Ich bin kein Regenbogenkind

29 Jan

Nach all dem Gerede über den Bildungsplan, haben wir nun endlich mal ein konkretes Beispiel auf dem Tisch, wie man die Akzeptanz nicht-heterosexueller Lebensweisen an Grundschulen erreichen will.

Ohne den „Methodenschatz für Grundschulen zu Lebens- und Liebesweisen“ im Einzelnen zu analysieren, möchte ich hier meine ersten Gedanken niederschreiben, die mir beim Lesen durch den Kopf gegangen sind:

Gut gemeint, aber: übertrieben, unrealistisch, aufdringlich.

Als Kind einer klassischen Familie mit Vater und Mutter, kann ich mich mit dieser Handreichung absolut nicht identifizieren. Meine Familie kommt in diesem Methodenschatz jedenfalls nicht vor.

Wenn man in der Schule schon über Familienformen sprechen will, warum bezieht man die Schüler und ihre eigene Familie dann nicht ein, sondern setzt ihnen Sati, Joy, Winnie, Carol, Helge und Maris vor, von denen wirklich jeder in einer Regenbogenfamilie lebt? Dass sich klassisch heterosexuelle Familien übergangen fühlen und daher leicht irritiert bis extrem verärgert reagieren, wundert mich überhaupt nicht.

Selbstredend bin ich kein Pädagoge und kann daher keine Expertenmeinung über die Sinnhaftigkeit dieses Methodenschatzes zum Besten geben. Doch verstehe ich jetzt etwas besser, warum im Zusammenhang mit dem Bildungsplan von „Indoktrination“ gesprochen wird. Denn auch ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass mir hier etwas aufgezwungen werden soll, was mich nicht betrifft, mich nichts angeht und mich nicht wirklich interessiert. Und das obwohl ich absolut keinerlei Problem mit den Familien von Sati, Joy, Winnie, Carol, Helge und Maris habe.

Leben und leben lassen fühlt sich jedenfalls anders an...

15 Antworten zu “Ich bin kein Regenbogenkind”

  1. Teardown 30. Januar 2015 um 00:02 #

    Das ist ja das lustige an unseren Anhängern der Dekonstruktion sozialer Verhältnisse. Sie konstruieren bei all der dekonstruktion fleißig selbst, nur dann eben das gewünschte. Da kann nur übertrieben künstliches bei rum kommen.

    In der sexualpädagogik der Vielfalt ist es nicht anders Adrian. Letztlich haben wir es hier nicht mit Fortschritt zu tun, sondern um Indoktrination. Es geht gar nicht um Toleranz gegenüber „bunten“ Lebensverhältnissen. Es geht um das einnehmen einer konsumentenhaltung, sowohl familiär und sexuell soll sich jeder aus dem gemischtwarenladen der dekonsturierer was aussuchen. Und das alles unter dem Paradigma das unsere heutige Realität von einer Gruppe hegemonial beherrscht wird, dem weißen heterosexuellen mann in einer paarbeziehung. Da ist kein Fortschritt….

  2. Nachtschattengewächs 30. Januar 2015 um 00:56 #

    Ansichtssache. Nach all den Herrn und Frau X mit Kind oder später Mr. and Mrs. Q with Child P in den Lehrmaterialien in Grund- und weiterführenden Schulen, finde ich ein paar Seiten mit alternativen Modellen nicht so schlimm. Man sollte es eventuell ein bischen über die Zeit verteilen.

    Auf einem Haufen wirkt es wirklich als wäre es etwas viel.

  3. Damien 30. Januar 2015 um 09:15 #

    @Adrian: Natürlich kommt Deine Familie da nicht vor, es ist eine Unterrichtseinheit über Regenbogenfamilien. Deine Beschwerde ist ungefähr so sinnvoll wie die, dass in der Grammatikeinheit nicht die klassische Literatur gelehrt wird.

    Da wird einmal über Regenbogenfamilien gesprochen und schon fühlen sich die anderen Schüler_innen übergangen? Meine Güte, müssen die empfindlich sein. Am Ende wird Homosexualität noch Pflicht?! Dein Ausflug in den Maskulismus scheint Dir nicht gut getan zu haben, Deine Argumentation jedenfalls könnte auf jedem dieser Anti-Genderisten-Hetzblogs stehen.

    Wie kommt es nur, dass Kinder in einer heteronormativen Umgebung (angeblich) kein Interesse haben, andere Lebensformen kennenzulernen? Ganz zufällig also „wollen“ Kinder nur etwas lernen, das sie betrifft und angeht. Also bloß nichts Neues. Was wäre das für eine arme und eindimensionale Gesellschaft, die Kindern nur das beibringen wollte, das ihren Horizont nicht übersteigt.

    • Adrian 30. Januar 2015 um 12:46 #

      @ Damien
      „Natürlich kommt Deine Familie da nicht vor, es ist eine Unterrichtseinheit über Regenbogenfamilien. Deine Beschwerde ist ungefähr so sinnvoll wie die, dass in der Grammatikeinheit nicht die klassische Literatur gelehrt wird.“

      Und genau das verstehe ich nicht. Warum muss es eine Unterrichtseinheit speziell für Regenbogenfamilien geben? Warum nicht eine Einbindung in das Vorstellen von Familienformen überhaupt? Warum trennnen und nicht vereinen?

      „Da wird einmal über Regenbogenfamilien gesprochen und schon fühlen sich die anderen Schüler_innen übergangen?“

      Das weiß ich nicht. Ich habe mich übergangen gefühlt. Nicht einbezogen. Ich kam mir beim Lesen wor, wie damals im Sexualkundeunerricht, als es nur um Junge + Mädchen ging.

      „Am Ende wird Homosexualität noch Pflicht?! „

      Habe ich nicht geschrieben, sondern nur ehrlich meine Gedanken aufgeschrieben. Dass das Kritik auslöst war mir klar, ober ohne Kritik keine Anregungen und keine Weiterentwicklung.

      „Dein Ausflug in den Maskulismus scheint Dir nicht gut getan zu haben, Deine Argumentation jedenfalls könnte auf jedem dieser Anti-Genderisten-Hetzblogs stehen.“

      Tut sie aber nicht. Sie steht hier, weil es meine Gedanken sind.

      „Wie kommt es nur, dass Kinder in einer heteronormativen Umgebung (angeblich) kein Interesse haben, andere Lebensformen kennenzulernen? Ganz zufällig also “wollen” Kinder nur etwas lernen, das sie betrifft und angeht.“

      Es geht mir gar nicht um das Kennenlernen, sondern um die in meinen Augen eindimensionale Art und Weise.

  4. HansG 30. Januar 2015 um 11:48 #

    Wie kommt es nur, dass Kinder in einer heteronormativen Umgebung (angeblich) kein Interesse haben, andere Lebensformen kennenzulernen? Ganz zufällig also “wollen” Kinder nur etwas lernen, das sie betrifft und angeht

    Ich möchte jetzt einfach eine These in den Raum werfen:

    Menschen im allgemeinen und Kinder im besonderen interessieren sich für Gemeinsamkeiten und nicht für Unterschiede.

    Ich selbst bin zum Beispiel kein Fußballfan und finde es zudem ziemlich langweilig einem Spiel zuzusehen. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis finden sich jetzt ebenfalls keine Fans. Oder zumindest keine, bei denen das Interesse über Länderspiele hinaus geht. Und das liegt ganz sicher nicht daran, das Fußball in Deutschland so unbeliebt wäre.

    Wenn ich so darüber nachdenke würde mir auch wenig einfallen, dass ich mit einem Fan bis auf die Knochen austauschen könnte. Die Begeisterung für seinen Lieblingsverein könnte ich einfach nicht teilen. Daneben müsste es andere Schnittpunkte und Gemeinsamkeiten geben.

    Spinnen wir den Gedanken ein wenig weiter. Wenn, wie im Methodenschatz, Regenbogenfamilien abgrenzend von der Realität der meisten Kinder betrachtet werden stehen die Unterschiede im Vordergrund. Würde man dem Kreis die normale heterosexuelle Familie beistellen, ließen sich deutlich einfacher Gemeinsamkeiten zeigen. Schließlich mögen diese Kinder ebenfalls Pizza, Pommes, Eis oder Cola. Sie spielen die gleichen Spiele und sehen die gleichen Sendungen.

    Die Unterschiede können dann in den Hintergrund treten und tatsächlich als Normalität erfasst werden.

  5. udopse 30. Januar 2015 um 12:26 #

    So easy to condemn, so hard to create… Bei diesen ganzen Debatten fände ich es mal gut, das Negativ zu zeichnen: Wenn wir diese Lehrpläne nicht erstellen, was passiert dann? Dann geht es so weiter wie bisher. Sprich 4 bis 7-mal höhere Suizidraten bei nicht-heterosexuellen Jugendlichen. Natürlich kann man über die genaue Form diskutieren, wie das umgesetzt werden soll, was sicher auch Adrians Intention ist. Aber dass wir als Gesellschaft etwas tun müssen, ist doch klar, oder? In der momentanen Atmosphäre kommt mir der Aspekt, warum die Pläne geändert werden, viel zu kurz und es scheint, als würde der Allgemeinheit dieser traurige Fakt nicht auffallen. Es wird nur an den bösen Plänen herumgekrittelt, ohne eine Alternative aufzuzeigen, wie man sonst die Selbstmordrate senken und Inklusion steigern kann…

    • Adrian 30. Januar 2015 um 12:49 #

      @ udopse
      „Natürlich kann man über die genaue Form diskutieren, wie das umgesetzt werden soll, was sicher auch Adrians Intention ist. „

      Ich wollte erst mal meinen Eindruck niederschreiben.

      „Aber dass wir als Gesellschaft etwas tun müssen, ist doch klar, oder?“

      Natürlich. Ich bin ja auch weiterhin für diese Bildungspläne.

      „Es wird nur an den bösen Plänen herumgekrittelt, ohne eine Alternative aufzuzeigen, wie man sonst die Selbstmordrate senken und Inklusion steigern kann…“

      Inklusion steigert man m. E. durch Inklusion von Regenbogenfamilien. Nicht durch Unterrichtseinheiten speziell über Regenbogenfamilien. Gleiches gilt analog für sexuelle Vielfalt allgemein.

  6. Adrian 30. Januar 2015 um 12:56 #

    @ HansG
    „Würde man dem Kreis die normale heterosexuelle Familie beistellen, ließen sich deutlich einfacher Gemeinsamkeiten zeigen. Schließlich mögen diese Kinder ebenfalls Pizza, Pommes, Eis oder Cola. Sie spielen die gleichen Spiele und sehen die gleichen Sendungen.

    Die Unterschiede können dann in den Hintergrund treten und tatsächlich als Normalität erfasst werden.“

    Würde ich auch so sehen.

    • Damien 30. Januar 2015 um 13:50 #

      @HansG und Adrian: Da schließe ich mich auch an 🙂

  7. emannzer 30. Januar 2015 um 19:00 #

    Starker Beitrag, Adrian. Ich habe diesen nachträglich in meinem (etwas umstrittenen) Beitrag verlinkt. Vieleicht gehen wir ja doch mal ein Bier zusammen trinken und das eine oder andere (ggf. angenommene) ‚Feindbild relativiert sich.

    Jedenfalls freut es mich, dass es in einigen Punkten durchaus Berührungspunkte gibt und auch mich haben einige Kommentare, unter anderem persönliche von dir oder die sachlichen von „Nachtschattengewächs“ ins Nachdenken gebracht. Wie das eben ist und eigentlich auch auf allen Seiten sein sollte. Lagerbildung bringt halt nichts und führt nur zu unnötigen Verhärtungen.

    In diesem Sinne: Hab‘ einen schönen Abend

    • Adrian 31. Januar 2015 um 15:35 #

      @ Damien
      Nein, habe ich grundsätzlich nicht.

  8. emannzer 31. Januar 2015 um 15:10 #

    @Damien: Er rezitierte einen Kommentar aus einem anderen Blog.

    Und was ist schlimm daran, eine mehrseitigen ‚Richtlinie‘ zu lesen und diese zu reflektieren bzw. zu solcher eine eigene Meinung zu äußern? (mache ich ja auch, zB.)

    Ich rechne GayWest hoch an, dass er sich mit dem Inhalt auseinandersetzte – und aus seiner Sicht reflektierte. Darin sehe ich keinen Widerspruch zu einem alten Zitat.

  9. beymebloggt 10. Februar 2015 um 00:25 #

    Der verlinkte Methodenschatz ist auch nie als Unterrichtsmaterial zugelassen worden, sondern Sozial- und Bildungsministerium in Schleswig-Holstein haben längst eine Überarbeitung angefordert. Es gibt also gar keinen Grund, sich darüber aufzuregen.

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  1. Nieder mit der Familie! | emannzer - 30. Januar 2015

    […] noch ein Nachtrag: “Ich bin kein Regenbogenkind“, von Adrian, […]

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