Europäisierung der USA?

6 Mär

Sie ist wieder da! Hillary hat die jüngsten Vorwahlen gewonnen und damit den scheinbar unaufhaltsamen Siegeszug des Barack Obama gestoppt. Und während bei den Republikanern schon klar ist, dass John McCain das Rennen machen wird, bleibt bei den Demokraten weiterhin unklar, wer für den Kampf ums Weiße Haus denn nun in den Ring steigen darf. Die Amerikaner scheinen begeistert über die Aussicht auf „Change“ – in welcher Form auch immer – und nicht wenige Europäer machen sich schon jetzt vor Begeisterung in die Hose beim Gedanken, dass womöglich ein Präsident gewählt wird, der aus den Staaten endlich eine Dependance sozialdemokratischer Tugenden macht: mit höheren Steuern, mehr Bürokratie und weniger Transparenz – kurzum: vermehrter stattlicher Kontrolle.

Was für europäische Sozialdemokraten jedweder Parteifärbung Anlass zum Träumen ist, entlockt Paul Varnell nur einen Stoßseufzer. Denn der Autor beim Independent Gay Forum kann die Begeisterung über den amerikanischen Wahlkampf so überhaupt nicht nachvollziehen:

It is no secret that I am, on the whole, a libertarian, meaning that I view governments (city, state, federal) with deep suspicion. Government is a Borg, constantly grasping more power, more control, more of our money.

I am in favor of both economic and civil liberties. Economic liberties include lower taxes (for everyone), less government spending, and less government interference in the marketplace and our economic lives. Civil liberties include more freedom from government intrusion into our personal lives, free speech, personal privacy and property rights, abortion and drugs decriminalization. And this necessarily entails equal treatment of gays and heterosexuals.

Gute Ansichten. Aber beim Vergleich seiner Positionen mit denen der Präsidentschaftsbewerber kann Varnell nur folgendes Resumee ziehen:

None of the viable candidates believes anything like this. Which is not surprising because they are part of the government and have a vested interest in promising government policies using government power and government money (ultimately your tax money) for various constituencies.

Das mag ja alles so sein. Aber ist das ein Grund, gleich die Flinte ins Korn zu werfen?

So, I want there to be a line on the ballot that says „None of the Above.“ If that line got a majority, the parties would have to go back, find new policy packages and/or new candidates and try again in a second election in, say, three months. At the very least, „None of the Above“ would be a safety valve for those of us who feel dissatisfied with the „choices“ we are offered.

Und es wird noch pessimistischer:

People sometimes say, „But you’re throwing away your vote. Don’t you want your vote to count?“ But I defy anyone to show me that their precious little vote made any difference in any election they have ever voted in. If it didn’t, then their vote didn’t „count“ any more than mine did. They might as well have gone to Starbucks and had an espresso instead of voting.

Natürlich mag es enttäuschend sein, wenn die von Varnell favorisierte Libertarian Party unionsweit wenig Stimmen bekommt, aber noch mal: Ist das ein Grund in derartige Politikverdrossenheit zu verfallen? Durchaus nicht, meint ein Leser des Forums:

While some might like to be able to vote „For None of the Above“, the gesture only serves to feed a cynical, bitter heart -something that is not consistent with the privilege to vote, to be engaged in our democracy, to work within each major political party for change and progress and to advocate candidates for office.

Überdies können sich die Amerikaner glücklich schätzen in einem System zu leben, welches dem Ideal der „Basisdemokratie“ so nahe kommt, wie es zumindest Deutschland nie erreichen wird. Oder hat man hierzulande schon einmal von einem Kanzler gehört, der nicht vom Establishment seiner Partei ins Rennen geschickt, sondern in unzähligen Vorwahlen von der Bevölkerung ausgewählt wurde? Und dieses Beispiel betrifft ja nur die in den USA eher nebensächliche Politik auf Bundesebene.

Etwas mehr Optimismus würde Paul Varnell ganz gut tun. Immerhin ist er Amerikaner. Und als solcher kann er das Jammern ruhig dem Alten Europa überlassen.

Eine Antwort to “Europäisierung der USA?”

  1. rom 11. März 2008 um 13:35 #

    Die Schwulen in den USA wählen mit gutem Grund Hillary. Sie hat auch schon in mehreren Appellen die Gays and Lesbians dazu aufgefordert sie zu wählen, denn bei ihr seien ihre Interesen am besten aufgehoben, was man auch glauben kann. Ich traue Obama nicht. Seine islamische Vorgeschichte bleibt weiter im Dunkeln, und seine Kirche, der er heute angehört ist auch nicht gerade schwulenfreundlich. Zudem stört mich sein religiöses öffentliches Gehabe!rom

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