Mit der CDU auf dem schwulen Weihnachtsmarkt

7 Dez

Die CDU hat erwartungsgemäß einen parteiinternen Antrag abgelehnt, homosexuelle Paare steuerlich ebenso zu behandeln wie heterosexuelle Paare. Die Aufregung darum ist mir ein wenig schleierhaft, denn immerhin geht es erstens nur um Steuern und zweitens reden wir hier von der CDU, einer zumindest formell konservativen Partei, die sich selbst immer noch als christlich versteht. Und das gesellschaftlicher Konservatismus nebst Christentum in einem gewissen Spannungsverhältnis zu Fragen der Homosexualität stehen, sollte eigentlich niemanden überraschen, oder?

Die CDU wäre ohnehin besser gefahren, hätte sie das Ehegattensplitting gleich abgeschafft und sich darauf konzentriert, bessere Bedingungen für Familien und Kindern zu schaffen. Dass nicht wenige Teile der CDU – und der Gesellschaft ganz im Allgemeinen – in Homosexualität und Familie immer noch Gegensätze sehen, mag verwundern. Es dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein, bis auch diese Leute merken, dass Homosexuelle auch Familie und manchmal sogar selbst Kinder haben.

Der Aufreger scheint aber in der Tat die Sendung „Hart aber fair“ gewesen zu sein, in der sich eine gewisse Birgit Kelle gegen die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften ausgesprochen hat und daraufhin von einem Mitarbeiter des WDR auf Twitter als „Hexe“ beschimpft wurde, die es wert sei im Feuer zu rösten. Inzwischen hat sich der Mitarbeiter entschuldigt und Frau Kelle hat diese Entschuldigung auch angenommen.

Diese kleine Episode hat aber mal wieder gezeigt, wie hochemotional das Thema besetzt ist. Von schwuler Seite aus kann ich das verstehen, geht es doch bei dieser Debatte auch um mein persönliches Leben, das von Leuten wie Birgit Kelle regelmäßig in den Schmutz gezogen wird – auch wenn Menschen wie Kelle das vermutlich gar nicht beabsichtigen. Dass Heteros ihre Privilegien und ihre Art der Liebe und Sexualität derartig eifersüchtig gegen eine Handvoll Homos verteidigen, wundert mich dagegen immer wieder.

Ein Aufreger in der Runde bei „Hart aber fair“ waren auch die in den letzten Jahren vermehrt in die Mode gekommen Weihnachtsmärkte, die sich speziell an ein schwul-lesbisches Publikum richten. Erwartungsgemäß haben sowohl Birgit Kelle als auch Ihr zur Seite gestellter katholischer Berufshetero Martin Lohmann Probleme mit dieser Art von Weihnachten:

„Das ist ein Ausdruck von Absurdität, der ist überflüssig.“ Mit der Weihnachtsbotschaft habe das gar nichts zu tun, schimpft Lohmann.

Dabei sollte auch Lohmann wissen, dass Weihnachten sich mittlerweile von einem primär religiösen zu einem weitgehend säkular-kulturellen Fest gewandelt hat, das mit dem Christentum und christlicher Religiösität nicht unbedingt mehr etwas zu tun haben muss.

Und auch Kelle zeigte sich verwundert:

„Die Bilder, die ich gerade gesehen habe, erinnern mich viel mehr an Ballermann als an Weihnachten. Wenn man sieht, wie da Betrunkene singen oder diese Sportmodenschau – das hat ja mit der Weihnachtsbotschaft nichts zu tun.“

Und wieder diese mysteriöse „Weihnachtsbotschaft“, die von schwulen Weihnachtsmärkten, sexy Männern, Glühwein und Sportmodenschauen ad absurdum geführt würde.

Nun kann man mit Sicherheit die Relevanz eines schwul-lesbischen Weihnachtsmarktes in Frage stellen, aber ähnliches gilt auch für die Katholische Kirche. Damit erübrigt sich auch die Frage von Moderator Frank Plasberg, nach dem Sinn einer solchen Veranstaltung:

„Gab es in Köln irgendwo Verbotsschilder: Schwule auf Weihnachtsmärkten nicht willkommen? Warum dieser schwul-lesbische Weihnachtsmarkt?“

Und die Antwort? Simpel! Den schwul-lesbischen Weihnachtsmarkt gibt es deshalb, weil es Menschen gibt, die so etwas mögen. Es gibt Schwule und Lesben, die werden diesen den „gewöhnlichen“ Weihnachtsmärkten vorziehen, während andere ganz zufrieden damit sind, auf eben den „gewöhnlichen“ Weihnachtsmarkt zu gehen. Und wiederum andere werden gänzlich über die Stränge schlagen und womöglich sogar zwei oder gar drei Weihnachtsmärkte besuchen. Oder auch gar keinen. Nicht zu fassen, oder?

Bleibt die Frage, warum es Schwule und Lesben gibt, die einen schwulen Weihnachtsmarkt eben den gewöhnlichn vorziehen, wenn doch der Besuch von „gewöhnlichen“ Weihnachtmärkten Schwulen und Lesben nicht verboten ist. Und auch hier ist die Antwort von bemerkenswerter Banalität: Auf schwul-lesbischen Weihnachtsmärkten ist das Risiko weitaus geringer, auf Birgit Kelle oder Martin Lohmann zu treffen. Und alleine dieser Umstand reicht aus, die Existenz solcher Weihnachtsmärkte zu rechtfertigen.

Eine Antwort to “Mit der CDU auf dem schwulen Weihnachtsmarkt”

  1. Damien 7. Dezember 2012 um 11:10 #

    Das ist endlich mal ein überzeugendes Argument dafür, einen schwulen Weihnachtsmarkt aufzusuchen 😉

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