Matussek hat mit seinem Bekenntnis zur Homophobie eine Debatte entfacht, zu der sich nun auch Claudia Roth geäußert hat. Die Intention Ihres Beitrages bleibt dabei allerdings leicht unklar:
Für viele, mich eingeschlossen, kommt diese Debatte überraschend.
Für viele, mich eingeschlossen, kommt diese Debatte dagegen nicht überraschend. Ich verstehe auch nicht, wie man diese Debatte überraschend finden kann. Dass Homosexualität sich immer noch dazu eignet, heftige Gefühlsaufwallungen auszulösen, wurde gerade mit dem Aufkommen von sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, aber auch von Blogs allzu deutlich veranschaulicht. Wenn man seine Zeit allerdings nur in den Parteizentralen der Grünen verbringt…
Oder den rassistischen Menschen, den antisemitischen Menschen, den religiös-fundamentalistischen Menschen…
Moment, mag da einer sagen, besteht da nicht ein Unterschied? Immerhin sind Hautfarbe, Geschlecht oder sexuelle Orientierung doch unabänderliche Eigenschaften, ganz im Gegensatz zu Meinungen und Wertvorstellungen. Nun ja, das könnte man so sehen, aber es war Claudia Roth, die behauptet hat, im Grundgesetz wäre „die Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen festgeschrieben, und zwar ohne dafür Voraussetzungen zu formulieren“. Wenn man allerdings keine Voraussetzungen formuliert, dann hätten, laut Grundgesetz, Rassisten und Antirassisten, Homophobe und Homosexuelle, alle die gleiche Würde. Ist es das was Roth uns sagen will?
Nein, denn trotz ihrer eben zitierten Ansicht, beginnt sie nun, Voraussetzungen zu formulieren:
Doch was sind „Eigenschaften“? Sexuelle Orientierung? Religion? Geschlecht? Weltanschauung? Bestimmt all das das „Sosein“ eines Menschen? Und wenn ja, wie kann dann Roth dafür eintreten, dass homophobe Meinungen geächtet werden sollten?
Und wenn es ein Lifestyle wäre? Was wäre dann? Dürfte man dann über Homo- und Heterosexuelität „reden und urteilen“? Wären Homo- und Heterosexualität dann besser oder schlechter, moralischer oder unmoralischer?
Ich habe mich auch nicht gegen Heterosexualität entschieden. Allerdings habe ich mich bewusst dafür entschieden, meine Homosexualität zu leben, sie öffentlich zu machen, mich nicht zu verstecken. Und genau das könnte man prinzipiell kritisieren, nämlich dann, wenn man homosexuelles „Verhalten“ als unmoralisch empfindet.
Könnte man. Und ich bin sicher, dass es Menschen gibt, die der Meinung sind, Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben und Geschlechtern sind selbstverständlich nicht gleichwertig.
Claudia Roth vergleicht hier Äpfel und Birnen miteinander. Korrekt hätte der Satz lauten müssen: Warum nur gelten Abwertungen gegenüber Nicht-Weißen völlig zu Recht als Rassismus, gegenüber Homosexuellen aber immer noch als Homophobie?
So geschrieben ergäbe der Satz allerdings keinen Sinn. Deshalb muss Roth den rhetorischen Trick anwenden, Rassismus nicht als Meinung zu betrachten, sondern als etwas, was sich außerhalb der Meinungsfreiheit befindet. Doch auf welcher Grundlage tut sie das? Immerhin: Zu sagen, dass man Schwarze nicht mag, ist zunächst einmal ebenso eine Aussage wie diejenige, dass man schwule Männer total super findet. Den grundlegenden Unterschied kann ich nicht erkennen, abgesehen davon, dass ich der einen Aussage eher zustimmen würde, als der anderen. Aber seit wann entscheidet persönlicher Geschmack, seit wann entscheidet persönliche Zustimmung zu einer Meinung über die Frage, ob etwas als Meinung und damit von der Meinungsfreiheit gedeckt ist?
Moment! Vorlieben sind nicht politisch steuerbar? Und das aus dem Mund einer Grünen? Jener Partei also, die beständig versucht, Menschen mit der Vorliebe für Fleisch, konventionellen Lebensmitteln, Glühlampen, oder langem heißen Duschen, politisch in eine ihnen genehme Richtung zu steuern?
Soll das im Umkehrschluss heißen, dass, wenn es ums Verhalten geht, staatliche Regelungen sehr wohl etwas verloren haben? Dass sich der Staat also gefälligst nicht in die sexuelle Orientierung („Identität“) einzumischen habe, aber bspw. in die Frage, wie oft man mit jemandem Sex („Verhalten“) haben darf?
Aber was bedeutet eigentlich „Identität“? Was ist denn mit einem Mitglied der NPD, der es als identitätsstiftend empfindet, in seiner Partei mitzuarbeiten? Würde sich Claudia Roth auch hier für Neutralität aussprechen?
Niemanden? Aber warum tut der Staat das dann, auch mit dem Segen von Claudia Roth?
Aber was machen wir denn mit jenen, die eben nicht der Ansicht sind, dass Homosexualität völlig in Ordnung ist? Mit welchem Recht erziehen wir diese zur „Demokratie“?
Wieso dürfen Eltern erwarten, dass Kinder, die nicht ihren eigenen sind, zur Demokratie erzogen werden? Wenn Eltern der Meinung sind, Kinder müssen zur Demokratie erzogen werden, wieso machen sie das dann nicht selbst, und nur mit ihren eigenen Kindern?
Von der staatlichen Neutralität sind wir aber ebenfalls weit entfernt, solange es die Schulpflicht gibt und Kinder in unseren Schulen zur Demokratie erziehen.
Wieso „vermeintliche Liberalität“? Matussek hat eine Meinung geäußert. Manifestiert sich „Liberalität“ nur in Ansichten, die Claudia Roth gefallen?
Aber die gibt es doch. Matussek hat seine Meinung, Claudia Roth hat ihre. Und nun befinden wir uns in einer Debatte.
Und ich sage, wenn es sein muss, auch noch weitere Millionen Male: Das ist Blödsinn! Rassismus, Homophobie, Antiziganismus, Islamophobie, Antisemitismus und alle anderen Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit sind Teil der Meinungsfreiheit. Wie sollte es anders sein?
Das Grundgesetz ist mir gleich. Ich werde weiterhin dafür eintreten, dass Menschen über die Wertigkeit von Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion oder Weltanschaung streiten dürfen. Auch wenn ich Meinungen nicht teile. Weil es nämlich weder mir, noch anderen zusteht, Menschen den Mund zu verbieten.
Sehr richtig!
Respekt.
Das nenne ich mich mal ein selbstinteressenloses Plädoyer für eine RICHTIGE Demokratie.
Hätte ich einen Hut, würde ich ihn jetzt ziehen. 😉
>Manifestiert sich “Liberalität” nur in Ansichten, die Claudia Roth gefallen?
Die Antwort ist ein klares „Ja“. Selbstverständlich ist für diese Gruppe Liberalität nur das, was im Moment zufällig Teil ihrer Bubblegum-Wir-haben-uns-(fast)-alle-lieb-Weltanschauung ist.
Und dass „Die Intention Ihres Beitrages … dabei allerdings leicht unklar“ bleibt, hat damit zu tun, dass weder Frau Roth noch ihre Parteigenossen dazu in der Lage sind, eine Ansammlung von Sätzen auf so etwas wie Konsistenz, Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit zu berurteilen.
Haben die halt nie gelernt, aber es reichte ja trotzdem dazu, in der Politik zu landen. Phrasen statt schlüssiger Gedanken, das hat doch immer gereicht. Also macht man so weiter.
Im Westen nichts neues …
Guter Beitrag ;-).
Hallo Adrian,
Deine Tolernaz ehrt Dich.
Möge Dir und Deinen Überzeugungen so viel Raum zugestanden werden, wie Du Anderen selbst einräumst.