Warum schwule Autos gegen faschistische Hysterie helfen, erklärt der alles andere als weichgespülte Anders B. Breivik

1 Aug

Och nö, nicht auch das noch!

Breivik schwul

gibt da jemand als Suchbegriff bei google ein, als wenn das – selbst wenn es stimmen würde – irgendetwas erklären würde.

Was Breivik in seinem Manifest über Homosexuelle geschrieben hat, ist bei queer.de zusammengefasst. Wie man dort allerdings darauf kommt, Breivik als homofreundlich zu charakterisieren, ist mir schleierhaft. Denn was, bitte schön, ist an einer solchen Äußerung homofreundlich?

Die Wahrheit ist, dass ich persönlich viele homosexuelle Individuen kenne (…) und ich keine Vorbehalte gegen sie habe. Was sollte es mich kümmern, was hinter verschlossenen Türen geschieht?“

Das ist ja wohl der Klassiker: Ich habe nichts gegen Schwule, meine besten Freunde sind schwul, … Toleranz in Reinkultur und eben Homophobie, denn natürlich darf man „es“ ihnen nicht ansehen und „es“ muss hinter verschlossenen [!] Türen bleiben.

Breivik kritisiert laut queer.de darüber hinaus

die  „gay media hysteria“, die es seit zwei Jahrzehnten in Westeuropa gebe. Gruppen von „angeblichen Opfern“ würden seitens Politik und Medien eine „positive Diskriminierung“ erfahren, die zur Diskriminierung Heterosexueller führe. Diese „Verherrlichung“ von bevorzugten Gruppen sei zu weit gegangen und „rassistisch und faschistisch“.

Echt homofreundlich, dieser Breivik, beeindruckend! Und es kommt noch besser:

„Nur weil das traditionelle Verständnis von Ehe stark untergraben wurde, finden sie nun auch Homosexuelle interessant. Schwule und Lesben wollen nicht die Ehe der traditionellen Art, nur die weichgespülte Version, die heute existiert“, etwa mit einfachem Scheidungsrecht. (…) Die liberalen Fortschritte von protestantischen Kirchen gehen ihm ebenfalls zu weit, als Beispiele werden u.a. die Unterstützung der Homo-Ehe und die Weihe schwuler Priester genannt. 

Spätestens hier hätte queer.de auffallen können, dass es mit der Homo-Freundlichkeit Breiviks nicht weit her sein kann:

Um als Attentäter nicht aufzufallen, empfielt er ein Auto von Hyundai („Ja, das ist sehr schwul, aber extrem effektiv, wenn es darum geht, der Umwelt die richtigen Signale zu senden“). Für Foto-Shootings sollte man auch als Mann unbedingt Makeup einsetzen („Ja, das klingt schwul, aber ‚attraktiv‘ auszusehen, wird die Wirkung unserer Message signifikant steigern“).

Andererseits  

gehörten Schwule selbst teilweise zu den Kulturmarxisten, auch würden diese Multikulturalisten mit angeblich Inhalten pro Minderheiten, pro Schwule, gegen Krieg, für die Umwelt etc. Schwule für sich gewinnen (obwohl es ihnen in Wirklichkeit um die Zerstörung der Werte Europas gehe).

Als ob Schwule, weil schwul, für die Umwelt und gegen den Krieg wären. Als negatives Beispiel führt Breivik an, dass

Antifaschisten beim Stockholmer Pride dabei waren

und beschreibt sich an anderer Stelle selbst

als „antirassistisch, antifaschistisch und anti-Nazi“.

Und so schließt sich der Kreis : Wenn die gay media hysteria rassistisch und faschistisch ist und zur Diskriminierung Heterosexueller führt, dann ist der Kampf gegen diese Diskriminierung antirassistisch und antifaschistisch. Auch an dieser Stelle wird deutlich, wie wenig Breivik von den nur scheinbar ideologisch entgegengesetzten Islamisten trennt. Das Bremer Aktionsbündnis gegen Wutbürger hat das ausführlich beschrieben (via Lizas Welt):

„In Wirklichkeit verhält es sich so, dass der Adorno wegen seiner ‚Studien zum autoritären Charakter’ hassende Breivik als Prototyp eines solchen den Islam zutiefst beneidet, weil der Islam eine gesellschaftliche Hierarchie, strenge Regeln und religiöse Werte im Einklang mit seinem kulturellen Erbe bietet, also all das, was Breivik in der europäischen Gesellschaft so schmerzlich vermisst. Breiviks Islamhass und sein wahnhafter Kampf gegen ihm übermächtig scheinende Gegner, gegen die nur ein Wunder helfe, erscheint als Ausdruck eines Gefühls der eigenen Ziel- und Wertlosigkeit. Letztendlich will er im Kampf gegen den Islam selbst in einer Gemeinschaft aufgehen, die der der Djihadisten ähnelt: zum Letzten entschlossen, skrupellos, gewalttätig und im festen Glauben an die Überlegenheit der eigenen Überzeugungen.“

Wenn also queer.de Breivik ironisch mit der Frage zitiert, wann

homosexuelle Paare in Moscheen heiraten dürfen

ist das nicht nur kein Beweis für die Homofreundlichkeit des Attentäters, sondern einer für das genaue Gegenteil: Die Ablehnung von Islam und Homosexuellen zugleich – wobei er die Gegnerschaft zur Heirat von Homosexuellen mit der Mehrheit der Anhänger des von ihm beneideten Islam teilen dürfte.

14 Antworten to “Warum schwule Autos gegen faschistische Hysterie helfen, erklärt der alles andere als weichgespülte Anders B. Breivik”

  1. terminator 1. August 2011 um 18:18 #

    „Toleranz in Reinkultur und eben Homophobie, denn natürlich darf man „es“ ihnen nicht ansehen und „es“ muss hinter verschlossenen [!] Türen bleiben“

    Aha, wenn man gegen Sex in der Öffentlichkeit ist, ist man ebenfalls homophob. Interessante Auslegung. Es ist eben alles Homophobie, ich weiß – ein deeeehnbarer Begriff.

  2. Yadgar 1. August 2011 um 22:56 #

    Mit anderen Worten: auch zum Thema Homosexualität die gleiche Denke, wie sie seit Jahren auf PI und den übrigen rechten Meinungstoiletten Mainstream ist!

    Uärgl!

  3. Damien 1. August 2011 um 23:22 #

    @terminator: Es geht nicht um Sex in der Öffentlichkeit. Es geht um die interessierte Verwechslung von Sex und Selbstverständlichkeit. Wenn Schwule das tun, was für und bei Heteros selbstverständlich ist, ihren Partner in der Öffentlichkeit küssen oder an der Hand halten, wirft man ihnen vor, sie würden ihre sexuelle Orientierung in die Öffentlichkeit tragen. Das ist diskriminierend, Ausdruck von Heteronormativität und homophob ist es auch.

  4. terminator 2. August 2011 um 09:36 #

    Da ich der Meinung bin, dass jegliche Form von Sexualität egal von welcher Orientierung sie kommt nicht öffentlich gelebt werden sollte – insofern der öffentliche Bereich nicht dafür gekennzeichnet wird – trifft mich auch diese Auszeichnung nicht.

    Ich glaube viel mehr, dass dein Vorwurf der Heteronormativität und Homophobie – wie lächerlich – deine Phobie vor asexuellen Menschen verbirgt. Wenn asexuelle hochsensible Menschen sich im öffentlichen Feld durch zur Schau Stellung sexueller Intimität in ihrer Würde diskriminiert fühlen, interessiert das keinen. Letztlich diskriminierst du genauso, wenn du nur erreichen willst, dass auch Homosexuelle selbstverständlicher Weise, wie Heterosexuelle in der Öffentlichkeit, „verstanden und von allen akzeptiert“ küssen, uvm. dürfen.

    Im übrigen gibt es genügend heterosexuelle Leute, die das „heterosexuelle“ Liebesgeflüster in der Öffentlichkeit auch ablehnen. So normativ dürfte die Heteronormativität, lach, dann doch nicht sein. Aber das sind dann halt sexophobe Menschen – gell 🙂

    • Damien 2. August 2011 um 09:58 #

      @terminator: Wenn jemand Currywurst isst und ich lieber Bockwurst, dann gibt es für keinen von uns den geringsten Anlass, sich diskriminiert zu fühlen, wenn beides im selben Raum stattfindet. Und genauso gilt das für Asexuelle und Sexuelle. Nur weil jemand anders ist, lebt, handelt als ich, diskriminiert er mich nicht. Asexuelle haben schon jetzt alles Recht der Welt, sich in der Öffentlichkeit nicht intim zu verhalten.
      Die Heteronormativität besteht darin, dass man sich an küssenden Heteros stört, weil sie sich küssen, an küssenden Schwulen, weil sich Schwule küssen.

  5. terminator 2. August 2011 um 12:16 #

    Nein, die Sexnormativität besteht darin, dass du dafür eintrittst, dass sich Homosexuelle wie Heterosexuelle AUCH öffentlich küssen dürfen und nicht vielmehr dafür, dass beide dies nicht können sollten.

    Und noch ein Nein. Ein hochsensibler asexueller Mensch, nicht alle, aber meines Wissens doch einige, stört sich nicht daran, dass sich Homos küssen, sondern daran dass geküsst wird, wobei ja küssen nur ein Einstiegsszenario ist.

    • Damien 2. August 2011 um 12:23 #

      @terminator: Normativität besteht qua Definition nicht darin, dass etwas erlaubt wird, sondern darin, dass etwas erwartet wird. Insoweit ist Deine Verwendung des Begriffs Sexnormativität in diesem Zusammenhang falsch.
      Ich habe Asexuellen keine Heteronormativität unterstellt. Du hast versucht, mir Diskriminierung von Asexuellen unterzuschieben. Die aber wäre dann gegeben, wenn ich von ihnen erwarten würde, dass sie sich anders verhalten, als ihnen zumute ist, also bspw. sich küssen. Das wäre dann auch die Sexnormativität, die Du halluzinierst. Von Asexuellen zu erwarten, dass sie das Sich-Küssen anderer tolerieren, ist keine Diskriminierung. Wovon auch?

  6. terminator 2. August 2011 um 16:06 #

    Eben nicht. Der Erwartungswert liegt darin, dass öffentlich Zärtlichkeiten ausgetauscht werden können nur eben bei Homosexuellen, tun sie dies, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen darauf reagiert wird. Die Norm liegt hierin begründet. Wenn du im Gegenzug von Asexuellen – am Thema vorbei – erwartest, dass sie dies im öffentlichen Raum tolerieren, dann solltest du einen Schritt zurück gehen und die Meinungen und Wertigkeiten von Menschen ebenfalls tolerieren, solange sie dich und deinen Partner nicht beleidigen. Jemanden als homophob oder heteronormativ zu bezeichnen, nur weil er dich und deinen Partner blöd angrinst bedeutet, dass du mittels einer solchen Begrifflichkeit Macht über die Gedankenwelt des Anderen, die du ja gar nicht kennst, ausüben willst. Alsob nur Heteros „glotzen“, „starren“ würden. Gibt es nicht auch Homosexuelle die sich bei einem küssenden hetero Pärchen darüber äußern, dass er knusprig wäre und was er wohl mit IHR wolle? Was ist das dann, Homonormativität?

    Wirst du angegriffen oder beleidigt gibt es rechtsstaatliche Mittel dagegen, schauen die Menschen nur, dann ist es halt so.

  7. Damien 2. August 2011 um 16:30 #

    @terminator: Kommen wir doch mal zurück zum Ausgangspunkt. Ich habe die Charakterisierung Breiviks durch queer.de als homofreundlich hinterfragt. Es war nicht die Rede davon, dass Breivik Schwule „blöd angegrinst“ hat.
    Was andere denken, ist mir häufig herzlich egal, problematisch kann es dann werden, wenn aus dem Denken Handeln resultiert.
    Homonormativ ist die von Dir beschriebene Situation natürlich nicht. (Hetero-)Normativität ist ja nichts, was ein Einzelner durch sein Verhalten konstituiert, sondern
    ein gesellschaftliches Ordnungssystem.

  8. terminator 3. August 2011 um 09:05 #

    „Heteronormativität“ ist erst einmal ein ideologisches Konstrukt, welches weder veri- noch falsifiziert werden kann. Da dem so ist, postuliert man weiters etwas, dass man „strukturelle Heteronormativität“ nennt. Ich halte es da ähnlich, wie mit dem „Patriarchatsmythos“, wo seit einem knappen, halben Jh regelmäßig die 9.000.000 ermordeten „Hexen“ als Beweis angeführt werden – die Forschung geht zwar von ca. 30.000 getöteten Frauen in ganz Europa zu dieser Zeit aus, macht aber nichts, eine allumfassende, real und strukturelle Unterdrückung läßt sich mit 9.000.000 besser zeigen. Und was resultiert daraus, wozu führt das: Unter anderem dazu:

    Frauen sind die besseren….

    Das betrifft übrigens auch schwule Jugendliche, die es ja bekanntlich noch schwerer haben als ihre heterosexuellen Mitschüler.

    „Was andere denken, ist mir häufig herzlich egal, problematisch kann es dann werden, wenn aus dem Denken Handeln resultiert.“

    Genau hier gebe ich dir recht. Wo die Schnittstelle zwischen denken und handeln übertreten wird, wo Homosexuelle, Heterosexuelle, Kinder, Männer, Frauen, bedroht oder körperlich angegriffen, beschimpft werden, da hört der Spaß auf.

    Der Rest sind Bürgerrechte. Und bitte pass mit dem Begriff der Heteronormativität und Homophobie auf. Solche Begriffe verleihen dir viel Macht und sind Totschlagargumente.

  9. Adrian 3. August 2011 um 10:59 #

    „Das betrifft übrigens auch schwule Jugendliche, die es ja bekanntlich noch schwerer haben als ihre heterosexuellen Mitschüler.“

    Was erstaunlich ist, wenn Heteronormativität doch nur ein ideologisches Konstrukt ist.

  10. Peter 3. August 2011 um 11:00 #

    Aus dem verlinkten Artikel auf queer.de:

    Allerdings gehörten Schwule selbst teilweise zu den Kulturmarxisten, auch würden diese Multikulturalisten mit angeblich Inhalten pro Minderheiten, pro Schwule, gegen Krieg, für die Umwelt etc. Schwule für sich gewinnen (obwohl es ihnen in Wirklichkeit um die Zerstörung der Werte Europas gehe)

    Seine Ablehnung gilt offensichtlich nicht in erster Linie der Homosexualität an sich. Vielmehr begreift er die Homosexuellenlobby als Teil jener Kräfte, welche die „Umwertung aller Werte“, insbesondere die ihm lieb und teuer erscheinenden tradierten Werte (monokulturalistisch, christlich als kulturelle Metapher, nicht Glaube an sich) negieren.

    Von seinem Wertesystem ausgegangen ist das nicht krude, sondern logisch nachvollziehbar. Seine Vorbehalte gegen erkennbar gelebte Homosexualität im öffentlichen Raum sind möglicherweise eine Mehrheitsmeinung. Er ist somit nicht völlig frei von einer ablehnenden Haltung gegenüber der Homosexualität als solchen, aber homophob (als „krankhafte, wahnhafte Ablehnung der Homosexualität verstanden“) scheint er mir nicht zu sein.

    Es ist notwendig, zwischen der Homosexualität an sich und der politischen Positionierung der Homosexuellenlobby zu unterscheiden. Tut man dies nicht, bleibt am Ende nur ein empörtes „homophob“, das scheinbar alles, aber in Wirklichkeit meist nichts zu erklären vermag.

  11. terminator 3. August 2011 um 14:06 #

    „Was erstaunlich ist, wenn Heteronormativität doch nur ein ideologisches Konstrukt ist.“

    Gar nicht mal erstaunlich, vor allem nicht, wenn ich dies mit Verweis auf unser feministisches Schulsystem unter Aufführugn obiger Beispiele feststelle. Wenn du hierzu den Schluss ziehen willst, dann doch eher den eines Feminats oder einer Femonormativität.

  12. Adrian 3. August 2011 um 14:15 #

    Und wieso sollen schwule Jugendliche in der Schule stärker vom „Feminat“ betroffen sein? Es mag ja lustig sein, dem Feminismus die Alleinschuld an allen Übeln der Welt zu geben, aber schwule Jugendliche in der Schule leiden unter exakt dem, was hier als Heteronormativität bezeichnet wird.

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