliche Realität ist eine einzige Werbeveranstaltung für Heterosexualität und trotzdem sind Männer wie ich schwul.

(Kai Gehring)

Warum es Heteros einem unmöglich machen, seine Homosexualität „privat“ zu halten

29 Aug

Es gibt ja immer noch Heteros, die nicht verstehen wollen oder können, warum nicht wenige Schwule und Lesben spezifische auf sie zugeschnittene Dienstleistungen bevorzugen. Schnell kommt dann der Vorwurf, man würde seine Sexualität in den Vordergrund stellen und damit ein eher unwichiges Detail seiner Persönlichkeit zu einer Angelegenheit machen, die eigentlich keine ist. Heteros würden ihrer sexuellen Orientierung schließlich auch nicht sonderlich viel Bedeutung beimessen und diese statt dessen als Privatsache behandeln – so wie es sich gehört.

Dass sexuelle Orientierung aber eben nicht Privatsache ist und auch gar nicht sein kann, dass es eben nicht möglich ist, diese im Alltag dauerhaft zu verschweigen, davon kann man sich in einem Interview mit dem Finanzberater Florian Klein überzeugen, der sich speziell auf die Bedürfnisse schwuler Kunden eingestellt hat: Weiterlesen

Gut, besser, Homosexualität

1 Jun

Kennt jemand noch Marcus Franz? Dass war dieser seltsame Politiker aus der Ostmark, der gemeint hat, freiwillige Kinderlosigkeit sei amoralisch, eine Todeserklärung, weshalb auch Homosexualität ganz doll schlimm sei. Das übliche kulturkonservative Palaver halt. Nun hat er versucht, seine Meinung zur Homosexualität zu präzisieren. Und, wird es dadurch besser? Nun ja… Weiterlesen

Ich bin schwul, weil ich es sein will!

17 Mai

Am heutigen Internationalen Tag gegen Homophobie findet am Wittenbergplatz in Berlin eine Demonstration für Menschenrechte statt. Diese läuft unter dem Motto „Sexualität ist keine Entscheidung!“ und wirbt mit dem Slogan: „Wann hast Du entschieden hetero zu sein?“

Sexuelle Orientierung ist keine Entscheidung! Weder für heterosexuelle Menschen noch für homosexuelle, trans-, bi- oder intersexuelle Menschen. Einige Menschen glauben, dass Lesben und Schwule sich ihre sexuelle Orientierung selbst ausgesucht haben oder dass sie zur Homosexualität verführt wurden. Je stärker Menschen glauben, dass sexuelle Orientierung eine freie Entscheidung ist oder durch die Umwelt beeinflusst wird, desto homophober sind ihre Einstellungen. Die Annahme, dass Menschen ihre sexuelle Orientierung durch Verführung lernen, ist hingegen wissenschaftlich widerlegt. Dabei mehren sich die Belege dafür, dass sexuelle Orientierung angeboren ist.

Das ist ja alles wunderbar, gut und richtig begründet. Und trotzdem grundfalsch! Weiterlesen

Eine konsequente Schlampe

8 Mai

Im „Zeit Magazin“ habe ich eine Textpassage gefunden, die mich irritiert. Konkret geht es da um das Vorurteil bzw. Klischee, dass Schwule oft und immerfort Sex haben und dies auch haben könnten. Soweit, so banal, würde der Autor nicht die Zauberformel „Frau“ einfließen lassen:

Einige Hetero-Männer, die ich kenne, bringen ihre Vermutung, dass ich ständig unfassbar viel Sex hätte, immer mit einer Mischung aus Anerkennung und Neid zum Ausdruck. Mit ein wenig mehr Selbstmitleid seufzen auch Frauen gerne in die Runde, dass es für uns Schwule ja so einfach sei. Wir könnten schließlich immer und überall Sex haben, wenn wir wollten innerhalb von zehn Minuten.

Ich behaupte jetzt einfach mal, dass der Autor diese Textpassage kreativ ein wenig ausgeschmückt hat. Weiterlesen

Hetero? Wozu?

6 Mai

Wie wohl jeder Schwule wurde ich in meinem bisherigen Leben mehrere Dutzend Male mit der Vorstellung konfrontiert, wie es wohl wäre, heterosexuell zu sein. Das lässt sich in unserer Gesellschaft – in der die überwältigende Mehrheit heterosexuell ist und in der fast jeder auch von einem selbst erwartet heterosexuell zu sein; in der man nach Frau, oder Freundin gefragt wird, oder seinen Senf dazu geben soll, wie scharf man diese oder jene Frau findet; einer Gesellschaft in der Heterosexualität also mitnichten Privatsache ist -, schwerlich vermeiden. Umgekehrt geraten Heteros nie in eine analoge Situation, es sei denn, man konfrontiert sie direkt.

Einem Leben als heterosexueller Mann könnte ich schwerlich etwas positives abgewinnen. Weiterlesen

Vom Schlafzimmer zur Uni

5 Mai

Ich hätte nicht gedacht, dass im Jahr 2014 jemand tatsächlich noch derartig argumentiert, wie folgt:

Homosexuelle sind mir eigentlich egal, weil mich schlicht nicht interessiert, was jemand in seinem Schlafzimmer mit wem wie treibt. Ich würde auch nicht erwarten, dass mir Heteropaare laufend auf die Nase binden, dass sie am Wochenende in den Swingerclub gehen, das ist deren Baustelle, nicht meine.

Um zu begreifen, was an diesem Satz nicht stimmt, verweise ich auf den Grundkurs unserer Gay West Universität. Ich empfehle „Männerstreik“ im Anschluss auch den Besuch der folgenden neun Seminare. Denn es ist nie zu spät, um zu verstehen.

 

Toleranz kann schwer sein

25 Apr

Religion ist nicht genetisch

11 Mär

In einem Bericht über das in Kraft getretene Anti-Homo-Gesetz in Uganda bin ich über eine sehr interessante Begründung gestolpert:

Als Ugandas Präsident Yoweri Museveni Anfang dieser Woche das umstrittene Gesetz gegen Homosexualität unterzeichnet, berief er sich auf das Gutachten eines Wissenschaftler-Komitees, das das Gesundheitsministerium einige Wochen zuvor eingesetzt hatte. „Dessen einstimmige Schlussfolgerung war, dass Homosexualität, entgegen meiner bisherigen Meinung, durch die Umwelt und nicht durch die Gene ausgelöst wird“, schrieb Museveni an US-Präsident Barack Obama, der ihn gebeten hatte, das Gesetz nicht zu unterschreiben. „Sie ist erlernt und kann wieder verlernt werden.“

Lassen wir uns einmal auf dieses Argument ein und gehen davon aus, dass Homosexualität erlernt ist. Weiterlesen

%d Bloggern gefällt das: